Von Carsten Blaue
Mannheim.Der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) wurde zum 1. Januar 2006 als länderübergreifende Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet und ist unter anderem für die Regionalplanung und -entwicklung in der Metropolregion verantwortlich. Ralph Schlusche ist der Direktor des Verbands und leitet dessen Verwaltung. Im Juli 2018 wurde er von der Verbandsversammlung für weitere acht Jahre gewählt. Im RNZ-Interview spricht er über die Auswirkungen der Pandemie auf die Verbandsarbeit, zieht Bilanz des vergangenen Jahres und blickt voraus auf anstehende Projekte.
Ralph SchluscheHerr Schlusche, wie schlägt sich die Corona-Pandemie auf die Arbeit des Verbands nieder?
Wie überall, gibt es auch bei uns Auswirkungen. So tagte beispielsweise der Ausschuss für Regionalentwicklung und Regionalmanagement nun mehrmals virtuell. Auch unsere Fraktionen und unser Verwaltungsrat haben von digitalen Treffen Gebrauch gemacht. Im Dezember haben wir unsere Satzung dahingehend angepasst, dass auch zukünftig digitale Sitzungen unserer Gremien möglich sind.
Gibt es Vorhaben, die im vergangenen Jahr ins Stocken geraten sind?
Präsenz-Veranstaltungen wie der Maimarkt, die "Expo Real" in München oder große Netzwerktreffen konnten leider nicht stattfinden. Alle anderen Aufgaben und Projekte konnten jedoch weiterbearbeitet werden. Manchmal mit anderen Rahmenbedingungen oder mit geändertem Zeitplan, aber wir haben alle Vorhaben weiter vorantreiben können. Im Übrigen ein weiterer Beweis, wie wichtig das Thema Digitalisierung ist.
Sind Ihre Mitarbeitenden im Homeoffice?
Ja, fast alle haben einen Arbeitsplatz, der auch im Homeoffice möglich ist. Im ersten Lockdown haben wir in unsere hausinterne IT investiert und konnten so schnell – noch während des ersten Lockdowns – die technischen Möglichkeiten umsetzen. Allerdings haben wir auch ein sehr strenges Hygienekonzept für unsere Büroräume. Dienstreisen und Präsenztermine sind allerdings zur Zeit nicht angesagt.
Arbeiten Sie auch im Homeoffice?
Zu einzelnen Terminen, ja, aber ich bin auch viel im Büro.
Die Corona-Pandemie hat für viele Branchen einschneidende Konsequenzen. Auch der Maimarkt findet nicht statt, auf dem sich die Metropolregion immer präsentiert. Wie kann der Verband helfen?
Wir versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu unterstützen, so haben wir beispielsweise im ersten Lockdown unser Angebot "Mitarbeiterunterstützungsprogramm" kostenfrei Verwaltungen und kleineren und mittleren Unternehmen der Region zur Verfügung gestellt. Das ist eine Beratungshotline nach dem Vorbild großer Unternehmen, bei der Mitarbeitende bei Sorgen aller Art direkt, niederschwellig und vertraulich anrufen können. Aktuell beschäftigen wir uns mit dem Thema, wie wir weitere Fördergelder in unsere Region holen können, speziell für den Tourismus. Mein Referat für allgemeine Regionalentwicklung ist hier gerade am Anträge-schreiben. Auch Informationsveranstaltungen tragen zu einer Unterstützung betroffener Branchen bei. Dazu haben wir – im touristischen Bereich sowie in der Veranstaltungs- und Kongressbranche – immer wieder eingeladen und werden das auch weiterhin tun.
Welche Bilanz der Arbeit des VRRN im Jahr 2020 ziehen Sie?
Mit Blick auf alle Einschränkungen, auf die Kranken und die Menschen, die in Sorge leben, mit Blick auf das Kulturleben, den Einzelhandel und vieles mehr, ist die Bilanz natürlich nicht gut. Ich sehe aber ganz bewusst auch viel Positives. Es ist gut zu wissen, dass unsere Kommunen schnell und umsichtig auch auf solch besondere Krisensituationen reagieren können. Das ist für mich eine wichtige Erkenntnis aus 2020. Inhaltlich haben wir viele Themen weiterentwickelt, wie beispielsweise das Thema Mobilität, die Fortschreibung des Einheitlichen Regionalplans oder auch das Thema Nachhaltigkeit. Das war so zu Jahresmitte nicht zu erwarten, und deshalb muss man das umso mehr wertschätzen.
Ist die Metropolregion in Sachen Mobilitätspakt vorangekommen?
Ja. Wir analysieren auch die Veränderungen im Mobilitätsverhalten durch Corona und wollen zusammen mit unseren Partnern daraus die Erkenntnis ziehen, bei wie viel Prozent Verkehrsabnahme es keinen Stau mehr zu den Rushhour-Zeiten gab. Unterschrieben wird der Mobilitätspakt übrigens in den nächsten Wochen per postalischem Umlaufverfahren.
Stichwort Bahn-Trassen zwischen Frankfurt, Mannheim und Karlsruhe: Der Knoten Mannheim scheint in die Gesamtplanung noch immer nicht konkret eingebettet zu sein. Das hatten Sie aber dringend angemahnt.
Wir vertreten aus gutem Grund diese Einschätzung und werden dies auch weiterhin offensiv kommunizieren. Der Knoten ist jetzt nach den Planungen der Bahn Bestandteil der Strecke Mannheim-Karlsruhe. Das ist schon ein guter Schritt in eine Gesamtbetrachtung.
Etwas geknirscht hat es bezüglich des neuen Einheitlichen Regionalplans. Zu viel Flächenverbrauch, sagen die einen, zu wenig etwa die IHK. Wie stehen Sie dazu?
Die Bedarfe müssen immer abgewogen werden. Wir haben intensiv informiert, gesetzliche Regelungen befolgt, eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Gewerbeflächenstudie durchgeführt und kommen jetzt zur Offenlage und dem noch breiteren Beteiligungsverfahren. Wenn man die von Ihnen erwähnten Kommentare in diesem Lichte betrachtet, könnte man sagen, dass die Planungen wohl ziemlich gut die Bedarfe abwägen und im Mittel der Forderungen liegen. Trotzdem nehmen wir jede Äußerung zum Prozess ernst und werden dafür auch Platz im kommenden Beteiligungsverfahren haben.
Wie geht es dieses Jahr mit der Fortschreibung der Kapitel Wohnen und Gewerbe des Einheitlichen Regionalplans weiter?
Die Offenlage soll nach Ostern erfolgen. Dann beginnt sicherlich nochmals ein intensiver Diskussionsprozess mit allen Kommunen und Planungsträgern der Region. Die Fortschreibung soll ja angemessenen Raum schaffen für eine gute weitere Entwicklung der Metropolregion. Und gerade dazu passen unsere Projekte und Vorhaben zum Thema Nachhaltigkeit. Die OECD wird uns 2021 evaluieren und uns objektiv die Frage beantworten: Wo stehen wir im Bereich Nachhaltigkeit als ganze Region? Parallel wollen wir dazu schon die ersten Teilprojekte starten. Zudem wird uns weiter das Thema Innovation begleiten, und wir hoffen bei einigen Förderverfahren auf das entscheidende Glück, um etwa bei "RegioWin" weitere Zukunftsprojekte in unserer Region gefördert zu bekommen. Und dann natürlich das große Thema Mobilität.
Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Metropolregion den Zuschlag im Wettbewerb um ein Technologie- und Innovationszentrum Wasserstoff bekommt?
Wir bewerben uns ja nicht nur pro forma. Unser Antrag ist sehr gut und findet breite Unterstützung. Wir rechnen uns daher realistische Chancen aus.
Welche neuen Impulse erhoffen Sie sich von Doris Wittneben, der Nachfolgerin von Bernd Kappenstein in der Leitung des Fachbereichs "Energie und Mobilität" bei der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH?
Frau Dr. Wittneben ist eine absolute Spitzenkraft mit vielen Vorkenntnissen im Bereich des Wasserstoffs, der erneuerbaren Energien und dem Innovationsmanagement. Sie ist daher voll und ganz in der Lage, die erfolgreiche Arbeit des Fachbereichs fortzuführen. Darüber hinaus wird sie weitere Akzente setzen und unsere Modellregion "Wasserstoff" weiter ausbauen.