Die Wollfabrik in Schwetzingen ist als Veranstaltungshaus in der ganzen Region bekannt. Nun sorgt ein privater Rechtsstreit um den Verkauf des Gebäudes für Wirbel. Foto: Lenhardt
Von Peter Wiest
Schwetzingen. Es geht um Geld - und zwar um sehr viel Geld. Und um eine Schwetzinger Institution, die Viele bisher als Segen für die Stadt und kulturelle Besonderheit betrachteten: die Alte Wollfabrik. Durch einen aktuellen Gerichtsprozess könnte dieses Bild nun in eine Schieflage geraten.
Der gute Ruf der Wollfabrik als Veranstaltungshaus dürfe auf keinen Fall Schaden nehmen und der Betrieb solle weiter gehen - zumindest darüber sind sich die zerstrittenen Parteien offenbar einig. Denn die Wollfabrik soll die Top-Adresse bleiben, als die sie in der Region bekannt ist. Zurzeit wird das Gebäude von seinem neuen Besitzer, Joachim Schulz, mit hohem Aufwand und erheblichen Investitionen renoviert und technisch auf den neuesten Stand gebracht.
Überschattet wird das Ganze von einem Streit zwischen Schulz und dem Schwetzinger Immobilienberater Orhan Ekici. Letzterer hat Schulz nämlich verklagt, nachdem dieser sich weigerte, eine Verkäufer-Provision in Höhe von 3,57 Prozent inklusive Mehrwertsteuer bezogen auf den Verkaufspreis zu bezahlen. Bei einem ersten Gerichtstermin prallten kürzlich die Meinungen aufeinander - ohne Aussicht auf eine Schlichtung oder eines gegenseitigen Entgegenkommens. Deshalb ist nun ein zweiter Prozesstag angesetzt, der aber erst im Dezember stattfinden soll.
Die Sache werde öffentlich vor der elften Zivilkammer des Mannheimer Landgerichts verhandelt, bestätigt Richter und stellvertretender Pressesprecher Jens Ruppert auf Anfrage. Bei dem Fall handle es sich um "einen Streit um eine Provision, dem die Klage eines Maklers gegen den Käufer der Wollfabrik zugrunde liegt". Der erste Termin zur Beweisaufnahme brachte keine Einigung. Für den nächsten Termin am 20. Dezember seien deshalb nun drei Zeugen geladen worden, erklärt Ruppert. Ob dann ein Urteil falle, sei noch nicht absehbar.
Nach RNZ-Informationen erwarb Joachim Schulz die Wollfabrik inklusive zweier benachbarter Häuser vom bisherigen Besitzer Harald Zimmermann und dessen Frau für einen Betrag in Höhe von mehr als 3 Millionen Euro inklusive Mehrwertsteuer. Protokolliert wurde der Verkauf im Dezember vergangenen Jahres in Berlin. Um eine entsprechend hohe Summe geht es bei dem Streit mit Orhan Ekici. Er fordert eine Provision von 3,57 Prozent ein, die Schulz an ihn zahlen müsse. Der neue Besitzer der Wollfabrik streitet das ab. Er sei keine derartige Verpflichtung eingegangen, sagt er.
Ekicis zufolge gab es allerdings eine solche Verpflichtung - und zwar von vornherein. Er gibt an, ein Exposé erstellt und dieses an Schulz übergeben zu haben. Außerdem habe er sich mit ihm zwecks Besichtigungen getroffen. "Joachim Schulz war vom ersten Tag an bekannt, dass er provisionspflichtig ist", erklärt der Immobilienberater gegenüber der RNZ. "Er wurde von mir wiederholt darauf hingewiesen, unter anderem auch durch E-Mails und Whatsapp-Nachrichten. Das ist nachweisbar."
Auch Ekicis Anwalt, Wolfgang Gössmann, sieht das so. "Es ist ein Maklervertrag zustande gekommen und mein Mandant hat nachgewiesen, dass der Käufer ein Exposé erhalten hat, in dem ganz klar die Pflicht zur Zahlung der Makler-Courtage zum Ausdruck gebracht wird", sagt er. Der Beklagte habe gewusst, dass er die Provision zahlen müsse. Dafür gebe es auch Zeugen. Damit meint Gössmann offenbar unter anderem den bisherigen Besitzer der Wollfabrik, Harald Zimmermann. Der wollte auf Nachfrage der RNZ keine Stellungnahme abgeben. "Das müssen die beiden Parteien miteinander regeln, die deswegen vor Gericht stehen", sagt Zimmermann lediglich. "Deshalb findet dieser Zivilprozess ja statt."
Joachim Schulz und dessen Anwälte sehen die Sache vollkommen anders als Orhan Ekici. Er habe mit Ekici gar keinen Vertrag abgeschlossen, erklärt Schulz gegenüber der RNZ: "Das war vielmehr der damalige Besitzer Harald Zimmermann." Deshalb sei er keineswegs verpflichtet, die Provision zu zahlen. "Zimmermann hat mir erklärt, er habe eine mündliche Vereinbarung mit dem Makler getroffen, wonach Dritte keine Gebühr bezahlen müssten", sagt Schulz.
Vereinbart gewesen sei lediglich eine Summe für diesen Zweck in Höhe von 25.000 Euro. "Und die war im Kaufpreis enthalten", so Schulz. Dem Gericht lägen Schreiben vor, die das beweisen. Er blickt deshalb zuversichtlich auf den nächsten Prozesstag im Dezember. Schulz ist sich sicher: "Meine Rechtsanwälte sind da vollkommen entspannt, ich habe schließlich alles richtig gemacht." Dass sich die Parteien in der Zwischenzeit außergerichtlich einigen, gilt als unwahrscheinlich. Joachim Schulz spricht mit Blick auf den Stellenwert der Wollfabrik und auf seine Ausbaupläne von einer "demotivierenden Angelegenheit".
Er habe sogar schon überlegt, die Wiedereröffnung des Hauses zu verschieben. Nachdem der Konflikt bekannt wurde, seien jedoch etliche Schwetzinger auf ihn zugekommen. "Die Leute haben mir gesagt, ich solle bloß weitermachen mit der Wollfabrik und mich nicht entmutigen lassen", schildert er. Auf unterschiedliche Resonanz traf jedoch Schulz’ Aussage, er habe die Wollfabrik "auch für die Stadt Schwetzingen gekauft". Das hatte er in der ersten Verhandlung vor dem Mannheimer Landgericht gesagt. "Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das Haus später von der öffentlichen Hand betrieben wird, wenn ich einmal nicht mehr da sein sollte", erläutert er.
Schwetzingens Oberbürgermeister René Pöltl habe ihm im Gespräch bestätigt, dass man durchaus "darüber nachdenken" könne, wenn sich diese Frage einmal stellen sollte. Allerdings müssten dies die entsprechenden politischen Gremien der Stadt entscheiden. Pöltl selbst wollte sich dazu auf RNZ-Nachfrage nicht äußern.