Cybermobbing kann ganz harmlos beginnen und schließlich sogar zu Suizidgedanken des Opfers führen. Symbolbild: Kreutzer
Von Sabine Hebbelmann
Rhein-Neckar. "Uffbasse" heißt eine Vortrags- und Diskussionsreihe des gleichnamigen regionalen Präventionsnetzwerkes, das über aktuelle Herausforderungen wie Cybermobbing und Mediensucht aufklärt. Passend zum Titel war gleich zu Beginn der Auftaktveranstaltung die Mitarbeit der Teilnehmenden bei einem Quiz gefragt. "Wie sehr sind Jugendliche mit Mobbing und Hass im Internet konfrontiert?", fragte Günther Bubenitschek, der als Landespräventionsbeauftragter des Vereins Weißer Ring zusammen mit Anja Kegler vom Mediennetzwerk Rhein-Neckar/Heidelberg in den Themenkomplex einführte. Auf der digitalen Schulbank saßen unter anderem Pädagogen, die mit diesen Themen in ihrem Arbeitsalltag zunehmend konfrontiert sind.
Laut einer aktuellen Studie des Vereins "Bündnis gegen Cybermobbing" ist fast jeder fünfte Schüler betroffen, ein Anstieg von 36 Prozent seit der Vorgängerstudie von 2017. Fernunterricht und Kontaktbeschränkungen haben demnach dazu beigetragen, dass Jugendliche zunehmend isoliert und unzufrieden sind und im Internet nach Kompensation und Bindung suchen. Das mache sie besonders verletzlich und anfällig.
Beim Mobbing handelt es sich nicht um einen Konflikt, sondern um einen Prozess innerhalb einer Gruppe, erläuterte Anja Kegler. Durch die hohe Mediennutzung habe sich das Phänomen teilweise ins Netz verlagert. Der Täter testet durch kleinere Provokationen aus, mit wem er es machen kann. Wiederholtes Schikanieren dient dann dazu, den eigenen Status innerhalb der Gruppe zu erhöhen. Dabei wandeln sich die Wertvorstellungen und die Gruppe meint, das Opfer habe die menschenunwürdige Behandlung verdient.
Kegler charakterisiert die verschiedenen Rollen: Assistenten, die auch stellvertretend für den Täter agieren können, Unterstützer, die mitmachen, Zuschauer, die nicht in der Lage sind, einzugreifen und andere, die aus Angst, selbst zur Zielscheibe zu werden, gezielt wegschauen. Die Betroffenen fühlen sich der Situation ausgeliefert, auch weil sie sich zu sehr schämen, um sich anderen anzuvertrauen. "Du Opfer" ist unter Jugendlichen ein Schimpfwort. So leiden diese still, oft mit gravierenden Folgen wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, sozialer Rückzug, Leistungsabfall und Suizidgedanken.
Doch wie kann man das Mobbing durchbrechen? "Eine Ansage allein reicht nicht", betonte Kegler und empfahl, genau hinzuschauen, wer welche Rolle einnimmt und wie die Akteure auch emotional erreicht werden können, um dann die Angelegenheit gemeinsam aufzuarbeiten. Grundsätzlich gelte es, die konzeptuellen Voraussetzungen für ein gutes Schulklima zu schaffen und sich wertemäßig deutlich zu positionieren.
Es gehe nicht darum, junge Menschen zu kriminalisieren, ergänzte Bubenitschek. "Aber die Dinge müssten benannt werden. "Es muss klar sein, dass sich das Strafrecht an unserer Werteordnung orientiert und bestehendes Recht zur Anwendung kommen kann." Das gelte nicht nur bei Beleidigung und Verleumdung, sondern auch, wenn beispielsweise Aufnahmen im Netz verbreitet werden, die das Recht am eigenen Bild oder die Privatsphäre verletzen. "Auch Cybermobbing kann Schmerzen verursachen."
Wichtig sei, dass Betroffenen geglaubt werde, denn die hätten oft eine lange Leidensgeschichte hinter sich, bevor sie sich offenbaren. "Letztlich entscheiden sie, wie schlimm eine Handlung für sie ist, denn: Spaß ist es nur, wenn alle lachen können." Wichtig sei, dass für Schulen klar ist, wer ihre Ansprechpartner sind. Denn im konkreten Fall sei schnelles Handeln gefragt. Für professionelle Unterstützung empfahl Bubenitschek das regionale Netzwerk ‚Uffbasse‘, in dem sich die Präventionsvereine Kommunale Kriminalprävention Rhein-Neckar und Sicheres Heidelberg, der Weiße Ring, die Pädagogische Hochschule Heidelberg, das Medienzentrum Heidelberg und das Polizeipräsidium Mannheim – Referat Prävention zusammengetan haben. Zum Beispiel bietet die polizeiliche Prävention mit ‚Zivilcourage im Netz‘ einen interaktiven Vortrag für Schüler ab Klasse 9 an.
Info: Weitere Vorträge, Workshops und Informationen zur Nutzung digitaler Medien finden sich für die Rhein-Neckar-Region unter www.digital-bildung-praevention.de.