So soll der neue Gebäudekomplex an der B 27 aussehen. Pläne und Unterlagen zum 17-Millionen-Euro-Projekt liegen noch bis einschließlich 12. März öffentlich aus. Grafik: Graf + Graf
Von Heiko Schattauer
Mosbach. Wohnraum statt Werkstatt, Menschen statt Autos. Das Konzept einer Wiederbelebung des ehemaligen Autohausareals an der B 27 in Mosbach, seit geraumer Zeit im Dornröschenschlaf ruhend, klingt eigentlich ganz gut. Insgesamt 47 Mietwohnungen sollen auf einer rund 6600 qm großen Fläche entstehen; die Frankfurter Immobiliengesellschaft Schoofs will das Areal für 17 Millionen Euro neu entwickeln. Zu den neuen Mietern an der Neckarelzer Straße soll aber auch ein Lebensmittelkonzern zählen, im Erdgeschoss des neuen Gebäudekomplexes soll den Planungen zufolge ein Tegut-Markt mit einer Verkaufsfläche von 1400 qm einziehen. Und an dieser Ansiedlung entzündete sich die Kritik, die vor Kurzem von verschiedenen Seiten im Gespräch mit der RNZ auch kundgetan wurde. Befürchtet wird eine Negativwirkung für die Altstadt und deren Einzelhandel. Die u.a. von IHK und Handelsverband geäußerte Kritik wollen die Entscheidungsträger von Stadtverwaltung und Gemeinderat indes so nicht stehen lassen – und baten die RNZ daher ihrerseits zum (aufklärenden) Gespräch.
"Einige Äußerungen haben uns schon sehr geärgert – weil sie so einfach nicht stimmen", erklärte dabei Mosbachs Oberbürgermeister Michael Jann. Konkret bezieht sich Jann auf den (absehbaren?) Abzug von Kaufland aus dem Obertorzentrum und die Ansiedlung von Rewe im Quartier. Über die Zeitachse sei nachvollziehbar, dass die Aufgabe des Geschäftsbetriebs von Kaufland zum Zeitpunkt der Entscheidung von Rewe, sich an der Bachmühle niederzulassen, keineswegs absehbar gewesen sei, so der OB. Wie bei Projekten dieser Größenordnung üblich, sei bei der Entwicklung des neuen "Quartiers an der Bachmühle" der Ankermieter Rewe schon lange vor der eigentlichen Eröffnung im April 2015 im Boot gewesen. Über die für 2019 angedachte Schließung des Kauflands wiederum habe die RNZ erstmals im Februar 2017 berichtet.
Auch die skizzierte Gefahr eines Frequenzabzugs für die Innenstadt sieht Mosbachs OB nicht. Die Entfernung zur Altstadt sei sehr gering, der Weg dorthin also – wie auch von Kunden am Majolikacenter praktiziert – durchaus eine Option. "Wir sind davon überzeugt, dass das Gutachten der Cima, im Übrigen von der Stadt in Auftrag gegeben, schlüssig ist", erklärt Michael Jann weiter. Jenes Gutachten hatte eine Verträglichkeit des Vorhabens festgestellt, ein weiteres (von Rewe bei GMA in Auftrag gegebenes) Gutachten war zu einem anderen Schluss gekommen. Von Regierungspräsidium und Regionalverband als zuständige Fachbehörden habe es Bestätigung für das Cima-Gutachten gegeben, auch die IHK- und GMA-Einschätzungen gebe man dorthin weiter, ergänzt Stadtplaner Stefan Baumhackel. "Die sind qualifiziert, die Gutachten zu bewerten und zu objektivieren", so Baumhackel.
Auch der Gemeinderat habe beide Gutachten ausführlich betrachtet, wie die Vertreter aller Fraktionen gegenüber der RNZ bekräftigen. Das Gutachten der Cima habe man am Ende dieser Betrachtung "höher bewertet", so Hartmut Landhäußer (SPD). Auch mit der Werbegemeinschaft Mosbach Aktiv habe man sich ausgetauscht, erklärt Boris Gassert (CDU); Anfragen von Rewe bzw. Kaufmann Peter Arnold wiederum habe der Oberbürgermeister (auch im Auftrag des Gemeinderats) beantwortet. Werner Heininger (Freie Wähler) wundert sich über die Einordnung der Gutachten: "Bisher hat man etwa von Mosbach Aktiv aus immer nur Cima-Gutachten gelten lassen. Jetzt bewertet man das offenbar anders. Für uns ist das GMA-Gutachten nicht der Schlüssel." Der Gemeinderat stehe "vollumfänglich" hinter der Bewertung, das Vorhaben zu befürworten, so die Fraktionsvertreter. Hartmut Landhäußer sieht im neuen Markt (u. a. wegen des Bio-Schwerpunkts) zudem eine Ergänzung des Angebots in der Stadt.
Hinter den eigenen Bewertungen steht auch weiter die Cima. Man habe die "Kompatibilität" des Vorhabens mit Blick auf Innenstadtentwicklung, Nahversorgung und Landesplanrecht überprüft und Verträglichkeit in diesen Punkten festgestellt, wie Dr. Stefan Leuninger bekräftigt: "Die Entwicklung passt gut rein in die Stadt und wird eher positive Wirkung haben."
Beide Gutachten finden sich im Übrigen auch in den Unterlagen, die im Rahmen der Offenlage noch bis 12. März von der Öffentlichkeit eingesehen werden können. In diesem Verfahrensschritt sind auch Einwendungen möglich.
Aus dem Dornröschenschlaf geweckt werden soll das ehemalige Autohausareal an der Neckarelzer Straße in Mosbach. Die Schoofs Immobilien GmbH will dort 47 Wohnungen bauen und einen Tegut-Markt ansiedeln. Letztgenannte Planung löste zuletzt Kritik aus (wir berichteten), auf die Gemeinderat und Stadtverwaltung nun reagierten. Foto: Heiko SchattauerOB Jann hat unterdessen noch weiteren Klärungsbedarf: "Ich finde das schon ein bisschen abwegig, Verwaltung und Gemeinderat an den Pranger zu stellen. Wir sind doch nicht der Feind der Innenstadt." Keiner habe Interesse daran, Rewe als Einzelhändler für die Innenstadt zu eliminieren, keiner wolle das Quartier an die Wand fahren. "Wir möchten doch nicht unser eigenes Projekt zerstören", stellt Michael Jann klar. Natürlich habe er Verständnis für die Sorgen der Einzelhändler, deren Lage aufgrund der Coronapandemie aktuell "absolut verschärft" sei.
Gemeinderat und Verwaltung wollen nun, nach Abschluss der Öffentlichkeitsbeteiligung, eingegangene Einwendung erörtern. Auch die zuständigen Fachbehörden bewerten das Vorhaben eingehend. Bis zu einem endgültigen grünen Licht für das Projekt am ehemaligen Autohausareal sind also noch ein paar Meter des Entwicklungswegs zu absolvieren. Klar ist aber auch: An der Planung, neben Wohnungs- auch Handelsfläche im neuen Komplex zu realisieren, wird Schoofs nichts mehr ändern. "Wir sind kein reiner Wohnungsbauträger, Handel gehört bei uns dazu", erklärt Projektleiter Sven Schemann. Eine Mietvereinbarung mit Tegut bestehe bereits. "Da wird sich nichts mehr ändern." Schemann ist sicher, "dass unser Projekt ein Gewinn für Mosbach ist", das habe auch die von der Stadt in Auftrag gegebene Auftragsanalyse "eindeutig ergeben."
Die Abbrucharbeiten der bestehenden Altgebäude auf dem Areal und die Sanierung des Bodens sollen laut Schemann noch in der ersten Jahreshälfte beginnen. Die Öffentlichkeitsbeteiligung läuft noch bis 12. März.
Info: Pläne und Erläuterungen zum Bauvorhaben sind unter www.mosbach.de/Oeffentlichkeits_Behoerdenbeteiligung.html einsehbar. Nach voriger Terminvereinbarung sind Einsichtnahmen auch im Technischen Rathaus, Unterm Haubenstein 2, 74821 Mosbach, zu den Sprechzeiten möglich; Terminvereinbarung unter Tel.: (0 62 61) 8 24 46 oder per E-Mail an stadtplanung@mosbach.de.