Neunkirchen

Mit Olivenkernen kickt es sich nachhaltiger

In Neunkirchen hat man das deutschlandweit erste Kunstrasenspielfeld mit einer Füllung aus Olivenkernen gebaut

28.01.2020 UPDATE: 29.01.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden
Nachhaltig und gut: Mit geschredderten Olivenkernen ist der neue Kunstrasen verfüllt. Foto: Heiko Schatthauer

Von Heiko Schattauer

Neunkirchen. Mit Kirschen kennt man sich bestens aus in Neunkirchen. Alljährlich feiert man "Kerschefeschd" in der Kirschengemeinde, inklusive Kirschköniginnenkrönung. Seit Kurzem ist man nun aber auch in Sachen Oliven ganz weit vorn, oder besser: in Sachen Olivenkernen, oder noch besser: in Sachen Olivenkernnachnutzung im Zuge eines nachhaltigen Sportstättenbaus. Machen wir es mal einfacher, es geht schließlich um Fußball: Beim Sportverein Neunkirchen hat man dieser Tage einen neuen Kunstrasen für Fußballer in Betrieb genommen, bei dem der Ball auf einem nachhaltig hergestellten Spielfeld mit einer Füllung aus geschredderten Olivenkernen rollt.

"Das ist bundesweit das erste Spielfeld dieser Art", erklärt Jürgen Morton, Geschäftsführer von "Morton Extrusionstechnik", der im Kleinen Odenwald den besonderen Fußball-Trainingsplatz gebaut hat. Nachdem Kunstrasenplätze in den vergangenen Jahren mehrfach in den Schlagzeilen waren – dabei ging es um potenziell krebserregendes Füllmaterial (minderwertiges Gummigranulat) und den Austrag von Mikroplastik in die Umwelt – vollzieht sich in der Branche ein Wandel. "Der ist noch in vollem Gange", so Jürgen Morton, der gleichwohl schon seinen Weg hin zu mehr Nachhaltig- und Sinnhaftigkeit gefunden hat: Mit einem zum Gutteil aus Recyclingmaterial bestehenden Kunstrasenspielfeld, das zudem mit einen natürlichen Füllstoff aufwarten kann.

Praxistest bestanden: Zum Spannstoß setzte Wolfgang Elfner vom Badischen Sportbund auf dem bundesweit ersten Kunstrasen-Trainingsplatz mit Olivenkernfüllung in Neunkirchen an. Ralf Lenz, Klemens Knörzer, Jürgen Morton, Bernd Kielburger, Rafael Hoffner (Projektinitiator) und Bernhard Knörzer beobachteten interessiert. Foto: Heiko Schattauer

So besteht der Unterbau des Pilot-Spielfelds zu 90 Prozent aus wiederverwendetem Material, von dem wiederum ein stattlicher Anteil aus alten, verbrauchten Kunstrasenplätzen stammt. Statt die alten Felder zu entsorgen, nutzt Morton das Material erneut, ebenso "sauberes Recyclat" (etwa Produktionsabfälle von Scheibenabdichtungen aus Gummigemisch), das aus der Automobilindustrie stammt. Die so zusammengesetzte Unterschicht sorgt für die Elastizität des Spielfelds, also dafür, dass der Platz beim Kicken ein wenig gelenkschonend "mitfedert".

Beim Füllmaterial kam Jürgen Morton mit der Vorgabe des Verzichts auf Gummigranulat über mehrere alternative Ansätze zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Kork, das zunächst als die stimmige Alternative galt, ist ein rarer Rohstoff und inzwischen recht teuer. Außerdem neigt Kork aufgrund seiner geringeren Dichte zum Aufschwimmen. "Wir haben es dann zunächst mit geschredderten Nussschalen probiert. Das hat zwar gute Eigenschaften, aber eben auch eine gewisse Allergieproblematik", schildert Morton. Die hat man mit den Olivenkernen nicht, zudem sind die in mehr als ausreichender Menge und (als natürliches Abfallprodukt) günstig verfügbar. Dank ihrer vergleichsweise hohen Dichte schwimmen die zerkleinerten Kerne nicht auf "und sorgen für guten Grip zum Schuh", wie Jürgen Morton erläutert. Der Sand, der unterhalb der Kerne eingefüllt ist, sorgt derweil für die nötige Schwere der Kunstrasenbahnen.

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"Die ersten Rückmeldungen sind absolut positiv", freut sich Klemens Knörzer, Vorsitzender des SV Neunkirchen, dass das Kunstrasen-Projekt mit den Olivenkernen die gewünschten Früchte trägt. Einige Trainingseinheiten haben de Kicker des Vereins schon auf dem neuen Spielfeld absolviert; dieser Tage nun machten sich auch die Projekt-Förderer vom Badischen Sportbund (BSB) ein eigenes Bild vom neuen Ansatz. "Hier steckt viel Innovation drin", lobte der Vizepräsident Finanzen des BSB, Bernd Kielburger. Sportstättenreferent Wolfgang Elfner machte gleich den Praxistest, mit festem Stand im nachhaltigen Füllstoff fand sein sauberer Spannstoß den gewünschten Weg in den Torwinkel. Die Förderung des BSB (rund 12.000 Euro) scheint in Neunkirchen demnach ganz gut angelegt.

Bürgermeister Bernhard Knörzer war sich demnach auch sicher, dass das Duo des Sportbunds sich von "der Sinnhaftigkeit des Projekts" überzeugen konnte. Der neue Platz sei ein "stimmiges Bekenntnis zur Nachhaltigkeit", so Knörzer weiter. Von Gemeindeseite habe man mit dem Zurverfügungstellen von Grund und Boden für den Trainingsplatz (vor einigen schon beim zuvor als Hartplatz angelegten Feld geschehen) einen kleinen Beitrag zum großen Projekt geleistet.

Die Finanzierung des rund 100.000 Euro teuren Platzes hat der Sportverein eigenverantwortlich gestemmt. Knörzers Lob ging an die SV-Führungsriege ebenso wie an Projektinitiator Rafael Hoffner. Der beim Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim als Leiter für IT und Infrastruktur angestellte Neunkirchener hatte den Kontakt zu Sportstättenbauer Morton hergestellt, das Pilotprojekt erst auf den Weg gebracht.

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