Sozialer Wohnraum in Hockenheim

"Zwei Standorte sind zu wenig"

Oberbürgermeister Gummer von Entscheidung des Gemeinderats enttäuscht

21.12.2017 UPDATE: 22.12.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Die jüngste Hockenheimer Gemeinderatssitzung wurde in die Stadthalle verlegt: Das Thema "sozialer Wohnraum" wollten sich über 100 Bürger nicht entgehen lassen. Nachdem nur zwei Standorte beschlossen wurden, folgte ein regelrechter Exodus in Richtung Ausgang. Oberbürgermeister Dieter Gummer (5. v. l.) blieb enttäuscht zurück. Foto: Lenhardt

Von Harald Berlinghof

Hockenheim. Es war ein langer Weg vom ersten Bürgerdialog zum Thema "Sozialer Wohnraum" im Januar bis zur Gemeinderatsentscheidung. Viel Arbeit für die Verwaltung, die mit einer außerordentlich großen Bereitschaft drei moderierte Bürgerversammlungen in der Stadthalle und eine Online-Befragung initiierte. Die Hockenheimer konnten sich äußern, sollten mitentscheiden. Viele inhaltlich intensive Diskussionen waren der Entscheidung des Hockenheimer Gemeinderats in seiner jüngsten Sitzung vorausgegangen.

Doch jetzt hat der Gemeinderat lediglich zwei Standorte für den Prozess zur Gewinnung von sozialem Wohnraum freigegeben. "Ich akzeptiere natürlich die Entscheidung des Gemeinderats. Aber ich bedaure sehr, dass aus den Standortvorschlägen nur zwei beschlossen wurden. Die vorgeschlagenen Standorte waren ein Ausdruck des Bürgerwillens, und ich glaube nicht, dass wir die Vorgabe der Dezentralität mit nur zwei Standorten umsetzen können." Diese "persönliche Erklärung" von Oberbürgermeister Dieter Gummer in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats war Ausdruck der Enttäuschung, als das Gremium den Beschluss zu den Standorten, wo in der Rennstadt sozialer Wohnraum entstehen soll, gefasst hatte.

Nur zwei von 14 in die "Endausscheidung" gekommene Standorte wurden also vom Gemeinderat bestätigt. Dabei waren immerhin sechs Standorte aus der internen Kriterienbewertung als "gut geeignet" hervorgegangen. Trotzdem sind die beiden Übrigen nur der Standort Betriebshof/Stadtwerke und der sogenannte Reiterplatz. Mit wenigstens fünf Standorten, die geeignet gewesen wären, hätten Außenstehende rechnen können. Dass es letztlich nur zwei wurden, überraschte auch die rund 100 in der Stadthalle anwesenden Bürger.

Der Oberbürgermeister, der mit dem Projekt intensiv befasste stellvertretende Fachbereichsleiter im Bauamt, Christian Engel, sowie der Moderator der drei Bürgerdialoge, Ralf Eggert (IFOK), erläuterten dem Gremium und den Besuchern noch einmal die Situation in der Stadt mit 69 Flüchtlingen, die Hockenheim 2018 noch unterbringen muss, mit 101 Obdachlosen und mit 103 wohnungssuchenden, finanziell schwachen Hockenheimer Bürgern.

Auch interessant
Sozialer Wohnraum in Hockenheim: Elf Standorte und viele Sorgen
Hockenheim: Ergebnisse zum "Bürgerdialog sozialer Wohnraum" einsehbar
Bürgerdialog "Sozialer Wohnraum" in Hockenheim: Asylnetzwerk hält Bürgerbegehren für Erpressung
Bürgerdialog in Hockenheim: Es sollen keine sozialen Brennpunkte entstehen
Sozialer Wohnraum in Hockenheim: Neun Standorte kommen für eine Bebauung in Frage

SPD-Fraktion hatte vier Standorte im Sinn

"Die erste Botschaft, die wir im Bürgerdialog transportieren wollten, war: Wir müssen etwas tun. Und die zweite Botschaft war: Wir müssen klären, wo etwas getan werden kann", so Gummer. Und dazu wurde ein Bürgerbeteiligungsprozess eingeläutet - für die Findung von geeigneten Standorten, für die Entwicklung von Bewertungskriterien, die eine objektive Beurteilung zuließen, und für die Erstellung von Ausschlusskriterien, welche Standorte nicht akzeptabel seien.

Bürger konnten auch Standorte zusätzlich zu den von der Stadt vorgeschlagenen Orten in den Prozess einbringen. Das machten die Hockenheimer auch: 15 weitere Standorte schlugen sie vor. Zehn davon wurden von der Verwaltung verworfen, da sie gemäß der eigenen Kriterien unzulässig waren, fünf wurden jedoch zusätzlich geprüft und in die Liste aufgenommen, sodass aus den neun Verwaltungsstandorten insgesamt 14 wurden. Letztlich waren nach einem knappen Jahr intensiver Diskussion mit den Bürgern diese 14 Standorte übrig geblieben, von denen allerdings drei als ungeeignet angesehen wurden, weil sie dem Hauptkriterium der Bürgerschaft widersprachen.

Extrem deutlich geworden war nämlich, dass eine gleichmäßige und faire Verteilung der Unterzubringenden in kleineren Wohneinheiten erfolgen sollte. Dezentral über Hockenheim verteilt, kleinteilig zur Vermeidung von sozialen Brennpunkten und gemischt aus den drei betroffenen Bevölkerungsgruppen, die dort untergebracht werden sollten - so waren die Wohneinheiten angedacht. Dem entsprachen die drei Standorte Obere Hauptstraße 50-52, Obere Hauptstraße 89-95 und Ottostraße nicht.

Blieben also elf Standorte. Fünf von ihnen galten als "bedingt geeignet" und kamen somit gar nicht in die Abstimmung des Gemeinderats. Nur noch über sechs verbliebene Standorte, die als "gut geeignet" galten, hatte der Gemeinderat dann in Einzelabstimmung zu befinden: Reiterplatz, Zähringer Straße, Eichendorffplatz, Birkenallee, Arndtstraße/ Freibadparkplatz und Stadtwerke/Hubäckering. Schnell wurde in den Stellungnahmen der Fraktionen klar, dass lediglich die beiden Standorte Stadtwerke/Hubäckerring und Reiterplatz eine Mehrheit finden würden. Lediglich die SPD-Fraktion hatte sich auf vier Standorte festgelegt.

Und obwohl der Oberbürgermeister bei den Einzelabstimmungen über die Standorte jeweils seine eigene Stimme mit in den Ring warf, reichte es am Ende nicht. Ein wahrer Exodus der Besucher in Richtung Stadthallen-Ausgang erfolgte schließlich, als der "Tagesordnungspunkt eins" abgearbeitet war.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.