Auf dem früheren Autohaus-Wagner-Areal befinden sich ein fünfgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus sowie in der Rohrbacher Straße die Shell-Tankstelle. Foto: Alex
Von Thomas Frenzel
Leimen. Sabri Cetrez saß stumm im Besucherraum der St. Ilgener Aegidiushalle. Von hier aus musste der Geschäftsführer der in Leimen ansässigen CMS-Invest GmbH verfolgen, wie der Gemeinderat sein geplantes Großprojekt in der Rohrbacher Straße beerdigte: Bei der einzigen Enthaltung von Rudolf Woesch (FW) folgte die gewählte Bürgervertretung am Donnerstagabend dem Beschlussvorschlag von Oberbürgermeister Hans D. Reinwald, wonach die Stadt ihr Vorkaufsrecht ausüben wird. Will heißen: Nicht die CMS-Invest GmbH, die Anfang Oktober den Kaufvertrag unterzeichnet hatte, wird die Eigentümerin des ehemaligen Autohaus-Wagner-Areals gegenüber vom Kurpfalz-Centrum werden, sondern aller Voraussicht nach die Große Kreisstadt Leimen. Das letzte Wort haben aber womöglich die Gerichte, denn CMS-Chef Cetrez will juristische Mittel gegen das ausgeübte Vorkaufsrecht einlegen.
Oberbürgermeister Hans D. Reinwald bezeichnete das Wagner-Areal als ein "Schlüsselgrundstück" des gesamten Sanierungsgebiets "Innenstadt", das sich bergwärts bis hinter den Rathausplatz erstreckt. Mangels Verkaufsabsichten der bisherigen Eigentümer sei es bei der Sanierung westlich vom Bärentorplatz zum "jahrelangen Stillstand" gekommen. Jetzt biete sich die "einmalige Chance", die sanierungsrechtlichen Ziele nicht nur neu zu definieren, sondern auch zu erreichen. "Wir dürfen dem Ausverkauf unserer Stadt nicht tatenlos zusehen", sagte der Rathauschef, "und sollten uns von einem etwaigen Rechtsstreit nicht abschrecken lassen".
Dieser Marschrichtung folgten alle Fraktionssprecher. Die Stadt dürfe die Zukunft des Areals "nicht aus der Hand geben", forderte Richard Bader (CDU), zumal die Finanzierung sichergestellt sei – dank Sanierungskonto und Landeszuschüssen in einer Größenordnung von 60 Prozent. Für Mathias Kurz (FW) zeigte sich mit dem Vorkaufsrecht, so dessen Ausübung möglich sei, so etwas wie "Licht am Ende des Tunnels" in Bezug auf die Stadtkernsanierung . Wie gut eine solche Sanierung laufen könne, sehe man im Stadtteil St. Ilgen.
"Die Stadt muss den Gestaltungsrahmen bestimmen", befand Michael Reinig (GALL), der sich von dem CMS-Plänen einer großflächigen Einzelhandels- und Wohnbebauung sichtlich überrumpelt zeigte. Keinen Hehl machte er aus seiner Skepsis gegenüber dem Investor, als er von einem drohenden "zweiten hohlen Zahn wie dem Kurpfalz-Centrum" sprach: Im Zuge der Auseinandersetzungen um einen CMS-Hotelbau am Rathausplatz war 2016 von CMS auch die Umwandlung des Kurpfalz-Centrums in ein Ärztehaus angekündigt, aber seither nicht realisiert worden. Da die Stadt über das Vorkaufrecht in den unterzeichneten Kaufvertrag einsteige, so Reinig, müsse auch die Maklerprovision notfalls "gerichtlich überprüft" werden; sie sei mit sechs Prozent unüblich hoch.
Eine gleichermaßen "sensible" wie "gut durchdachte" Lösung, die auch noch in Jahrzehnten für Geschäfte und Kunden attraktiv sei, wünschte sich Alexander Hahn (FDP). Vor diesem Hintergrund werde der CMS-Invest GmbH "keineswegs die Tür zugeschlagen"; vielmehr könne sie sich mit ihren Ideen einem künftigen Wettbewerb stellen.
Ähnlich sah es Peter Sandner (SPD), der freimütig einräumte, dass an der CMS eh kein Weg vorbeiführe, sollte an den Sanierungszielen von 2007 festgehalten werden. Diese sahen zur Belebung der gesamten Innenstadt einen großen Einzelhandelsmagneten vor, und zu dessen Verwirklichung bedarf es in der nahen Bürgermeister-Weidemaier-Straße nicht allein des städtischen Postgeländes, sondern auch des CMS-eigenen Penny-Areals. Ungeachtet dessen dürfe sich die Stadt an dieser "eklatant wichtigen Stelle" nicht mit einer bloßen Mitsprache begnügen; sie müsse das Sanierungsprojekt aktiv vorantreiben.
Auf völlig Anderes legte Ralf Frühwirt (GALL) den Fokus. Er wollte vom anwesenden städtischen Anwalt Jürgen Behrendt wissen, wie lange sich ein von CMS-Invest angedrohter Rechtsstreit hinziehen könnte. Die Antwort des Verwaltungsrechtlers aus der Heidelberger Kanzlei Schlatter überraschte wenig: Sollte sich der Streit bis zum Verwaltungsgerichtshof hinziehen, so müsse mit rund zweieinhalb Jahren gerechnet werden, wenn alles vergleichsweise glatt laufe. Aber angesichts der überlasteten Verwaltungsgerichte, so Behrendt, wolle er hierfür keine Hand ins Feuer legen.