Georg Mick liebt seinen Job. Ursprünglich stammt er aus Gergeschdorf, einem Dorf in Siebenbürgen. Seit 1988 lebt er in Gundelsheim, seit 2016 ist er „Schlossmeister“ auf Schloss Horneck in Gundelsheim. Foto: Anton Zuber
Von Anton Zuber
Gundelsheim. Um ein Haar hätte der glücklichste Tag im Leben eines Hochzeitspaares eine große Enttäuschung erlebt. Nach der Trauungszeremonie im Festsaal von Schloss Horneck sollte der besondere Wunsch der Neuvermählten in Erfüllung gehen: Fünf weiße Tauben warteten in einer Transportbox auf der Terrasse des Schlosses, um als Zeichen der versprochenen Liebe und Treue in den blauen Himmel zu flattern. Doch die Klappe ging nicht auf. Retter in der Not war Hausmeister Georg Mick. Er holte sein Werkzeug und öffnete mit wenigen Handgriffen den Verschluss.
So spektakulär ist Georg Micks Arbeitsalltag allerdings selten. "Ich stelle mich nicht gern in den Vordergrund und schaffe mein Pensum am liebsten ohne größeres Tamtam", gibt der 61-Jährige zu. Er hat selten schriftliche Aufgabenanweisungen und auch steht kein Boss morgens am Schlosstor und erteilt Befehle. Der handwerkliche Allrounder Mick ist sein eigener Chef. Und genau das gefällt ihm. "Ich arbeite selbstständig: selbst und ständig", meint er.
Auch wenn sein Arbeitstag bisweilen weit über acht Stunden hinausgeht und sich auch mal aufs Wochenende ausdehnt, Mick ist zufrieden. Der quirlige Schaffer liebt seinen Job. Als er 2016 seine Tätigkeit begann, war vieles im Argen. Die riesige, uralte Schlossmauer musste vom Wildwuchs befreit werden, im Dachboden gab es eine Menge an Unrat zu entsorgen, zentimeterdicker Tauben- und Fledermauskot hatte sich angesammelt, die Heizzentrale war zugemüllt, zahlreiche Fensterscheiben lagen in Scherben. Georg Mick stand vor einer Mammutaufgabe. Aber genau diese reizte ihn.
Georg Mick stammt aus Gergeschdorf, einem Dorf in Siebenbürgen. Seit 1988 lebt er in Gundelsheim. Der KFZ-Mechaniker und Karosseriebauer arbeitete 30 Jahre in der Werkstätte eines Autohauses in Bad Friedrichshall, bis ihn eine schwere Krankheit ereilte. Wie durch ein Wunder wurde er davon geheilt. Nach seiner Umschulung suchte Mick dann eine neue berufliche Herausforderung, die ihm der Schlossverein der Siebenbürger Sachsen bot. "Ich möchte jede Minute und meine volle Kraft dem Schloss widmen. Für die vielfältige und fordernde Aufgabe bin ich sehr dankbar."
Georg Mick ist glücklich. Er schwärmt von der einzigartigen Lage Hornecks. Sein Herz schlägt für jeden Raum und jeden Quadratmeter des Zehn-Hektar-Areals. "Ich zähle nicht meine Arbeitsstunden, mache keine Pausen, bin ständig im Einsatz." Stolz ist er auf seine abgeschlossene Arbeit an der Schlossmauer. Bis zu vier Stunden arbeitete er täglich in seiner Freizeit und das acht Monate lang. Allein die Mauerlänge über der Burghalde beträgt mehr als 400 Meter.
Mit einer selbst gebauten gerüstartigen Vorrichtung war er ans Werk gegangen, um sich mit größter Vorsicht Zentimeter um Zentimeter vorzuarbeiten und um Wurzel um Wurzel, teilweise in schwindelnder Höhe, aus dem Gestein zu ziehen. "Mein Anspruch ist es, dass alles schön und ordentlich aussieht", sagt der ehemalige Jugend-Fußballtrainer der SG Gundelsheim.
In den Wochen vor der Eröffnung des Kulturzentrums Schloss Horneck am 10. Juli hatte er besonders lange Arbeitstage. Mehr als 50 verschiedene Handwerker belagerten damals das Schloss. Georg Mick, der von allen wertschätzend "Schorsch" genannt wird, war ein gefragter Organisator, Ratgeber und Hansdampf in allen Gassen. Denn der "Schlossmeister" hat die Schlüsselgewalt über das weitläufige, fünfstöckige Gebäude mit dem markanten Turm. "Schon nachts im Bett überlege ich mir, wie mein Tagesplan aussehen soll." Etwa wenn der Nabu kommt, um die Fledermäuse auf dem Dachboden zu zählen. 140 Tiere waren es bei der letzten Inventur.