Der restaurierte Spiegelsaal des historischen Rathauses war der Dreh- und Angelpunkt des digitalen Neujahrsempfangs. Hier wurde die Ansprache mit Oberbürgermeister Hans D. Reinwald aufgezeichnet. Screenshot: pop
Von Werner Popanda
Leimen. Wenn die Leute aus den allseits bekannten Gründen nicht zu einer bedeutenden kommunalen Veranstaltung kommen können, dann kommt diese bedeutende kommunale Veranstaltung eben zu den Leuten. Genau unter dieser Devise stand heuer der schon allein von seiner Tradition her überaus bedeutende Neujahrsempfang der Stadt Leimen. Denn natürlich konnte Oberbürgermeister Hans D. Reinwald in Zeiten der Corona-Pandemie nicht so wie im Vorjahr 300 Gäste in der atmosphärisch herrlichen Festhalle des Zementwerks willkommen heißen. Und deshalb gibt es den Neujahrsempfang im Internet, über die Homepage der Großen Kreisstadt. Aufgezeichnet worden ist der Willkommensgruß an das neue Jahr im historischen Rathaus, in dessen prächtigem Spiegelsaal und im repräsentativen Treppenhaus.
Die Neujahrsansprache des Rathauschefs war eine Ansprache der klaren Worte. Unter anderem hielt er fest, dass der "Rückblick auf das vergangene Jahr 2020 schwer fällt". Lock- und Shutdown, Ausgangsbeschränkungen, Maskenpflicht und Abstandsregeln seien alles "neue Worte und Umstände, die man in unserem Land nie zuvor gehört hatte und die man auch nie wieder hören will".
Damit einhergegangen seien "Trauer und Mitgefühl um die Abertausenden von Toten und Erkrankten". Wer immer noch glaube, redete Hans D. Reinwald Klartext, "das sei alles nicht wahr, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen". Zugleich gestand er ein, dass im Umgang mit der Pandemie vieles funktioniert, manches aber nicht geklappt habe und dementsprechend bemängelt worden sei.
Bei aller berechtigten Kritik an vielen Maßnahmen dürfe nach seinen Worten aber nicht vergessen werden, dass "wir es hier mit einen Phänomen zu tun haben, auf das niemand vorbereitet war und dessen Ausmaß sich offen gestanden auch kaum jemand vorstellen konnte". Nun fänden sich freilich "gerade in den sogenannten sozialen Medien viele anonyme Experten, die hinterher natürlich alles besser wussten und Kritik oft nur der Kritik wegen üben".
Hier zeige sich "leider einer der gravierenden Nachteile des Internet-Zeitalters". Denn obgleich das "Internet wie nie zuvor die Möglichkeit bietet, sich aus den unterschiedlichsten Kanälen zu informieren", habe, so Hans D. Reinwald, "sicher nicht nur ich den Eindruck, dass das ‚Nichtwissen‘ immer mehr zunimmt".
Dies verband er mit folgender, an alle seine Zuhörer gerichteten Bitte: "Informieren Sie sich, bevor Sie etwas kommentieren, leiten Sie nicht einfach jede Nachricht auch von guten Freunden weiter, sondern überlegen zunächst, ob das überhaupt stimmen kann, fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas komisch vorkommt und erkundigen Sie sich nach der Quelle."
Mit solch einfachen Maßnahmen können laut dem OB die wohl meisten der "alternativen Fakten" ausgeschaltet werden. Wer so vorgehe, mache "damit nicht nur sich selbst, sondern vielen anderen Menschen, die Verantwortung tragen, das Leben leichter". Alles in allem hoffe er jedenfalls, dass "in diesem Jahr unser altes Leben zumindest ansatzweise zurückkehren kann".
Denn schließlich liefen die Impfungen jetzt an und würden "mit zunehmender Verfügbarkeit von Impfstoffen auch immer stärker zunehmen". "Hier", fuhr Hans D. Reinwald fort, "geht mein Appell an Sie: Haben Sie noch etwas Geduld und lassen Sie sich, sobald Sie an der Reihe sind, bitte impfen!"
Bei einem "weltpolitischen Ausflug" wollte er es jedoch keineswegs belassen. Und rückte prompt das in den Fokus, was in Leimen im vergangenen Jahr wichtig war und im laufenden Jahr wichtig sein wird. Beispielsweise die Auswirkungen der Trockenheit auf die Wälder Leimens, der Ausbau der Römerstraße, die Rückkehr der Hauptverwaltung ins sanierte historische Rathaus, das neue gemeinsame Gewerbegebiet von Leimen und Heidelberg sowie die diversen städtischen Bauprojekte.
Nicht umrahmt, sondern vielmehr superb mitgestaltet, wurde der von Melanie Greiner allerbestens moderierte Neujahrsempfang von den Flötenvirtuosinnen Rebecca Eberhard und Cathrin Stark von der Musikschule Leimen. Es brillierte der Leimener Nachwuchspianist Raphael Plocher auch mit seiner Eigenkomposition "November" sowie die Band "Folks", die ein altes irisches Liebeslied erklingen ließ.