Von Roland Fink
Nußloch. Zirkusse sind wieder in der Diskussion. Durch den Ausbruch des Elefanten "Baby" beim Zirkus "Luna" in Buchen, bei dem ein Mann starb, oder durch die Verlegung einer alten "Luna"-Bärin in den Hochwildschutzpark Rheinböllen im Hunsrück. Der Zirkus "Atlas", der noch bis zum 26. Juli in Nußloch gastiert, möchte dagegen durch Qualität von Tierdressuren und Artistik in seiner Show von sich reden machen.
"Atlas" ist kein Kleinzirkus: Das Zelt bietet im Endausbau nahezu 1000 Plätze, rund 30 Personen reisen bei der Tournee mit. "An erster Stelle kommen die Tiere", beginnt Galitto Manolo vom Zirkus mit der Prioritätenliste. Auf dem großen Stoppelfeld bei den Vogelzüchtern, die übrigens das Wasser für den Zirkus zur Verfügung stellen, scheinen sich die Tiere des Familienbetriebs Frankello auch wohlzufühlen.
Wenn die Futtereimer gerichtet werden, kommt Unruhe auf, Kraftfutter mit Karotten wird angerührt, die Wassertröge werden aufgefüllt. Die Pferde für die Pferdedressur mit Miguel Frank stehen im Stallzelt, die Kamele, Dromedare oder die Elenantilope nutzen die Sonnenstrahlen. "Talia" heißt das kleine Kamelmädchen, das erst einen Monat alt ist und an den Stoppeln nagt. Nur auf eine Woche bringt es ein Zebrababy, das ebenfalls schon mit den Hufen scharrt.
Prachtbulle "Balu" streckt derweil seinen Hals weit nach oben, hier hängt das Netz mit Heu. "Balu" ist eine Giraffe, welche ebenfalls die derzeitigen afrikanischen Temperaturen hierzulande zu genießen scheint.
Im Gespräch mit Galitto Manolo ist man natürlich recht schnell beim Thema Tierschutz. Die Tierschutzorganisation "Peta" macht Front gegen Wildtierhaltung in Zirkussen, was Manolo gar nicht verstehen kann. Die Tiere werden laut seiner Aussage mit bestem Futter bedient, genießen Auslauf, und die Boxen, auch beim Transport, seien geräumig. "Der Hänger für die Giraffe lässt sich weit nach oben ausfahren, zudem strecken die Giraffen nur beim Fressen ihren Hals nach oben", erklärt er. Keines der Tiere sei gefährdet. "Denen geht es besser als manchen Menschen", so der Zirkusmann.
Tradition und Kultur seien mit den Zirkussen verbunden, den Besuchern wolle man einen Hauch einer fremden Welt mit Tieren und Menschen in Aktion zeigen. "Das ist etwas anderes, als die Tiere im Zoo nur einseitig zu betrachten", meint Manolo. Im Übrigen seien Zirkustiere kaum im Zoo zu halten, wenn sie dort abgegeben würden. "Die sind von klein auf an Menschen gewöhnt", erklärt der Zirkusmann. Mit Aktionen gegen Zirkusse mache man ganze Familienbetriebe und Unternehmen kaputt, etwa 600 Zirkusse seien alleine in Deutschland unterwegs.
Mit dem Platz in Nußloch hinter dem Rewe-Markt ist der Zirkus sehr zufrieden, berichtet Manolo. Die Bevölkerung komme auch außerhalb der Vorstellungen gerne vorbei. Genau wie Kindergärten oder Schulklassen, die einmal hinter die Kulissen schauen möchten.
Etwas genauer schaut Dr. Ulrich Eber᠆hardt hin. Dem Veterinär aus dem Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in Heidelberg obliegen die Überprüfung von "tierhaltenden Zirkusunternehmen" und auch die unangekündigte Kontrolle. "Jeder Zirkus führt ein Bestandsbuch über die Tiere, zusätzlich schauen wir in das Zentralregister, ob Eintragungen vorliegen", erklärt Eberhardt.
Stimmen der Platzbedarf und die Fütterung, sind die Tierzelte in Ordnung? Es ist zwar ein Augenblicksbild, das der Veterinärarzt wahrnimmt. Doch nach 25 Jahren Erfahrung kann er beurteilen, ob die Tiere sich in geordneten Verhältnissen befinden. Die bundesweit verbindlichen Leitlinien und Handbücher geben im Zweifelsfall weitere Orientierung zur Haltung. "Daran haben auch die Aktionen von "Peta" nichts geändert; Verbote gegen Wildtiere in Zirkussen können nur durch Bundesrecht herbeigeführt werden", erklärt der Experte. So weit wie in Österreich, Großbritannien oder Dänemark sei es in Deutschland noch nicht.
Zehn Zirkusse gastierten im vergangenen Jahr im Landkreis und wurden kontrolliert. Und auch bei den "Luna"-Bären kennt Eberhardt die Situation. Eine Bärin war so alt und krank, dass sie bei einem Gastspiel im Raum Sinsheim eingeschläfert wurde; die zweite und ebenfalls schon betagte Bärin wurde daraufhin in den Hochwildschutzpark vermittelt.
Während Miguel Frank sich für die Premierenvorstellung bereit macht, packt Bruder Galitto seine Koffer. Er reist nach Budapest in Ungarn, um dort ein neues Engagement für eine der Zirkusnummern des "Atlas" festzuzurren. Denn gute Präsentationen sprechen sich schnell herum, andere Zirkusunternehmen kaufen diese dann ein. Und wer beim Familienbetrieb Frankello in Nußloch anläutet, der weiß, dass dort ausgezeichnete Shows zusammengestellt werden. Nicht zuletzt hat Galitto in früheren Zeiten zusammen mit Caterina Valente bei "Menschen - Tiere - Sensationen" mitgewirkt.
Info: Vorstellungen sind täglich um 18 Uhr, an Sonntagen nur um 14 Uhr, Dienstag ist Ruhetag. Karten und Infos unter Telefon 01 52 / 21 66 78 47.