Nach dem Probelauf im Februar (unsere Aufnahme) wird es nun bald ernst: Der erste Castortransport auf dem Neckar wird - nachdem auch das Verwaltungsgericht die Transportgenehmigung für zulässig befunden hat - wohl in Kürze von Obrigheim aus starten. Die Kritiker bekräftigen dennoch ihren Protest. Archiv-Foto: Heiko Schattauer
Von Heiko Schattauer
Obrigheim. Für Schlagzeilen und kontroverse Diskussionen war das Kernkraftwerk Obrigheim schon zu Betriebszeiten immer wieder gut. Seit 2005 ist das KWO zwar stillgelegt, wirklich still geworden ist es rund um den einst dienstältesten deutschen Atommeiler aber dennoch nicht. Die Kernkraft ist und bleibt ein Streitthema, im Falle des KWO sind es die problematischen "Reststoffe", die für Kontroversen sorgen - und die Gerichte beschäftigen. So hat das Verwaltungsgericht Berlin am Dienstag entschieden, dass die bereits im Mai erteilte Genehmigung für Castortransporte von Obrigheim nach Neckarwestheim "rechtens" ist. Oder zumindest eben "zumutbar" oder "hinzunehmen", wie es ein Gerichtssprecher formulierte.
Der erste Transfer abgebrannter Brennelemente auf dem Neckar dürfte also nur noch eine Frage der Zeit sein, selbst wenn die Gemeinde Neckarwestheim weitere juristische Schritte dagegen unternehmen sollte. Die Zeit und das vom Gericht festgestellte "erhebliche öffentliche Interesse an einem zeitnahen Rückbau des KWO" sprechen allerdings gegen Neckarwestheim, das mit seinem Einwand beim Verwaltungsgericht Berlin verhindern wollte, dass allzu schnell Fakten geschaffen werden. "Eine Beschwerde gegen eine bereits erfolgte Verlagerung der Castoren macht aus Sicht der Gemeinde keinen Sinn", heißt es in einer Pressemitteilung.
Die erste Verlagerungsaktion ist derweil längst in Vorbereitung. Schon unmittelbar nach Erteilung der Genehmigung zum Transfer der Castoren von Obrigheim ins bestehende Zwischenlager in Neckarwestheim hatte die EnBW (als Betreiber beider Anlagen) mit den Vorbereitungen für den ersten Castortransport begonnen. Und damit den nächsten Streit ausgelöst: So bemängeln unter anderem das Bündnis "Neckar castorfrei" und die Initiative "AtomErbe Obrigheim" den Umgang mit den Castorbehältern nach deren Beladung bzw. vor deren Abtransport. "Wir halten es für zweifelhaft, ob die ,Transportbereitstellung’ der beladenen Castorbehälter auf dem KWO-Gelände einer juristischen Überprüfung standhalten wird", erklärt Gertrud Patan von den "AtomErben".
Die Atomkraftkritiker wollen weiter ganz genau hinschauen, weiter mahnen, widersprechen, protestieren. So ruft der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) am Tag nach dem Richterspruch aus Berlin zum weiteren Protest gegen Castortransporte auf. Unter anderem soll es am Tag des ersten Transports eine Mahnwache in Gundelsheim und eine Demonstration in Heilbronn geben. Die Transporte seien gefährlich, das Atommüllproblem werde mit ihnen nur verlagert, nicht gelöst.
Wann das erste Schubschiff mit der radioaktiven Fracht sich tatsächlich auf den 50 Kilometer langen Weg neckaraufwärts macht, ist nicht offiziell bekannt. Aus Sicherheitsgründen sehen sich EnBW, Transportunternehmen, Umweltministerium und alle weiteren Beteiligten zur Geheimhaltung verpflichtet. In Neckarwestheim prüft man in der Zwischenzeit, ob man weiter juristisch gegen die Transporte kämpft. Mit dem Gemeinderat wolle man beraten, ob gegen die Ablehnung des Eilrechtsschutzantrags eine Beschwerde eingelegt wird. So oder so ist man schwer enttäuscht: "In der Vergangenheit waren von den Verantwortlichen und Betreibern getätigte Zusagen gegenüber der Standortkommune immer wieder gebrochen worden."
Bei der EnBW sieht man alles im Plan: "Die Vorbereitungen für den ersten Transport gehen unverändert weiter", kommentiert man auf Nachfrage der RNZ. Wie weit diese Vorbereitungen gediehen sind, will man nicht konkretisieren. Die Transportgenehmigung gebe allen Beteiligten vor, zu möglichen Terminen keine Angaben zu machen.