Wolfgang Wernsdorfer erhält den Wissenschaftspreis der Hector-Stiftung
Forschung zu Nanomagneten und elektronischen Schaltkreisen

Heidelberg/Weinheim. (keke/zg) Professor Dr. Wolfgang Wernsdorfer erhält in diesem Jahr den mit 150.000 Euro dotierten Wissenschaftspreis der Hector-Stiftung. Die Jury würdigt damit die herausragenden Leistungen des 53-jährigen Physikers bei der Entwicklung von Quantencomputern. Mit seiner Grundlagenforschung zu Nanomagneten und elektronischen Schaltkreisen gilt er als Pionier dieser Zukunftstechnologie, die eines Tages die Rechenleistung von heutigen Computern weit übertreffen soll. Gerade im Bereich der Künstlichen Intelligenz, bei komplexen Simulationsmodellen und bei der Verschlüsselung von Daten, aber zum Beispiel auch in der Medizin setzen Wissenschaft und Wirtschaft große Hoffnungen auf Quantencomputer, heißt es in einer Pressemitteilung der Hector-Stiftung.
Während klassische Computer mit Bits arbeiten, die entweder den Wert null oder eins annehmen, nutzen Quantencomputer als kleinste Recheneinheit sogenannte Qubits, bei denen es auch Werte zwischen null und eins gibt. Die Folge: Die Qubits können viele Rechenschritte parallel ausführen und sind dadurch um ein Vielfaches schneller. Wolfgang Wernsdorfer entdeckte bei speziellen Molekülen (kleinste, aus verschiedenen Atomen bestehende Einheit einer chemischen Verbindung) magnetische Eigenschaften, die sich für den Einsatz in Quantencomputern eignen.
Wernsdorfer entwickelte schon während seiner Doktorarbeit in den 1990er-Jahren ein Gerät, mit dem er die magnetischen Eigenschaften dieser Nanomagnete um ein Vielfaches genauer messen konnte als mit jedem kommerziellen Magnetometer. Später gelang es ihm, die ersten molekularen Schaltkreise herzustellen, um das System zu stabilisieren. Qubits sind extrem empfindlich. Deshalb müssen sie auf eine Temperatur nahe am absoluten Nullpunkt (minus 273,15 Grad) heruntergekühlt werden. Trotzdem kann schon ein einziges Atom die Qubits aus dem Takt bringen.
Bemerkenswert ist auch der Lebenslauf von Wolfgang Wernsdorfer, der mit sechs Geschwistern aufwuchs. Sein Vater war Goldschmied. Deshalb war eine Handwerkerlaufbahn eigentlich vorgezeichnet. Als 15-Jähriger schloss Wernsdorfer die Hauptschule ab und machte eine Lehre als Elektriker. Später holte er aber doch das Abitur nach und studierte in Würzburg Physik.
Nach sechs Semestern erhielt er ein Stipendium in Frankreich. Er promovierte und habilitierte in Grenoble und wurde dort 2004 Forschungsdirektor. Seit 2016 hat der 53-jährige Vater von vier Kindern eine Humboldt-Professur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) inne. Für seine bahnbrechenden Forschungen wurde Wernsdorfer mit einer Fülle von Auszeichnungen bedacht. Unter anderem erhielt er 2019 den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis, den wichtigsten Forschungsförderpreis in Deutschland.
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Bei der festlichen Preisverleihung des Hector-Wissenschaftspreises im Hotel Europäischer Hof in Heidelberg würdigte Professor Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, die herausragenden Forschungsarbeiten des Preisträgers. Die Tragweite der Arbeit von Wolfgang Wernsdorfer veranschaulichte Meyer-Lindenberg mit einem Zitat von Friedrich Dürrenmatt: "Der Inhalt der Physik geht die Physiker an, die Auswirkung alle Menschen."
Stiftungs-Vorstand Uwe Bleich (Weinheim) hieß Wernsdorfer als 25. Wissenschaftler im Kreis der "Hector Fellows" willkommen. Ziel der Stiftung sei es, den interdisziplinären Austausch zu fördern, aber auch – mit der 2013 gegründeten "Hector Fellow Academy" – Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit zu bieten, eigene Projekte als Doktorand zu bearbeiten.
Die fast vollzählig erschienenen Fellows hatten an diesem Abend für den Weinheimer Ehrenbürger und Stifter Dr. h.c. Hans-Werner Hector noch eine besondere Überraschung vorbereitet: Als nachträgliches Geschenk zu dessen am 17. Januar gefeierten 80. Geburtstag hatten sie gemeinsam eine Festschrift gestaltet. Im Namen aller Fellows überreichte Professor Dr. Martin Wegener dieses Unikat an Hans-Werner Hector.



