Er kann es auch ohne Spandau Ballet: Stimmlich in Topform präsentierte sich Tony Hadley zum Auftakt seiner Deutschland-Tournee in der Mosbacher Mälzerei. Das dreistündige Konzert hätte dabei durchaus noch ein paar mehr Zuhörer verdient gehabt. Foto: Pia Geimer
Von Pia Geimer
Mosbach. "Talking to the moon" hat Tony Hadley sein neuestes Soloalbum betitelt, das im Sommer 2019 veröffentlicht wurde. Jetzt sind er und seine Band damit auf Deutschlandtournee - die sie am Samstagabend mit einem großen Konzert in der Mosbacher Alten Mälzerei starteten. Der Brite wurde in den 1980er-Jahren mit der Band Spandau Ballet berühmt, aber auch heute - 30 Jahre später - reißt er seine Fans immer noch mit seiner kraftvollen Stimme und einem neuen Style mit, der vielleicht noch leidenschaftlicher geworden ist. Zahlreiche neue Songs hatte er am Start, aber natürlich auch einige der bekannten Hymnen, auf die vor allem die älteren Fans mit besonderer Hingabe gewartet hatten, die seine Karriere von der Spandau Ballet-Ära bis heute mitverfolgt hatten.
Als Gast war im ersten Teil des Abends der britische Singer/Songwriter Damian Wilson zu hören, der eine mitreißende Ein-Mann-Darbietung zur Einstimmung lieferte. Wenn Wilson auf der Bühne steht, ist er ganz da, singt und spielt und plaudert angeregt mit den Zuhörern und scheint sich vor Publikum vollständig zu Hause zu fühlen. Dabei kenne er Nervosität vor einem Auftritt sehr wohl, sagt er selbst. Die sei aber im Wembley-Stadion nicht größer als vor einer Handvoll Zuhörern im Pub. Auch an diesem Abend gab er alles, eine sympathische "Rampensau", der man sehr gerne zuhört und zusieht. Wie tragfähig seine Stimme ist, zeigte sich spätestens, als er sich ohne Mikro unter die Zuhörer mischte. Dabei kann der Mann mit der wallenden Mähne und der starken Stimme in manchen seiner Songs auch ganz weich und melancholisch werden. Aber diese sanfte und sehr persönliche Seite seiner Musikalität ließ er an diesem Abend nur einmal kurz aufblitzen, ansonsten war dieser Auftritt eine extrem energetische, gut gelaunte Show mit viel Tempo und gekonnter Kontaktaufnahme mit dem Publikum - auch wenn Damian Wilson angesichts der nicht ganz in Wembley-Stärke angetretenen Zuhörerschaft in der Mälzerei auf eine Stage-diving-Einlage diesmal lieber verzichtete und sich dafür anschließend im Foyer zu einem ausgiebigen Schwätzchen mit alten und auch neuen Fans einfand, die er sich an diesem Abend sicher erworben hat.
Der zweite Teil des Abends gehörte dann Tony Hadley und seiner Band, die sich auf der noch dunklen Bühne einen bombastischen Auftritt genehmigten, bevor es mit dem ersten Song losging. Und ja, er kann es auch solo - natürlich! Der inzwischen 59-jährige Brite wirkte stimmlich absolut in Topform und stand auch die kräftezehrende Tour de force bei "Talking to the moon" eindrucksvoll durch bis zum allerletzten Ton.
Knapp drei Stunden dauerte dieses Konzert insgesamt, ein wunderbarer Abend für die Fans, die neben den elf neuen Songs auf dem Album auch ein paar der älteren Hits zum Mitschwelgen zu hören bekamen - ganz so, wie es Hadley im RNZ-Interview vorab auch versprochen hatte. Der neue Sound ist rhythmisch und mächtig, dominiert vom Schlagzeug, das Tony Hadley zwischendrin immer noch weiter anzufeuern schien bei seinen Ausflügen auf der Bühne. Alle Bandmitglieder zeigten sich als ausgezeichnete Musiker, die auch mit Soloeinlagen zu glänzen wussten: Tim Bye an den Drums, Phil Taylor am Keyboard, Phil Williams am E-Bass, Richard Barratt (Gitarre) und die Percussionistin Lily Gonzales - die meisten davon auch als Hintergrundsänger beteiligt - prägen den Gesamtklang ebenso wie Sänger Tony Hadley selbst, der als Frontman jederzeit ganz im Fokus der Aufmerksamkeit steht und das auch zu genießen scheint. Extra-Jubel gab es allerdings für sein Duett mit der temperamentvollen Lily Gonzales, die bei einem Song aus dem Schatten von Congas & Co heraustrat und sich zur Freude der Zuhörer mit ihrer starken Stimme ins volle Rampenlicht begab.
Auf welche Songs die Fans besonders gewartet hatten, zeigte sich jeweils an der Anzahl der hochgehaltenen Handys im Publikum, die vor allem die nostalgischen Momente einzufangen suchten: die Balladen und sanften Lieder wie das wunderschöne "What am I", nur mit Piano begleitet, oder "Somebody to love" von Freddie Mercury. Tony Hadley, der über die volle Konzertdistanz mit beeindruckender Kondition und Energie unterwegs war, musste auch in der Zugabe keine hohe Stelle in Vollstimme fürchten und verabschiedete sich erst kurz vor elf mit einem allerletzten Song, bei dem auch die Fans mit einstimmten und den Abend in der Mälzerei singend ausklingen ließen.