Glückliches Wiedersehen nach 13 Jahren: Diese Woche holte Dagmar Schneider (l.) gemeinsam mit ihrer Tochter Laura Schneider ihre lange vermisste Katze Polly aus dem Tierheim Dallau ab. Das Schlimmste war in all den Jahren die Ungewissheit. Foto: Noemi Girgla
Von Noemi Girgla
Mosbach/Dallau/Sinsheim. Dass schwarze Katzen Unglück bringen, ist natürlich Unsinn. Dagegen scheinen dreifarbige Katzen tatsächlich Glückskatzen zu sein – zumindest Polly. Die 16-jährige Katzendame galt 13 Jahre lang als vermisst. Diese Woche konnte ihre Besitzerin sie wieder überglücklich in die Arme schließen.
Anfang Februar war die betagte Katze im Tierheim Dallau, abgegeben worden. Leiterin Miriam Zimmermann staunte nicht schlecht, als sich herausstellte, dass das Tier 2008 in Sinsheim als vermisst gemeldet worden war. "Polly war gechipt, tätowiert und beim Tierregister Tasso gemeldet. Das einzige Problem war, dass ihre Halterin 2014 verzogen und keine aktuelle Adresse hinterlegt war", beschreibt sie den Anfang der Suche.
Ihr Ehrgeiz war geweckt. Sowohl das Tierheim Dallau als auch das Tierheim Sinsheim wollten die Katze wieder nach Hause bringen.
Nach 13 Jahren - Wiedersehen mit Katze Polly
Kamera: Noemi Girgla / Produktion:Götz Münstermann
Es wurden mehrere Aufrufe im Internet gestartet. Mit Erfolg. Eine engagierte Sinsheimerin konnte den Suchenden die neue Adresse von Dagmar Schneider geben. Bei ihr hatte Polly bis zu ihrem Verschwinden gelebt.
Schneider erinnert sich: "Plötzlich läutete es bei mir an der Tür und meine Nachbarin stand mit einer Nachricht vor mir: 'Sie haben Polly gefunden'", erzählt sie immer noch sichtlich bewegt. Da ihre Telefonnummer nicht ermittelbar war, wohl aber ihre Adresse, hatte die Sinsheimerin im Nachbarhaus angerufen und die frohe Botschaft überbracht. "Da bin ich in Tränen ausgebrochen und die Nachbarin gleich mit mir", erzählt Schneider. "Mein erster Gedanke war: Ich fahre los und hole meine Polly ab. Auf keinen Fall wollte ich, dass sie im Tierheim bleiben muss."
Wie die Schildpattkatze von Sinsheim nach Mosbach kam und wo sie die letzten 13 Jahre war, können sich weder Zimmermann noch Schneider schlüssig erklären. Zimmermann ist sich jedoch ziemlich sicher, dass Polly nicht auf der Straße gelebt hat. "Für ihre 16 Jahre ist sie sehr gut in Schuss. Sie hat etwas Probleme mit der Bauchspeicheldrüse und braucht deshalb ein Spezialfutter, aber sonst ist sie topfit. Wir hätten sie höchstens auf 13 Jahre geschätzt", meint die Tierheimleiterin.
Schneider hat eine Vermutung: "Polly ist schon immer gerne Auto gefahren. Vielleicht ist sie damals irgendwo als blinder Passagier eingestiegen und mitgefahren. Oder aber, es hat sie tatsächlich jemand mitgenommen." Unverständlich für beide Frauen ist, warum der Finder das Tier nie zurückgegeben hat. "Man konnte mich ja sogar jetzt nach all den Jahren noch ausfindig machen", sagt Schneider und Zimmermann fügt hinzu: "Sie muss in der Zeit ja mal beim Tierarzt gewesen sein. Dass da keiner was gemerkt hat."
Das Schlimmste für Dagmar Schneider war, nicht zu wissen, was mit ihrer geliebten Katze geschehen war: "Ich habe mir alles Mögliche ausgemalt. Das Harmloseste war dabei noch, dass sie angefahren wurde und gestorben ist. Aber ich hatte auch Horrorszenarien von Testlaboren im Kopf. Die Ungewissheit war fürchterlich."
Als sie vor sieben Jahren aus Sinsheim wegzog, hatte sie die Hoffnung, Polly jemals wiederzusehen, aufgegeben. "Meine anderen Tiere – damals zwei Hunde und eine Katze – habe ich sofort bei Tasso umgemeldet. Aber Polly war ja schon seit sechs Jahren verschwunden", erklärt sie. "Den Fehler würde ich nie wieder machen."
So ein Happy End erlebt man im Tierheim Dallau selten. "Zwar tauchen immer wieder vermisste Tiere auch nach Jahren wieder auf", sagt Zimmermann, aber dass der Halter sein Tier um jeden Preis wiederhaben wolle, sei leider nicht die Regel. "Oft leben dann schon neue Tiere im Haushalt, die sich mit dem zurückgekommenen nicht verstehen und dann landen die Tiere wieder bei uns", sagt Zimmermann.
Ein Szenario, das für Dagmar Schneider unverständlich ist. Glücklich wiegt sie ihre Katze auf dem Arm und erzählt ihr, wie viele Plätze es im neuen Haus gibt, an denen sie es sich auf ihre alten Tage gemütlich machen kann. Die Katze hört aufmerksam zu und reibt immer wieder ihr Köpfchen an Dagmar Schneiders Kinn. Auch sie scheint ihr Frauchen selbst nach so langer Zeit wiederzuerkennen.
"Polly passt gut in den Haushalt", sagt Schneider. "Wir sind alle nicht mehr die Jüngsten." Sie selbst sei inzwischen in Rente und der acht Jahre alte Kurzhaarcollie Aidan vermisse die inzwischen verstorbenen Hund und Katze sehr. "Auch Polly hat früher schon mit einem Hund gelebt, und das hat gut geklappt", erinnert sich Schneider. Sie macht sich keine Sorgen. Schließlich habe Polly ja auch andere Eigenschaften beibehalten: "Sie hat schon früher Köpfchen gegeben, dass es gekracht hat. Es ist, als wäre sie nie weg gewesen. Und ich kann es kaum erwarten, sie wieder schnurren zu hören."