Arbeitsrecht und Corona

Einfach zu Hause bleiben ist keine gute Idee

Wie sehen die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in der Corona-Pandemie aus? Rechtsanwalt Dr. Frank Zundel im RNZ-Gespräch.

28.01.2021 UPDATE: 29.01.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 12 Sekunden
Die Homeoffice-Verordnung des Bundesarbeitsministeriums stärkt (zumindest befristet) den Anspruch auf Arbeiten von zu Hause aus. Im RNZ-Gespräch erklärt Arbeitsrechtler Dr. Frank Zundel, welche Bestimmungen aktuell zu beachten sind. Foto: dpa/schat

Region Mosbach. (schat) Die Coronapandemie bestimmt weiter unser Leben – und das Virus wird uns wohl auch weiterhin begleiten. Zu den arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in Sachen Corona hat die RNZ beim Vorsitzenden des Mosbacher Anwaltsvereins, Arbeitsrechtler Dr. Frank Zundel, nachgefragt. Der Rechtsanwalt hat Anfang des Jahres auch für die renommierteste Juristenzeitschrift "NJW" die arbeitsrechtlichen Entwicklungen zusammengefasst. Für die RNZ-Leser nimmt er Bezug zu aktuellen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

Herr Dr. Zundel, Homeoffice ist zuletzt ein großes Thema, da damit auch die Kontakte weiter reduziert werden können. Wie ist es denn rechtlich: Haben Arbeitnehmer eigentlich einen Anspruch auf Homeoffice?

Ja, nach der ganz neuen Homeoffice-Verordnung des Bundesarbeitsministeriums muss zunächst befristet bis Mitte März 2021 Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice angeboten werden, wenn nicht dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Ist ein Arbeiten im Homeoffice nicht möglich, soll im Betrieb eine Mindestfläche von zehn Quadratmetern pro Beschäftigtem in einem Raum nicht unterschritten werden.

Das klingt auch für Nicht-Juristen ziemlich klar.

Das schon, aber die Verordnung lässt Spielräume. Sollten die Maßnahmen nicht vollständig umsetzbar sein, müsse demnach der Arbeitgeber seine Beschäftigten durch andere Maßnahmen schützen – etwa durch Lüften und Abtrennungen zwischen Arbeitsplätzen. Die Betriebe sollen nach der Verordnung auch flexible Arbeitszeiten anbieten, damit der ÖPNV entlastet wird und es in Bussen und Bahnen weniger Kontakte und mithin Übertragungen des Coronavirus gibt.

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Vom Bus ins Büro: Muss ich denn dort hin, wenn die Kollegen husten oder Krankheitssymptome zeigen?

Da muss man zunächst klar sagen: Ein allgemeines Recht eines Arbeitnehmers, bei Ausbruch einer Erkrankungswelle wie Corona einfach der Arbeit fernzubleiben, gibt es nicht. Zu Hause bleiben darf ein Arbeitnehmer nur, wenn ihm die Fortsetzung der Arbeit unzumutbar ist.

Was heißt das konkret?

Eine Unzumutbarkeit kann etwa gegeben sein, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaft objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Das bloße Husten von Kollegen ohne weiteren objektiv begründeten Verdacht oder Anhaltspunkte für eine Gefahr wird dafür wohl nicht ausreichen. Unabhängig davon ist jeder Arbeitnehmer gut beraten, das Fernbleiben von der Arbeit mit dem Arbeitgeber abzustimmen.

Was ist während einer angeordneten Quarantäne?

Beschäftigte haben nach dem Infektionsschutzgesetz Anspruch auf Entschädigung, wenn sie als Ansteckungsverdächtige auf Anordnung des Gesundheitsamts isoliert werden und deshalb nicht mehr arbeiten dürfen. Arbeitnehmer erhalten für die Dauer der Quarantäne während des Entgeltfortzahlungszeitraums von ihrem Arbeitgeber Entgeltfortzahlung. Ab Beginn der siebten Woche zahlt der Staat dann Krankengeld. Dem Arbeitgeber werden die ausgezahlten Beträge auf Antrag erstattet.

Arbeitsrechtler Dr. Frank Zundel. Foto: dpa/schat

Müssen Arbeitnehmer denn bei Erkältungsbeschwerden eine Arztpraxis persönlich aufsuchen?

Nein, müssen sie nicht. Aufgrund der hohen Corona-Infektionszahlen können Arbeitnehmer derzeit bis zu sieben Tage telefonisch krankgeschrieben werden. Eine einmalige Verlängerung um weitere sieben Tage ist ebenfalls telefonisch möglich.

Welche Hilfen gibt es denn für Berufstätige, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen?

Neuerdings können Arbeitnehmer bis zu 20 Arbeitstage bezahlt der Arbeit fernbleiben, sofern sich Angehörige in einer akut auftretenden Pflegesituation befinden. Bisher ging das für zehn Tage. Das Pflegeunterstützungsgeld kann ebenfalls bis zu 20 Arbeitstage in Anspruch genommen werden, wenn die Pflege aufgrund von coronabedingten Versorgungsengpässen zu Hause erfolgt. Außerdem wurde die Pflegezeit und die Familienpflegezeit flexibler gestaltet.

Familie ist ein gutes Stichwort: Wann erhalten Eltern bei Verdienstausfall eine Entschädigung?

Die Bundesregierung hat die Ausweitung der Kinderkrankentage über das Jahr 2021 beschlossen. Demnach sollen sie von zehn auf 20 Tage pro Elternteil pro Kind verdoppelt werden. Für Alleinerziehende von 20 auf 40 Tage pro Kind. Der Anspruch wird nicht nur, wie normalerweise, bei Krankheit des Kindes gelten, sondern auch, wenn Kindergärten und Schulen aufgrund der Coronapandemie geschlossen oder nur eingeschränkt geöffnet haben und damit eine Betreuung des Kindes zu Hause erforderlich wird. Gesetzlich Versicherte haben in diesem Fall einen Anspruch auf bis zu 90 Prozent des ausgefallenen Nettoverdienstes. Wenn Eltern wegen behördlich angeordneter Schließung von Schulen und Kindergärten, bei verlängerten Ferien oder der Aussetzung der Präsenzpflicht der Schulen ihre Kinder selbst betreuen müssen, soll ihnen der entsprechende Verdienstausfall zu großen Teilen ausgeglichen werden. Sie haben Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalls, maximal jedoch von 2016 Euro monatlich. Der Anspruch gilt für insgesamt 20 Wochen, jeweils zehn Wochen für Mütter und Väter bzw. 20 Wochen für Alleinerziehende.

Und wie verhält sich das Ganze, wenn ein Kind krank wird?

In diesen Fällen hat die Bundesregierung den Kinderkrankengeldanspruch befristet um fünf weitere Tage pro Kind und Elternteil bzw. um zehn Tage für Alleinerziehende verlängert.

Abschließende Frage: Wie halten Sie es in Ihrer Kanzlei mit dem Homeoffice?

Unsere Kolleginnen und Kollegen sind ohnehin völlig frei, wann und wo sie ihre Arbeit erledigen. Das gestalten sie völlig eigenverantwortlich. Daran hat sich durch Corona nichts geändert. Bei unseren Rechtsanwaltsfachangestellten ist das hingegen nicht ganz so einfach, da sind wir auf deren Präsenz angewiesen. Soweit jedoch bei uns in der Kanzlei gearbeitet werden muss, haben wir eine Wechselschicht eingeführt und jede Mitarbeiterin hat ihren eigenen Raum, sodass Kontakte weitgehend vermieden werden können.

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