Rehkitz Luzy muss "Hotel Mama" bald verlassen
Im Idealfall kommt das Rehkitz in einen Wildpark - Seine Ersatzeltern Anne und Ralph Steffen haben es liebevoll aufgepäppelt

Rehkitz Luzy wurde von ihrer Ersatzmama Anne Steffen aufgepäppelt. Nach dem Unfall beim Mähen musste zunächst der Hinterlauf des Tieres heilen. Fotos: Katzenberger-Ruf
Von Karin Katzenberger-Ruf
Gaiberg. Mitte Juni hat Anne Steffen zwei Nächte im Stall verbracht. Oder besser gesagt, im geräumigen Käfig aus Sperrholzplatten und Maschendrahtzaun, den ihr Mann Ralph für ein Rehkitz gezimmert hatte. Das Kitz namens Luzy gehört seit Ende Mai zur Familie. Es wurde beim maschinellen Mähen eines Luzernenfelds in Mannheim-Sandhofen am Bein verletzt.
Der dortige Jagdpächter wusste, dass dem Tier in Gaiberg geholfen werden könnte. Dort wohnt Ralph Steffen, Leiter der Jagdschule Rhein-Neckar, der zusammen mit seiner Frau vor 25 Jahren schon mal ein Rehkitz groß gezogen hat. Wobei schon damals vor allem Anne Fläschchen gab und sich nachts den Wecker stellte. Luzy aus dem Luzernenfeld bekommt immer noch drei Mal täglich Milch, dazu von Anne handgepflückte Blätter von Himbeer- und Brombeersträuchern, Mirabellenbäumen, Esskastanie und Weißdorn. Außerdem darf sie sich an Rosenblättern im Garten bedienen und die dort eigens ausgesäte Kräuterwiese kahl fressen.
Luzy verbrachte die ersten zwei, drei Wochen in menschlicher Obhut in der Wohnung beziehungsweise im Schlafzimmer, schlief in einer Kiste, die ihr als "Deckung" diente. Damals noch mit einem Verband am Hinterlauf. Inzwischen ist alles gut verheilt. Als das Rehkitz in den Garten umzog, kam Ersatzmama Anne wie schon erwähnt für zwei Nächte mit. Längst ist Luzy draußen zu Hause, scheint das "Hotel Mama" aber zu genießen. Am Grünzeug-Buffet hat sie aber zumindest gelernt, nach was sie in freier Wildbahn suchen muss.
Inzwischen wiegt sie fast zehn Kilo. Bis Oktober müsste das junge Reh eigentlich in die Freiheit entlassen werden. Ihren Ersatzeltern wäre es aber lieber, sie käme in einen Wildpark. Anfang September haben sie einen Termin in der Alten Fasanerie in der Nähe von Frankfurt. Dort hätte Luzy viel Auslauf, aber dennoch einen geschützten Lebensraum. Ihre erste Handaufzucht haben Anne und Ralph Steffen noch in den Stadtwald entlassen. Nun lässt sich Luzy zwar immer noch gerne von Anne streicheln, ist aber keineswegs handzahm. Das bekam Ralph jüngst zu spüren, als er das groß gewordene Kitz mal eben medizinisch versorgen wollte. Er konnte Luzy kaum bändigen, sie hat ihrem Ziehvater sogar die Hose zerrissen. Das Rehkitz ist inzwischen auch mal in den Gartenteich gefallen, hält sich aber immer noch gern inmitten der Uferbepflanzung auf, um genüsslich wiederzukäuen.
Rehe sind Einzelgänger, lassen sich nur zur Brunftzeit mit einem Rehbock ein und ziehen den Nachwuchs allein groß. Im Gegensatz dazu haben es röhrende Hirsche im Herbst mit einem ganzen Harem an Hirschkühen zu tun. Im Idealfall kommt Luzy in den Wildpark und lernt dort auch Elche kennen.