Mauer

Mit dem Zug bis Frankfurt und zurück – Meckesheimer Ausreißerinnen sind wieder zu Hause (Update)

Die beiden vermissten Elfjährigen tauchten am Montagabend wohlbehalten wieder auf. Sie hatten eine große Reise hinter sich, die mit einer Zigarette, Angst und Abenteuerlust begann und mit Kuscheln endete.

28.10.2019 UPDATE: 29.10.2019 21:00 Uhr 2 Minuten, 42 Sekunden

Mit mehreren S-Bahnen wie dieser waren Julia und Angelina unterwegs. Foto: RNZ-Archiv

Von Christoph Moll

Mauer/Meckesheim. Aufatmen im Elsenztal: Julia und Angelina sind wieder zu Hause. Die Elfjährigen aus Meckesheim waren am Sonntagnachmittag von der Kerwe in Mauer verschwunden. Fast 33 Stunden später dann das Happy End: Eine Frau erkannte die Ausreißerinnen wohl wegen ihrer auffällig blauen Haare am Montag gegen 22 Uhr in einer S-Bahn bei Karlsruhe und rief die Polizei. Wenig später konnten die Eltern überglücklich ihre Kinder wieder in die Arme schließen. Und es wurde deutlich: Angelina und Julia hatten eine große Reise hinter sich. Sie waren mit dem Zug bis nach Frankfurt gefahren.

Für die Eltern endete am Montagabend ein Albtraum. Sie hatten Bahnhöfe, Straßen und Feldwege in der ganzen Region abgeklappert. Der erlösende Anruf kam gegen 22.30 Uhr. "Es hieß, dass die Mädchen gefunden wurden und im Polizeirevier in Philippsburg sind", erzählt Angelinas Mutter Manuela Hemmerich. Die Eltern machten sich sofort auf den Weg. "Die Freude und die Erleichterung waren riesig - auch bei den Kindern", erzählt Hemmerich. "Wir haben erst einmal gekuschelt." Die 46-Jährige ist einfach nur froh, dass nichts passiert ist: "Wir hatten uns die schlimmsten Szenarien vorgestellt - sie hätten ja an eine falsche Person geraten können."

Julia und Angelina sind in den fast 33 Stunden viel mit dem Zug herumgekommen. Am Sonntag sind sie vermutlich am Bahnhof in Mauer in eine S-Bahn gestiegen. Über Heidelberg und Mannheim ging es bis nach Frankfurt, wo sie einige Stunden verbrachten.

Auf dem Weg zurück nach Mannheim lernten sie ältere Mädchen kennen, bei denen sie übernachteten. Wo genau dies war, ist unklar. Den Montag verbrachten Julia und Angelina auf der Neckarwiese in Mannheim und in einem McDonald’s-Restaurant. Abends stiegen sie in den Zug in Richtung Karlsruhe.

Aber warum sind die Mädchen ausgebüxt? "Sie dachten offenbar, dass sie ins Kinderheim kommen", erzählt Julias Vater Andreas Plecan. Der 33-Jährige hatte seine Tochter einige Tage zuvor mit einer Zigarette erwischt. Wohl schon am Sonntagabend dämmerte den Mädchen aber, dass ihr "Ausflug" keine gute Idee war. Am Montag sahen sie dann auf dem Handy die Vermisstenanzeige mit Fotos von sich. "Beide hatten ein schlechtes Gewissen, trauten sich aber nicht nach Hause, weil sie Angst vor Konsequenzen hatten", erzählt auch Manuela Hemmerich. Außerdem sei wohl auch Abenteuerlust dabei gewesen.

Aber warum blieben die Mädchen trotz der Suche nach ihnen so lange unentdeckt? "Sie haben sich im Zug vor Fahrkarten-Kontrolleuren versteckt", erzählt Plecan. Warum aber die Eltern der Familie, bei der Julia und Angelina übernachteten, nicht die Polizei riefen, versteht der 33-Jährige nicht.

Der Ärger hielt sich für Julia und Angelina in Grenzen. "Konsequenzen müssen aber sein", sagt Manuela Hemmerich. So musste Angelina ihr Handy abgeben. Den Rest der Herbstferien muss die Sechstklässlerin für die Schule lernen. "Beide hatten unterwegs Angst - auch das ist Strafe", sagt Andreas Plecan. "Rauchen werden sie wohl nicht mehr." Am Mittwoch mussten beide Familien noch einmal zur Polizei. "Das Verschwinden muss aufgeklärt werden", sagt Polizeisprecher Christoph Kunkel. "Denn es geht um das Kindeswohl."

Die RNZ vom Dienstag mit dem Foto der gesuchten Mädchen will Andreas Plecan aufbewahren. Die Zeitung soll einmal bei Julias Hochzeit zusammen mit weiteren Fotos aus ihrem Leben gezeigt werden. "Das ist bei uns Tradition", erzählt der 33-Jährige, der aus Polen stammt.

Update: Dienstag, 29. Oktober 2019, 21 Uhr


Meckesheim/Mauer. (cm/pol/rl) Die Polizei fahndete am Sonntag und Montag nach zwei vermissten Mädchen aus Meckesheim. Die beiden Elfjährigen waren zuletzt am Sonntag gegen 13.20 Uhr in der Bahnhofstraße in Mauer auf der dortigen Kerwe gesehen worden.

Dort waren sie in Begleitung der Mutter eines der beiden Mädchen. Um 20.35 Uhr ging dann die Vermisstenanzeige bei der Polizei in Neckargemünd ein, da die Elfjährigen nicht nach Hause zurückgekehrt waren.

Wieso sich die Spur auf der Kerwe in Mauer verlor, ist unklar. "Wir nehmen den Fall sehr ernst und arbeiten derzeit auf allen Kanälen daran, dass wir die Mädchen wieder finden", sagte Polizeisprecher Markus Winter auf RNZ-Anfrage.

Am Montagabend kam dann die gute Nachricht: Die vermissten Elfjährigen sind wieder da. Sie waren unbeschadet von der Polizei im Landkreis Karlsruhe entdeckt und wieder nach Hause gebracht worden.

Die genaueren Hintergründe teilte die Polizei nicht mit: Warum die beiden Mädchen plötzlich verschwunden waren, müsse noch ermittelt werden, hieß es am frühen Dienstagmorgen.

Ort des Geschehens

Update: Dienstag, 29. Oktober 2019, 1 Uhr

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