Region. (kaf/cab/oka) Erneut hat die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten der RNV zum Streik aufgerufen. Seit Mitternacht stehen Busse und Bahnen im Depot. So läuft der RNV-Streiktag in der Region:
> Mannheim
Schon von der Kurpfalzbrücke aus sind die Verdi-Flaggen zu sehen. Es nieselt und ist empfindlich kühl am Freitagmorgen. Doch weder das trübe Herbstwetter noch die Corona-Pandemie haben die Mitarbeiter des öffentlichen Diensts vom Streik abgehalten. In mehreren Demonstrationsgruppen sind sie von verschiedenen Richtungen zum Alten Messplatz gezogen, wo die große Kundgebung stattfindet.
Zur großen Kundgebung auf dem Alten Messplatz in Mannheim waren circa 1500 Beschäftigte des öffentlichen Diensts gekommen. Foto: GeroldEs ist eine breite Phalanx: Pflegekräfte aus dem Uniklinikum, Altenpfleger, städtische Mitarbeiter – unter anderem des Bauhofs, der Abfallwirtschaft, des Kulturamts oder der Kindertagesstätten – sowie Mitarbeiter der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) aus Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen und Edingen-Neckarhausen. Auch Mitarbeiter der Heidelberger Stadtverwaltung und des Stadttheaters sind gekommen. Mehr als 2000 Mitarbeiter des öffentlichen Diensts haben ihre Arbeit niedergelegt, etwa 1500 sind zum Alten Messplatz gekommen – alle tragen Maske, alle halten Abstand.
Zufrieden lässt Jürgen Lippl, der Geschäftsführer von Verdi Rhein-Neckar, von der Bühne aus seinen Blick über die Menge schweifen. "Die Rechnung der Arbeitgeber, dass wir in diesen Zeiten nicht mobilisieren können, ist nicht aufgegangen." Es sei zynisch, das Coronavirus als Grund für eine Nullrunde anzuführen oder gar darauf zu bauen, dass große Streikaktionen nicht stattfinden. "Dem öffentlichen Dienst ist es zu verdanken, dass unser Land gut durch die Krise gekommen ist. Ihr seid unverzichtbar." Dies müsse nun auch entsprechend entlohnt werden. Denn: "Von Applaus lassen sich keine Lebensmittel bezahlen und keine Miete." Man werde Nullrunden und Verschlechterungen bei der Gehaltseingruppierung nicht akzeptieren. "Wir sind in der Lage, einen Arbeitskampf zu führen, und zwar härter als die Arbeitgeber denken", ruft der Verdi-Geschäftsführer – und bekommt seinerseits viel Applaus.
Ralf Heller, der Betriebsratsvorsitzende der Mannheimer Universitätsmedizin, wirft den Arbeitgebern eine perfide Verhandlungsstrategie vor, die darauf abziele, dass bei steigenden Patientenzahlen in den Kliniken das Personal nicht mehr auf die Straße gehe. Dem werde man sich nicht beugen: Am kommenden Montag ist ein weiterer Streik am Klinikum angesetzt.
"Wir wollen ein Einkommen, mit dem wir auskommen können", fordert Hansi Weber, Verdi-Vertrauensfrau bei der Stadt Mannheim und Mitglied der Bundestarifkommission. Das wünscht sich auch eine Gruppe Frauen, die als pädagogische Fachkräfte an einer Mannheimer Ganztagsschule arbeiten. "Dabei geht es aber nicht nur ums Geld, sondern auch um eine bessere Eingruppierung", merkt eine von ihnen an. Dass es Teile der Bevölkerung gibt, die den Streik in der aktuellen Situation nicht nachvollziehen können, ist ihnen bewusst. "Wir sind doch von der Corona-Pandemie genauso betroffen, wie alle anderen. Ich würde auch lieber arbeiten, als zu streiken", sagt eine Frau. "Aber die Arbeitgeberseite hat eben kein Angebot gemacht."
Das soll ein paar Stunden später kommen: 3,5 Prozent mehr Gehalt in den nächsten drei Jahren. Es ist weit weniger, als die stellvertretende Verdi-Landesleiterin Hanna Binder bei ihrer Rede in Mannheim fordert: "Wir wollen 4,8 Prozent oder mindestens 150 Euro." Die Coronakrise zeige sehr deutlich, welche Berufe unentbehrlich sind, so Binder. "Der öffentliche Dienst muss attraktiver werden und dazu gehört eben auch eine dauerhaft bessere Bezahlung."
> Heidelberg
Gähnende Leere gab es am frühen Morgen am Bismarckplatz und an der Haltestelle vor dem Heidelberger Hauptbahnhof. Einsam steht eine Frau auf dem Bismarkplatz. Dort, wo sonst die OEG und die Straßenbahnlinie 23 Richtung Norden fahren. Offenbar hat sie noch nicht gelesen, was auf den elektronischen Hinweisschildern im Haltestellenbereich steht. "Streik am 16. Oktober. Kein rnv-Bahn- und Busbetrieb. Auch Mobilitätszentralen geschlossen." Da muss man doch mal eben Bescheid sagen. "Was? Streik? Ich hab mich schon gewundert, dass es hier so leer ist. Ich fahre ansonsten nur selten mit der Bahn und hatte das heute auch nur vor, weil mein Auto in der Werkstatt ist. Wie komm` ich denn jetzt nach Hirschberg?" so ihre Reaktion.
RNV-Streik am Freitag - Die FotogalerieDa bleibt wohl nur die Fahrt mit dem Taxi. Wie die Taxi-Zentrale auf Anfrage mitteilte, gab es im Stadtgebiet bis zum Nachmittag schon an die 800 Fahrten und damit fast doppelt so viele wie an einem normalen Freitag. Dagegen ging an der Backwaren-Verkaufsstelle am Bismarckplatz viel weniger über die Tresen als sonst. Es fehlten vor allem die Leute, die auf dem Weg zur Arbeit frühstücken!
"Können Sie mir sagen, wie es von hier ins Neuenheimer Feld geht?" Die Frau, die gerade mit der S-Bahn von Mosbach am Hauptbahnhof angekommen ist und nun registriert, dass kein Bus dorthin fährt, klingt ein bisschen verzweifelt. Es ist 7.30 Uhr, in einer Stunde hat sie einen Termin im Klinikum. "Von hier aus immer gerade aus, über den Neckar und dann links halten" erklärt ihr ein Mann und sie macht sich tatsächlich zu Fuß auf den Weg.
Drei junge Mädchen stehen indessen an der Haltestelle vor dem Bahnhof und überlegen, wie sie jetzt zur Schule beziehungsweise zur Arbeit kommen. "Das haben wir jetzt echt verpeilt", ist zu hören. Eine ältere Dame mit Rollenkoffer geht gemütlich hätte jetzt gern die Straßenbahnlinie 23 oder 24 Richtung Rohrbach genommen. Vom Streik im Nahverkehr hat sie nichts gewusst, Jetzt gibt`s nur zwei Möglichkeiten: "Entweder ich rufe meine Tochter an, damit sie mich abgeholt oder ich nehme ein Taxi." Sie erreicht die Tochter telefonisch. Alles klar.
Es gibt um die Uhrzeit wenige Menschen, die sich an die Haltestelle verirren. Die Nachricht vom Streik in Leuchtschrift fällt bei gerade weichender Dunkelheit einfach auf. Doch was ist mit dem älteren Herrn, der auf einer Bank gerade ein belegtes Brötchen verzehrt? "Ich hab schon mitbekommen, dass hier heute nichts geht, wollte mich nur zum Essen hinsetzen", sagt er.
Damit nochmals zurück in die Innenstadt, Haltestelle Seegarten. Ein Ehepaar aus Weststadt hätte mit der OEG gern einen Herbstausflug an die Bergstraße gemacht. "Wir haben schon seit ein paar Jahre die Karte ab 60 und sind damit viel unterwegs", ist zu erfahren. Und auch, dass sie zwar vom rnv-Streik gewusst, aber schlicht den Tag verwechselt haben. Als der Bus 735 nach Lampenhain naht, fragt er sie: "Wollen wir da einfach mal einsteigen?" Die Antwort: "Lieber nicht, wie weiß, wann wir da wieder zurück kommen!" Das Argument überzeugt. Dann doch lieber mit der S-Bahn die Pfalz!
> Eppelheim
Der RNV-Streik legt die Straßenbahnlinie 22 von Eppelheim nach Heidelberg lahm. "Na, super – dann kann ich bei dem Wetter jetzt mit dem Fahrrad nach Heidelberg fahren", ärgert sich die junge Frau, die am Freitagvormittag einen Arzttermin hat. Dass wegen die Straßenbahnlinie 22 wegen des angekündigten RNV-Streiks den ganzen Tag ausfallen würde, hat sie irgendwie nicht mitbekommen.
Genau wie eine andere potentielle Nahverkehrskundin, die an dem grauen, regnerischen Morgen um sieben Uhr aufgestanden ist, um in der Stadt was zu erledigen. Eine Passantin hat sie an der Haltestelle am Rathaus auf den Streik aufmerksam gemacht. "Eigentlich sollte hier mal eine elektronische Hinweistafel installiert werden, das wurde aber abgelehnt", so die verhinderte Bahnfahrerin. Sie geht jetzt erst mal wieder nach Hause, sich nochmals ins Bett legen will sie aber nicht mehr. Und wie sieht es kurz nach acht Uhr an der Endhaltestelle aus? Dort wartet die DB-Buslinie 713 auf Fahrgäste, die Richtung Schwetzingen wollen.
"Das nützt mir jetzt nichts, ich muss um 9 Uhr in Dossenheim sein", so ein Junge, dem noch auf dem auf dem Weg zur Haltestelle eingefallen ist, dass für Freitag der Streik im Nahverkehr angekündigt war. "Jetzt muss mich halt doch meine Mutter mit dem Auto hinfahren", sagt er und macht sich auf den Rückweg zum "Mama-Taxi". Tatsächlich stehen an der Endhaltestelle einige Leute, die zum Teil ungeduldig auf die Uhr schauen. Hat die Straßenbahn mal wieder Verspätung?
"Ich sehe` grade, die fährt heute gar nicht", murmelt eine Frau mit Blick auf ihr Smartphone und sagt den andern Bescheid. Damit nochmals zurück zur Haltestelle am Rathaus: Dort hat ein Mann eine gute halbe Stunde ausgeharrt. Aber wohl nur, weil er kaum Deutsch spricht und mit dem Wort "Streik", mit dem eine Passantin den Fahrausfall erklärt hatte, nichts anfangen konnte. Ein älterer Herr, unterwegs zum Bäcker, erklärt, dass er zurzeit weder Bus noch Bahn fahre, weil ihm das Infektionsrisiko zu groß sei.
"Unter dem Mund- Nasenschutz bekomme ich außerdem ganz schlecht Luft und die Brille läuft mir auch dauernd an", erklärt er. Vom Streik im Nahverkehr hat er gelesen. "Dass die ausgerechnet jetzt streiken, kann ich nicht verstehen. Wo doch so viele Menschen Angst haben, dass sie wegen der Corona-Krise ihren Arbeitsplatz zu verlieren." Da sei er froh, schon seit sieben Jahren Rentner zu sein.
> Weinheim
Auf den öffentlichen Nahverkehr an den Weinheimer Knotenpunkten hat der Streik indes kaum Auswirkungen. Die Haltestellen der RNV-Bahnlinie 5 sind verwaist. Die S-Bahnen verkehren in der Frühe am Hauptbahnhof planmäßig. Die Busverkehre in Weinheim werden von anderen Unternehmen und Subunternehmen des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN) bedient. Diese fahren regulär. Daher gibt es auch hier keine Probleme. Auf der B3 rollt der Berufsverkehr alltäglich langsam, jedoch ist auch hier nicht mehr los als an anderen Tagen.
> RNV und Verdi
Auch die RNV spricht von einem eher ruhigen Verlauf des Streiks. "Natürlich ärgern sich die Leute, es tut uns auch leid", sagte ein RNV-Sprecher. Man habe die Öffentlichkeit aber sofort nach Bekanntwerden des Streiks informiert, der Streik werde an allen Haltestellen mit dynamischen Fahrgastinfos angezeigt. Auch über die RNV-App sei die Information vebreitet worden. "Wir hoffen, dass alle Fahrgäste es irgendwo gelesen oder gehört haben."
Verdi hatte im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes in der Rhein-Neckar-Region zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Zu dem Streik aufgerufen waren nicht nur Beschäftigte der RNV, sondern auch Beschäftigte der Stadt Mannheim inklusive der Erzieherinnen und Erzieher und anderen kommunalen Einrichtungen.
Bei der Kundgebung am Morgen in Mannheim sei die Stimmung kämpferisch, der Alte Messplatz ziemlich voll gewesen, berichtet eine Verdi-Sprecherin. "Wir sind mit der Streikbereitschaft zufrieden." Laut der Sprecherin war die ganze Bandbreite des Öffentlichen Dienstes vertreten.
Die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund dbb fordern für die bundesweit 2,3 Millionen Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen 4,8 Prozent mehr Geld, mindestens aber 150 Euro. Mitte September war die zweite Verhandlungsrunde ohne Ergebnis geblieben.
Update: Freitag, 16. Oktober 2020, 18.15 Uhr
Ohne Bus und Bahn geht es auch mal - Betroffene fürchten Auswirkungen nicht
Von Carsten Blaue
Mannheim/Heidelberg. Die Verhandlungen stagnieren. Es geht nicht voran. Nach Ansicht von Jürgen Lippl, dem Geschäftsführer im Bezirk Rhein-Neckar der Gewerkschaft Verdi, gilt das für die Tarifrunden im öffentlichen Dienst genauso wie für den Haustarifvertrag der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV). Also streiken die Beschäftigten des Verkehrsunternehmens an diesem Freitag wieder. Berufstätige und Schüler, die gewöhnlich Bus und Bahn nehmen, könnten Probleme bekommen und sich möglicherweise verspäten. Doch die Kunden nehmen es gelassen und haben sogar Verständnis. Auch eine Nachfrage in zwei großen Unternehmen der Region und beim Geschäftsführenden Schulleiter der Heidelberger Gymnasien zeigt, dass sie keine großen Auswirkungen durch den Streiktag erwarten.
Lippl vermutet dennoch, dass der Streik nicht bei allen ausgebremsten Fahrgästen auf Wohlwollen stoßen wird. Das ist zumindest seine Erfahrung nach dem ersten Streiktag am 29. September. Da gab es schon auch Kritik. "Wir treffen auch immer Bürger bei einem Streik im öffentlichen Dienst", sagt der Gewerkschafter. Auch wenn man die Arbeitsniederlegung frühzeitig ankündige. Gebe es Unmut, dann müsse man den aber auch gegenüber den Arbeitgebern äußern, findet er. "Denn es sitzen ja immer zwei Beteiligte am Verhandlungstisch." Würde man nichts machen, sei man dem Diktat der Arbeitgeber unterworfen: "Und etwas Besseres als ein Streik wurde noch nicht erfunden." Ein Selbstzweck sei das jedenfalls nicht, sagt Lippl.
Er erklärt die Situation bei der RNV. Diese habe einen Haustarifvertrag etwa für Arbeitszeit, Urlaub, Zulagen oder allgemeine Arbeitsbedingungen. Über einen Anwendungstarifvertrag ist das Verkehrsunternehmen bezüglich der Entgelte aber auch an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes gebunden. Hier wie da gehe es in den Gesprächen nicht voran, so Lippl. Die Arbeitgeber würden den Beschäftigten am liebsten Nullrunden beim Lohn verordnen, sagt er. Für ihn de facto eine Verschlechterung des Einkommens. "Das ist eine Missachtung der Arbeitsleistung". Er denkt an die Bus- und Bahnfahrer, die in Corona-Zeiten den Verkehr aufrecht erhalten hätten, während andere im Homeoffice saßen. Dafür gab es zwar Anerkennung: "Aber vom Applaus können die Fahrer nicht leben und einkaufen." Das gilt auch für andere Berufszweige.
So verlangt die Arbeitnehmerseite 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro. In Sachen RNV fordert die Verdi-Tarifkommission des Nahverkehrsunternehmens unter anderem eine Sondertariferhöhung von 100 Euro für Auszubildende und für diese eine kostenlose Nahverkehrsnutzung, wo es sie noch nicht gibt. Außerdem soll Fahrern die Zeit vergütet werden, die sie nach Dienstschluss für den Heimweg brauchen. Je nach dem, wo sie ihr Fahrzeug abstellen oder übergeben, kann der lang sein. "Und bisher war das dann ihr Privatvergnügen", so Lippl.
Weitere Forderungen sind unter anderen zusätzliche Entlastungstage, 100 Prozent Urlaubsgeld, die Anrechnung der Ausbildungszeit auf die Betriebszugehörigkeit und eine gerechtere Vergütung der Überstunden. In der Verwaltung der RNV, so Lippl, sei jede Minute mehr schon Überzeit. Bei den Fahrern beginne diese erst ab der 16. Minute.
Das alles steckt also hinter dem Streik, auf den Sprecher der Firmen BASF und Freudenberg ohne Aufregung reagieren, sollte der eine oder die andere Mitarbeitende etwas später zur Arbeit kommen. Auf RNZ-Anfrage heißt es aus dem Weinheimer Familienunternehmen: "Alle unsere Führungskräfte stehen in enger Abstimmung mit ihren Mitarbeitern, sodass auf mögliche Probleme wegen des Streiks Rücksicht genommen wird." Zudem würden sich "im administrativen Bereich" noch viele Mitarbeiter weiterhin in ihren Homeoffices befinden.
Zwar hatte eine Kölner Arbeitsrechtlerin kürzlich darauf hingewiesen, dass ein angekündigter Streik im Nahverkehr keine Entschuldigung für Verspätungen am Arbeitsplatz ist. Dennoch will man bei Freudenberg Milde walten lassen: "Sollte es zu Verspätungen kommen, haben unsere Führungskräfte Verständnis dafür", so der Sprecher. Sein Kollege beim Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen teilt mit: "Gerade bei kontinuierlich durchlaufenden Produktionsprozessen ist es immanent wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pünktlich zu ihrem jeweiligen Schichtwechsel erscheinen." Sollte es dennoch zu einzelnen Verspätungen kommen, könnten die Beschäftigten die ausfallende Arbeitszeit mit eigenem Zeitguthaben überbrücken.
Viele würden sich bei BASF zudem in flexiblen Arbeitszeitsystemen bewegen "und können somit auch eine eventuell spätere Arbeitsaufnahme durch den Streik im öffentlichen Nahverkehr über diese Systeme abdecken". Indem sie entweder entsprechend später aufhören zu arbeiten oder auch die eigenen Zeitguthaben einsetzen.
"Es ist schon höhere Gewalt": Auch der Geschäftsführende Schulleiter der Heidelberger Gymnasien, Volker Nürk, ist entspannt. Der Direktor des Bunsen-Gymnasiums sagt, sollten ein paar Schüler wegen des Streiks zu spät kommen, sei das kein Problem: "Wir kennen dann ja die Gründe." Überhaupt falle der Streik für die Schulen gar nicht so groß ins Gewicht. "Die Allermeisten kommen mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Zumindest die Schüler aus dem Stadtgebiet." Für Nürk hat es mit den Gegebenheiten der Corona-Krise zu tun, dass inzwischen so viele Kinder und Jugendliche das Rad nehmen. "Unsere Fahrradständer quellen jedenfalls über wie noch nie zuvor", sagt er. Außer vielleicht vom Boxberg her, der ja "doch ein Stück weg" sei, so Nürk, dürften Schulkinder an diesem Freitag also kaum Probleme mit dem Schulweg bekommen.
"Ich kann mich auch darauf einstellen", sagt eine junge Frau aus Ziegelhausen am Donnerstagmittag auf dem Heidelberger Bismarckplatz. Sie ist auf dem Weg zur Arbeit nach Mannheim. "Und ich habe Verständnis für den Streik", ruft sie noch und steigt in den Bus. Gegenüber an der Bahnhaltestelle in Richtung Hauptbahnhof sitzt ein 56-Jähriger aus dem Pfaffengrund auf seinem Rollator, sein Hund liegt vor ihm: "Wenn man sich überlegt, was die Leute in den Bussen und Bahnen leisten, ist das schon in Ordnung." Sicher sei der Streik für viele Fahrgäste ganz blöd. "Aber nicht für mich."
An der Haltestelle der Bus-Linie 35 zum Bildungszentrum in Neckargemünd steht ein 27-Jähriger aus Frankenthal. Er ist Auszubildender am BIZ. "Es wird schon ein bisschen schwerer für mich, nach Neckargemünd zu kommen." Ebenso wie die Frau aus Ziegelhausen will er die S-Bahn nehmen. Die fährt in der Rhein-Neckar-Region nämlich auch an diesem Freitag planmäßig.
Update: Donnerstag, 15. Oktober 2020, 19.11 Uhr
Region/Mannheim. (pm/kaf) Die Gewerkschaft Verdi hat erneut auch die Beschäftigten der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH für Freitag, 16. Oktober, zum Warnstreik aufgerufen.
Am Freitag, 16. Oktober, wird von Betriebsbeginn um 3 Uhr bis zum Betriebsende in der Nacht auf Samstag, 17. Oktober, sowohl der Straßen- und Stadtbahnverkehr als auch der Busverkehr der RNV komplett stillstehen. Das teilt die RNV mit.
Verwaltung und Werkstätten der RNV werden ebenfalls bestreikt. Auch die Mobilitätszentralen in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg bleiben streikbedingt am Freitag geschlossen. Die RNV bittet ihre Fahrgäste daher, sich auf einen Tag ohne ÖPNV-Dienstleistung durch die RNV einzustellen. Auch Schülerverkehr, welchen die RNV im städtischen Auftrag erbringt, sind hiervon betroffen. Ab Samstag, 17. Oktober, 3 Uhr, wird der Bus- und Bahnverkehr voraussichtlich wieder regulär laufen.
Das Unternehmen weist zudem darauf hin, dass die Fahrtausfälle sowohl in digitalen Fahrplanauskünften als auch in den Aushängen an den Haltestellen in der Kürze der Zeit nicht dargestellt werden können. Grundsätzlich wird das Unternehmen am Streiktag nur sehr eingeschränkt erreichbar sein.
Auch am Universitätsklinikum Mannheim wird gestreikt. Hier hat die Gewerkschaft Verdi am Freitag und Montag, 16. und 19. Oktober, zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Eine Notdienstvereinbarung soll die Notfallversorgung und die Behandlung bereits aufgenommener Patienten sicherstellen, teilte die Uniklinik am heutigen Mittwoch mit.
Die Notdienstvereinbarung zwischen Klinik und Verdi beruhe auf dem einvernehmlichen Grundsatz, dass streikbedingte Einschränkungen die Patienten nicht gefährden dürfen. So können trotz des Warnstreiks dringende Operationen ohne Beeinträchtigung stattfinden, auch Geburten und Dialysebehandlungen seien unverändert möglich. Komplett ausgenommen von den Streikmaßnahmen seien außerdem die Isolierstationen für Corona-Patienten sowie der Coronavirus Diagnose-Stützpunkt.
Obwohl die Notdienstvereinbarung auch die medizinische Versorgung der Patienten auf den Stationen sicherstellt, sollten Patienten und Angehörige berücksichtigen, dass es an den beiden Streiktagen zu Beeinträchtigungen im Krankenhausbetrieb kommen wird. Wenn Untersuchungs- oder Behandlungstermine wegen des Streiks nicht eingehalten werden können, werden die Patienten von den einzelnen Kliniken so frühzeitig wie möglich darüber informiert.
Zu dem Warnstreik aufgerufen sind ausschließlich Mitarbeiter, die nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Der Aufruf richtet sich daher in erster Linie an Pflegekräfte, den Medizinisch-Technischen Dienst sowie Mitarbeiter in Verwaltung und Technik.
Darüberhinaus kommt es am Freitag auch zu einem ganztägigen Warnstreik in Altenpflegeheimen der "Altenpflegeheime Mannheim GmbH". Auch hier gibt es eine Notdienstvereinbarung, um die Versorgung Bewohner sicherzustellen, teilte ein Sprecher der Stadt Mannheim mit.
Betroffen sind das Richard-Böttger-Heim auf dem Lindenhof, das Pauline-Maier-Haus in der Oststadt, das Ida-Scipio-Heim in der Neckarstadt und das Seniorenzentrum Waldhof. Trotz des eintägigen Ausstands sei die pflegerische Versorgung der rund 450 Bewohner sichergestellt, auch die Tagespflegeangebote könnten stattfinden, hieß es. Im Ambulanten Pflegedienst würden am Freitag alle Klienten wie gewohnt zu Hause versorgt.
Durch den Warnstreik kommt es auch zu erheblichen Einschränkungen des Dienstbetriebs bei der Stadt Mannheim. Es sei sogar mit Schließungen von Bereichen zu rechnen, teilte ein Stadtsprecher mit: So bleiben alle städtischen Kinder-Tageseinrichtungen am Freitag geschlossen und auch bei den Betreuungsangeboten des Fachbereichs Bildung wird es Einschränkungen geben. Es besteht kein Notdienst.
Update: Mittwoch, 14. Oktober 2020, 13 Uhr