EnBW will drei Behälter schon diese Wochen beladen
EnBW darf Brennelemente auf dem Neckar vom Kernkraftwerk Obrigheim ins Zwischenlager Neckarwestheim verlagern - Polizei und Ministerium sagen aus Sicherheitsgründen nicht zu den Transportterminen

Nach dem Test mit leeren Castorbehältern Ende Februar (unsere Aufnahme) plant die EnBW, beladene Atommüllbehälter von Obrigheim nach Neckarwestheim zu verschiffen. Foto: Schattauer
Von Heiko Schattauer
Obrigheim. Und wieder schreibt man Geschichte: 1968 war das Kernkraftwerk Obrigheim (KWO) der erste Druckwasserreaktor, der in der Bundesrepublik Deutschland kommerziell betrieben wurde. Im Mai 2005 war der Atommeiler nach fast 37 Betriebsjahren einer der ersten, der im Zuge des vereinbarten Atomausstiegs abgeschaltet wurde. Und 2017 wird vom KWO aus der erste Castortransport auf einem deutschen Binnengewässer starten. Seit Dienstag ist das beschlossene Sache: Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) erteilte dem Energiekonzern EnBW die Genehmigung, 342 hoch radioaktive Brennelemente auf dem Neckar ins Zwischenlager in Neckarwestheim (GKN) zu überführen.
Für die strahlenden Reststoffe aus Betriebszeiten werden 15 Castorbeladungen nötig, pro Transport sollen drei Behälter den Standort wechseln, rund 50 Kilometer auf dem Neckar sind dafür per Schubschiff zurückzulegen. Alle fünf Transporte sollen noch 2017 absolviert werden.
Ende Februar hatte die EnBW die Überführung von Obrigheim nach Neckarwestheim mit leeren Castorbehältern geprobt, die nun erteilte Genehmigung (im März 2014 beantragt) gebe vor, dass weder die EnBW noch das beteiligte Transportunternehmen Termine für die Überführung bekannt geben dürfen. Auf RNZ-Nachfrage sagt man beim BfE: "Wir sind nicht in die Terminfindung eingebunden". Das Stuttgarter Umweltministerium wohl schon. "Transporttermine werden nicht kommuniziert", stellt von dort allerdings Pressesprecher Ralf Heineken klar: "Aus Sicherungs- und Sicherheitsgründen". Auch die Polizei sagt nichts zu möglichen Transportterminen. Klar ist allerdings: Der Transfer wird zu Wasser, zu Land und von der Luft aus abgesichert. Wie viel Polizisten dabei im Einsatz sein werden, verrät man nicht. "Über Kräftekonzepte geben wird grundsätzlich keine Auskunft", so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Einsatz Göppingen, das für die Sicherheit des Transports sorgen soll.
Hintergrund
> 342 Brennelemente aus Betriebszeiten (bis 2005) lagern noch in einem Nasslager (von Wasser abgeschirmt) im KWO. Ursprünglich hatte Betreiber EnBW geplant, vor Ort ein Zwischenlager zu bauen, in dem die hoch radioaktiven Elemente vor Ort "geparkt" werden,
> 342 Brennelemente aus Betriebszeiten (bis 2005) lagern noch in einem Nasslager (von Wasser abgeschirmt) im KWO. Ursprünglich hatte Betreiber EnBW geplant, vor Ort ein Zwischenlager zu bauen, in dem die hoch radioaktiven Elemente vor Ort "geparkt" werden, bis ein Endlager gefunden ist.
> Planänderung: Im März 2014 stellte die EnBW einen Antrag auf Genehmigung der Überführung der Brennelemente ins bestehende Zwischenlager am GKN. Begründung: Dort gebe es aufgrund des Atomausstiegs Platzkapazität, ein weiteres Zwischenlager kann vermieden werden.
> Favorit Wasserweg: Schiene, Straße, Wasserweg - bei den Überlegungen zum Castortransfer war schnell der Wasserweg Favorit. Kurze Wege (beide Kraftwerke liegen direkt am Neckar) und kaum Rückwirkungen auf den Individualverkehr sprechen dafür. Allerdings: Es ist Neuland - noch nie wurden in Deutschland Castoren über ein Binnengewässer bewegt.
> Viele Beteiligte: Nicht nur im Genehmigungsverfahren des Castortransports sind verschiedene Stellen und Behörden involviert, auch bei der Umsetzung des Transfers selbst: EnBW und Transportfirma, BfE, Umweltministerium, Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter, Wasserschutzpolizei, Polizeipräsidium Einsatz. Kritiker bemängeln diese "Zersplitterung" und fordern eine gesamtverantwortliche (staatliche) Stelle.
Ein bisschen konkreter wird man bei der EnBW: Mit der Beladung der ersten drei Castorbehälter werde man noch in dieser Woche beginnen. Die Beladung jedes einzelnen Behälters werde "einige Tage" dauern. Konkretere Angaben zur Beladungsdauer macht das Unternehmen nicht. Die beladenen Behälter sollen bis zu ihrem Abtransport in einem abgesicherten Bereich des Kernkraftwerks Obrigheim bereitgestellt werden. Auch zur Behelfszwischenlagerung vor dem Weg ins richtige Zwischenlager wollen weder EnBW noch Umweltministerium genauere Angaben machen - und führen "Sicherungsgründe" dafür an.
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Atomkraftkritiker hatten zuletzt Zweifel an der ausreichenden Sicherung des radioaktiven Lagermaterials geäußert und insgesamt einen zu lockeren Umgang mit den Castoren beklagt. Das sieht man bei der EnBW natürlich anders: Man werde alle Anforderungen erfüllen, erklärt Jörg Michels, Geschäftsführer der EnBW Kernkraft. Dies werde von den zuständigen Behörden und ihren Gutachtern unabhängig überwacht. "Der Schutz von Mensch und Umwelt steht für uns an erster Stelle", betont Michels.
Die Genehmigung für die Aufbewahrung der Obrigheimer Brennelemente im Zwischenlager am Kernkraftwerk Neckarwestheim war der EnBW bereits im August vergangenen Jahres erteilt worden. Infolge des endgültigen Atomausstiegs nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima und den damit verbundenen kürzeren Restlaufzeiten der beiden dortigen Kraftwerksblöcke in Neckarwestheim gibt es im Zwischenlager freie Stellplätze. Von den vorhandenen 151 Lagerstellen werden "nur" 125 für Castoren mit GKN-Brennelementen benötigt. Die 15 Behälter aus Obrigheim finden dort demnach Platz.
"Durch die Verlagerung der Brennelemente wird der Bau eines weiteren Zwischenlagers in Deutschland überflüssig", nennt die EnBW Beweggründe für das Vorantreiben der Verlagerung. Der seit 2008 laufende Rückbau des KWO sei dank des Abtransports "verzögerungsfrei" möglich. Der Standort könne so schneller zu einer konventionellen Industriefläche werden.
In Neckarwestheim hingegen gab und gibt es Proteste gegen den Castortransfer - man verweist auf Zusagen, wonach nur "eigener" Atommüll vor Ort am GKN eingelagert werden soll.



