„Echte Polizisten“ sind unter anderem an ihrer Dienstmarke zu erkennen. Foto: dpa
Von Peter Wiest
Heidelberg/Leimen. "Mir ging es schon mal besser", seufzt die ältere Frau im Zeugenstand des Heidelberger Landgerichts. Was der Leimenerin Ende Februar widerfahren ist, hat deutliche Spuren hinterlassen. Die Seniorin leidet bis heute unter Schlaflosigkeit, hat immer wieder Zitter-Attacken – und kann vor allem immer noch immer nicht fassen, dass sie ein Trickbetrüger um 67.000 Euro Bargeld, zwei Schatullen mit wertvollem Familienschmuck sowie zwei Goldbarren und diverse wertvolle Münzen erleichtert hat.
Das alles geschah auf eine Art, wie sie hinterhältiger kaum hätte sein können. "Es war ein unglaublicher Schock, von dem ich mich noch nicht richtig erholt habe", sagt die 83-Jährige. "Mein ganzes Vermögen ist weg". Bereits Wochen zuvor hatte sie Anrufe von einem gewissen "Martin Schmerz" erhalten, wie sich der Mann am Telefon nannte. Er gab sich als Polizist aus und behauptete, seine Kollegen hätten in Leimen drei Einbrecher dingfest gemacht. Einer von ihnen habe einen Zettel mit Namen und Adresse der Frau in der Tasche gehabt habe. Deshalb sei es ratsam, so der angebliche Ermittler, dass sie schnurstracks zur Bank gehe, dort alle Wertgegenstände aus ihrem Schließfach räume und diese mit nach Hause nehme, damit sie die Beamten dort abholen und sicher deponieren könnten.
So geschah es denn auch am 27. Februar, als plötzlich "eine junge Frau, die gebrochen Deutsch sprach", vor ihrer Tür gestanden habe, berichtet das Opfer. "Aber meine Tasche gebe ich nicht aus der Hand", sagte die Leimenerin zunächst der Unbekannten. Dann jedoch sei sie telefonieren gegangen, und habe bei der Rückkehr drei Minuten später festgestellt, dass die Besucherin mitsamt der Tasche und all den Wertgegenständen darin verschwunden war.
Die "Kurierin" Maria P., eine 27-jährige Griechin, die zuletzt in Künzelsau lebte, muss sich jetzt als Angeklagte vor der Ersten Schwurkammer des Landgerichts verantworten – zusammen mit dem türkischstämmigen Adem D. (25), der vor seiner seiner Festnahme in Lampertheim wohnte. Laut Staatsanwältin Kristina Tischner sollen beide – unabhängig voneinander – ältere und teilweise hilflose Menschen im Verbund mit zumeist noch unbekannten Komplizen aus dem Ausland durch den "Falschen-Polizisten-Trick" um große Teile ihres Vermögens gebracht haben.
Adem D. wird vorgeworfen, für eine Gruppe noch nicht ermittelter Mittäter aus der Türkei als "Logistiker" tätig gewesen zu sein und die Abholung, den Transport und die Weitergabe der Beute an entsprechende Mittelsmänner ausgeführt zu haben – gegen eine finanzielle Beteiligung. Dies wird ihm in mindestens drei Fällen zur Last gelegt, wobei er zweimal eine Tasche mit Bargeld in Mannheim abgeholt und die geraubte Tasche der 83-jährigen Leimenerin weitergegeben haben soll. Maria P. soll auf Anweisung eines ebenfalls noch unbekannten Haupttäters mit einem aus Schwäbisch Hall eigens mit einem Taxi angefahrenen Mittelsmann in Leimen die Wertsachen in der Tasche an sich genommen haben und danach mit dem Fahrer nach Lampertheim zu Adem D. geflohen sein.
Die Verteidiger der Angeklagten stimmen einem Vorschlag des Vorsitzenden Richters Markus Krummer für ein beschleunigtes Verfahren zu. Adem D. hat sich nach Angaben seiner Anwälte zudem bereit erklärt, Kontaktpersonen und Hintermänner zu benennen. Allerdings sei er mit diesen immer nur über Snapchat im Internet oder telefonisch in Kontakt gewesen. Ihm droht nach der Absprache zwischen Gericht, Anwälten und Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe zwischen mindestens drei Jahren und zehn Monaten und höchstens vier Jahren und zehn Monaten. Maria P. muss ihrerseits mit einer Gefängnisstrafe zwischen zwei Jahren und maximal zwei Jahren und acht Monaten rechnen.