Limbach

Kleine Gemeinde mit "Hammerprojekten"

Die RNZ zu Gast bei Bürgermeister Thorsten Weber in Limbach. Von Rathaus bis Rumpelpiste: 2022 stehen wieder viele Pflichtaufgaben an.

06.02.2022 UPDATE: 07.02.2022 06:00 Uhr 7 Minuten, 1 Sekunde
Raum für Entwicklung: In Limbach stehen aktuell viele „Hammerprojekte“ auf der Agenda. Thorsten Weber und das Rathausteam wollen so viel wie möglich abarbeiten. Foto: Stefan Weindl

Von Stephanie Kern

Limbach. Die RNZ schwingt sich hinauf in den Odenwald: In Limbach tritt Bürgermeister Thorsten Weber aufs Gas. Stillstand ist für ihn Rückschritt – und den will er vermeiden.

In Limbach wurde im vergangenen Jahr viel bewegt. Spontan denke ich da an den Schulhausum- und -neubau. Was hat sich sonst noch getan?

Bereits zum Schuljahr 2021/22 sind wir in die neue Schule eingezogen. Sie ist für unsere Gemeinde sicher eine der prägendsten Maßnahmen und finanziell unser größtes Projekt. Diese Sanierung nimmt uns im Rathaus sehr in Beschlag. Mir fallen aber noch viele weitere Maßnahmen ein: Das Feuerwehrhaus und die Alte Schule in Krumbach wurden saniert, wir haben damit begonnen, Gewerbeflächen zu erschließen, und dann ist unsere größte Tiefbaumaßnahme angelaufen: die Sanierung der Industriestraße. Außerdem läuft noch immer das Modellprojekt Ortsmitte und wir haben ein energetisches Quartierskonzept mit dem Ziel eines Nahwärmenetzes in der Untersuchung.

Das sind einige große Projekte, die Sie auch in diesem Jahr noch beschäftigen werden, oder?

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Thorsten Weber vor dem Rathaus. Foto: stk

Wir sind, was Projekte angeht, absolut am Anschlag, ich würde es mal so formulieren: Wir haben für eine kleine Gemeinde überwiegend Hammerprojekte mit Investitionen im siebenstelligen Bereich. Mit mir arbeiten im Rathaus 14 Mitarbeiter, davon viele in Teilzeit. Nur gemeinsam können wir das große Aufgabenspektrum stemmen. Mein Motto ist: Immer leicht Gas geben. Denn bremsen ist Stillstand – und der ist die Vorstufe vom Rückschritt. Wir wollen, auch angesichts des niedrigen Zinsniveaus, so viel abarbeiten wie möglich, ohne uns finanziell zu überheben.

Heißt das, für 2022 stehen noch weitere Projekte an?

Ja, wir wollen unter anderem mit der Sanierung und Erweiterung der kirchlichen Betreuungseinrichtung für Kinder unter drei Jahren in Krumbach starten. Wir wollen die Straßenbeleuchtung auf LED umstellen und wir möchten eine feste Lüftungsanlage in die Grundschule in Laudenberg einbauen. Außerdem soll der Um- und Erweiterungsbau unseres barrierefreien Rathauses beginnen. Vorher muss aber noch unser Bauhof umziehen, an dessen neuem Standort die Investitionen gerade anlaufen. In unserer Schule am Schlossplatz muss bis Jahresmitte die Sanierung im Bestandsgebäude abgeschlossen sein. In Balsbach sollen Bauplätze erschlossen werden und mit der Sanierung der dortigen Campingstraße die aktuell größte Rumpelpiste der Gemeinde angegangen werden.

Von außen ist Ihr Rathaus doch ganz ansehnlich ...

Das wird es auch bleiben (schmunzelt). Aber innen ist kein einziger Raum barrierefrei erreichbar, vieles ist nur durch ein enges Treppenhaus zugänglich, außerdem fehlt uns Platz. Das Gebäude ist hellhörig und im Sommer hatten wir auch schon einmal Temperaturen nahe 40 Grad in den Büros. Wir wollen ausdrücklich keinen Luxusbau, aber wir müssen und wollen zeitgemäß unsere Dienstleistungen erbringen. Das bedeutet auch, dass Bürgerinnen und Bürger mit körperlichen Einschränkungen nicht viel Zeit für die Treppen brauchen sollten.

Und was hat es mit dem "energetischen Quartierskonzept" auf sich?

Wir haben schon ein kleines Nahwärmenetz und wollen weg von fossilen Brennstoffen. Deshalb haben wir das Konzept beauftragt. Der Plan ist, auch Privathaushalte mitzuversorgen, über ein Nahwärmenetz. Das ist ein spannendes Großprojekt, wir sprechen hier über eine Investitionssumme von Millionen. Da werden in diesem Jahr, neben einer Bürgerinformationsveranstaltung, wohl viele Gespräche mit Interessierten anstehen. Beim Thema Brennstoffe wollen wir hier auf eine Mischung aus regenerativen Energien setzen. Wir müssen etwas tun, aber wir können natürlich niemanden zwingen, mit uns diesen Weg zu gehen. Aus dem reinen, übrigens großen Interesse muss für eine Investitionsentscheidung Verbindlichkeit werden. Ich persönlich halte ein Nahwärmenetz für sehr zukunftsweisend.

Limbach ist Spitzenreiter, was den Schuldenstand angeht – und dabei sind noch einige Projekte abzuarbeiten. Haben Sie deshalb schlaflose Nächte?

Wir werden uns nicht übernehmen. Ich schlafe zumindest in dieser Hinsicht gut und mache mir keine Sorgen, wir sind vom Haushalt her sehr gut aufgestellt. Limbach war als Gemeinde nie reich. Aber unser Ergebnishaushalt ist gesund und die Ergebnisrücklagen sind für schlechtere Zeiten schon jetzt sehr hoch.

Und wie ist der Stand beim Modellprojekt Ortsmitte: Was läuft hier gerade?

Nach den Bürgerbeteiligungsformaten wird vom Planungsbüro gerade der Abschlussbericht erstellt. Der wird ein Maßnahmenbündel von über 30 Einzelmaßnahmen enthalten, die angegangen werden könnten/sollten, um Verbesserungen zu erreichen. Darüber wird der Gemeinderat im ersten Halbjahr noch beraten und dann müssen wir sehen, was wir gerade mit dem überörtlichen Straßenbaulastträger umsetzen können – kurz,- mittel- und auch langfristig.

Limbach hat sieben Ortsteile, erstreckt sich auf eine Fläche von 44 Quadratkilometern – genauso groß wie Ludwigsburg. Wie behält man da den Überblick?

Wir haben alles mehrfach, Hallen, Dorfgemeinschaftshäuser, Feuerwehrhäuser, das ist natürlich eine Herausforderung – gerade in der Unterhaltung dieser Gebäude. Meiner Meinung nach muss man schauen, dass sich alle Ortsteile gleichmäßig entwickeln und in meiner Wahrnehmung schaffen wir das auch – auf einer mittelfristigen Zeitachse. Aber natürlich kann man nicht jeden Wunsch erfüllen. Nehmen wir mal das Beispiel Kanalbefahrung, auch dafür haben wir für 2022 einen Förderantrag eingereicht, bei schadhaften Kanälen geht es nicht mehr ums Wollen. Wir haben 70 Kilometer Kanal- und Wasserleitungen, die in Schuss gehalten werden müssen. Dann sollten wir auch unsere Straßen in Schuss halten. Bei allen Großprojekten: Wir dürfen gerade unsere Basics nicht vergessen.

Heißt das, Rathaus, Schule, Kindergarten sind Kür?

Klares Nein – wir sind hier nur im Pflichtaufgabenbereich! Für viel Kür bleibt kein Spielraum.

So wie sich das anhört, haben Sie einen großen Sanierungsstau abzuarbeiten?

Ich glaube, dass wir einen Wandel haben. Vorschriften ändern sich, werden verschärft. Da bleibt oft nichts übrig, als zu reagieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Abwasserbeseitigung. Die wird mittelfristig, also: bald, ein sehr großes Thema werden. Wir haben Kläranlagen, die zum Teil in die Jahre gekommen sind. Wir müssen, ob wir nun wollen oder nicht, die Abwasserbeseitigung auf zukunftsfähige Füße stellen und die sich ständig verschärfenden, rechtlichen Rahmenbedingungen zwingend miteinbeziehen. Bei diesem Projekt wird, befürchte ich, die Investitionssumme für die Schule sicher übertroffen.

Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Was mir nicht ganz so gut gefällt, ist der Bereich der wohnbaulichen Entwicklung. Ich will jetzt nicht auf Teufel komm raus Bauplätze erschließen. Aber der demografische Faktor ist nicht zu leugnen: Wir wollen die Einwohnerzahl stabil halten, denn sonst verteilen sich die tendenziell eher steigenden Kosten auf immer weniger Schultern. Das Geburtendefizit lag 2021 bei 13 Personen. Somit ist ein gewisses Maß an Zuzug und insbesondere Baumöglichkeiten für unsere Bürger eigentlich zwingend notwendig. Deswegen wäre es mir wichtig, zumindest moderat weitere Bauplätze zu erschließen. Wir hängen derzeit stark am Grunderwerb und stoßen dort oft auf eine ablehnende Haltung. Ich habe die Befürchtung, dass die Gemeindeentwicklung zum Stehen kommen könnte und dies alle mittelfristig zu spüren bekommen.

Haben Sie denn noch mehr Ideen, wie Sie die Gemeinde weiterentwickeln können?

Ideen hätte ich noch viele, Wünsche ebenfalls. Das bezieht sich ebenfalls auf Dinge aus dem Freiwilligkeitsbereich. Wir werden in diesem Jahr einen Römerpfad als zertifizierte Wandermöglichkeit anbieten, seit August haben wir einen Trekkingplatz. Das sind die Sachen, die wir uns bei unserem Berg an Pflicht gerade noch leisten können. Ich denke da aber auch an die ärztliche Versorgung und einen vielfachen Wunsch aus meinem Wahlkampf von vor vier Jahren: eine Apotheke.

Eine Aufgabe, die Sie noch mit reingenommen haben, ist der Windpark Limbach-Buchen. Damit haben Sie sicher viele Bürger überrascht.

Ja, da gibt es die Anfrage eines Investors, der bereit ist, einen gemarkungsübergreifenden Windpark zu errichten. Aus meiner Sicht wird es, angesichts des bundespolitisch beschlossenen Weges, nicht ohne Windkraft gehen – und wir werden nicht drum herumkommen. Das gemeindliche Planungsrecht ist hier nicht mehr als ein sehr stumpfes Schwert. Eines ist aber klar: Wenn Widerstände zu groß sind, wird es dieses Projekt nicht geben. Ich halte den Ansatz eines Bürgerwindparks für sehr gut, und bin gerne bereit, den Prozess zu einer Entscheidung zu moderieren, an dessen Ende aber auch eine faire Verteilung von Lasten und Erträgen stehen muss. Wir können so agieren, statt nur zu reagieren. Man kann sich natürlich gegen alles stemmen. Ich möchte aber zu Bedenken geben, dass wir alle Strom brauchen.

Das Thema der erneuerbaren Energien birgt noch viel mehr Diskussionspotenzial, denn es sind nun auch die ersten Anträge für Freiflächen-Fotovoltaik eingegangen. Da wird der Gemeinderat einen Kriterienkatalog beschließen. Hier sind wir übrigens Herr des Verfahrens, da ein Bebauungsplan aktuell die Realisierungsvoraussetzung ist. Als Gemeinde sind wir bei diesem Thema so schlecht nicht aufgestellt: Heidersbach ist, auch durch ein Nahwärmenetz, Bioenergiedorf, wir installieren Fotovoltaik auf die Dächer unserer gemeindlichen Gebäude. Wir sind hier als Gemeinde, gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels, dennoch weiter gefordert. Mit Blick auf die Diskussionen um die Regionalplanänderung muss ich klar sagen, nicht nur im Bereich der erneuerbaren Energien bedarf es einer verträglichen Entwicklung. Die muss auch bei der baulichen Weiterentwicklung unserer Gemeinde im ländlichen Raum möglich sein!

Neben allen Projekten und Konzepten, die anstehen und gefertigt werden: Eine Gemeinde ist doch eigentlich mehr als Investitionssummen.

Absolut – wir sind ein lebendiges Gemeinwesen, für dessen Entwicklung die Gemeinde den Rahmen schafft. Wir hatten vor der Pandemie ein sehr ausgeprägtes Vereinsleben und während der Pandemie unendlich viel Kreativität im Rahmen der vielen Beschränkungen. Aber klar – nicht nur mir persönlich fehlen zum Beispiel die Fastnacht der Vorcoronazeit, Vereinsfeste, generell der vielfältige Kontakt mit den Menschen. Trotzdem: Wir sind für die Bürger da, auch wenn wir nicht immer jeden zufriedenstellen können. Alles was wir investieren, sei es in Schule, Kindergarten, Ver- und Entsorgung, machen wir letztlich für unsere Bürger. Jede Investition soll das Leben in der Gemeinde verbessern, den vorgenannten Rahmen schaffen und uns fit für die Zukunft machen.


> Bettina Brenneis, Assistentin des Bürgermeisters

Eine klassische Rathauslaufbahn hat sie nicht. Bettina Brenneis ist aber trotzdem eine "gute Seele" im Limbacher Rathaus. Seit Ende 2017 ist sie die Assistentin des Bürgermeisters. Zuerst arbeitete sie mit Bruno Stipp Tür an Tür, seit März 2018 mit Thorsten Weber.

Foto: stk

"Wir ticken in vielen Dingen gleich", sagt die gelernte Industriekauffrau über ihren Chef. "Wir arbeiten sehr gut zusammen." Bettina Brenneis weiß, wie sich der Chef die Aufgabenerledigung vorstellt. Ihm ist agieren immer lieber als reagieren. Zudem ist sie für die Organisation von Terminen zuständig, übernimmt die Feuerwehrsachbearbeitung, zum Beispiel Beschaffungen und die Anmeldung zu Lehrgängen, die Organisation von Ehrungen und Veranstaltungen der Gemeinde sowie die Redaktion des Amtsblattes.

"Mit der Telefonzentrale habe ich viel Bürgerkontakt, betreue die Terminvergabe des Schnelltestzentrums und die Tourist-Information mit." Auch der Kontakt mit den Gemeinderäten sowie Ortsvorstehern obliegt Brenneis. Ein Projekt, das sie gerade vorantreibt, ist die Digitalisierung und die Neugestaltung der Homepage.

"Meine Arbeit ist sehr vielseitig", erzählt Brenneis. "Das macht die Arbeit hier aus und deshalb passt sie auch gut zu mir. Ich brauche die Abwechslung." Die Bewerbung war für Bettina Brenneis damals auch eine pragmatische Entscheidung. Die Nähe zum eigenen Wohnort, das Aufgabenfeld – das kam ihr gelegen und habe "von Anfang an gepasst". Es passt wohl auch heute noch. "Das Arbeiten ist anders als in der freien Wirtschaft", räumt Brenneis ein. "Viele Gesetze und Verordnungen schränken den Spielraum ein." Am rechten Fleck scheint sie trotzdem gelandet zu sein.

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