Noch führt der Rhein nicht so wenig Wasser, dass Sandbänke bei Speyer trocken liegen. Allerdings ist der Pegel seit dem 6. August um gut einen Meter gesunken – Tendenz weiter fallend. Foto: Anspach
Von Carsten Blaue und Harald Berlinghof
Mannheim/Ludwigshafen.Seit 6. August sinkt der Rheinpegel nach Angaben der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) kontinuierlich. Wurden an diesem Tag in Mannheim noch 348 Zentimeter gemessen, waren es am Dienstagnachmittag noch 240 Zentimeter. Das weckt böse Erinnerungen an das Jahr 2018, als die Binnenschifffahrt fast zum Erliegen kam und der Chemieriese BASF in Ludwigshafen seine Produktion einschränken musste – auch weil es an Kühlwasser aus dem Fluss fehlte. Das Unternehmen hat gehandelt und sieht sich heute gewappnet für ähnlich kritische Bedingungen. Auch im Mannheimer Hafen ist man noch nicht besorgt.
"Wir sehen noch keine katastrophale Entwicklung", sagt Hafendirektor Roland Hörner am Dienstag auf Anfrage der RNZ. Der Rhein sei noch gut gefüllt. Stimmt. Von den extrem niedrigen Pegeln von 2018 und 2003, als in Mannheim 98 Zentimeter beziehungsweise 92 Zentimeter gemessen wurden, ist man noch weit entfernt. Aber auch Hörner weiß: "Es kann alles passieren, wenn es so trocken bleibt." Noch habe man aber etwa "einen Meter Platz", bevor es Grund zur Sorge gebe.
Das Containergeschäft sei im ersten Halbjahr mit etwa 20 Prozent rückläufig gewesen. Dafür verzeichne man gute Entwicklungen beim Umschlag von Dünger, Baustoffen, Kohle und Stahl. Bis Ende Juni hätten 3300 Schiffe den Hafen angesteuert, etwa 18,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Aber dafür sind die ersten Flusskreuzfahrtschiffe nach der Corona-Zwangspause wieder da. "Gerade liegt wieder einer hier vor der Tür", sagt Hörner. Insgesamt 19 hätten im Mannheimer Hafen im Juli festgemacht. Sonst seien es "Hundert plus x", so der Hafenchef. "Da bin ich gespannt, wie es weitergeht."
Sinkende Pegel sorgen für wärmeres Wasser im Rhein. Auch das stellte Teile der Produktion in der BASF im Jahr 2018 vor Probleme, weil das Flusswasser nicht direkt für die Kühlung verwendet werden konnte und die Kapazitäten zum Absenken der Temperatur nicht ausreichten. Seit Anfang Juni soll so etwas nicht mehr passieren.
Gewappnet für Niedrigwasser-Szenarien wie 2018: Die neue Rückkühlanlage der BASF. Foto: FirmenbildNach 16 Monaten Bauzeit hat das Chemieunternehmen die neue "Schwerpunkt-Rückkühlanlage F 800" in Betrieb genommen. Diese fördert 20.000 Kubikmeter betrieblich genutztes und nicht behandlungsbedürftiges Abwasser in der Stunde, das auf sechs jeweils 21 Meter hohe Kühlzellen gepumpt wird. Darin wird das Wasser verrieselt und durch Verdunstungskühlung im Luftstrom von Ventilatoren um neun Grad Celsius heruntergekühlt. Danach wird das Wasser zur erneuten Nutzung in das Kühlwassernetz eingespeist.
Die neue Rückkühlanlage ist die sechste ihrer Art am Standort. Laut Unternehmensangaben steigt die Kühlwasserkapazität damit um 165 Megawatt. Der Kühlwasserbedarf der BASF liegt jährlich bei 1,88 Millionen Kubikmetern. Pro Stunde dürfen die drei Wasserwerke der BASF dem Rhein maximal 225.000 Kubikmeter Wasser entnehmen. Die Rückkühlwerke ermöglichen es der Firma, das Rheinwasser gleich mehrmals zu verwenden, bis es zurück in den Fluss geleitet wird. Außerdem hat die BASF die Steuerung ihres Kühlwassernetzes verbessert. Das alles sind Konsequenzen aus dem Jahr 2018. Sie würden es ermöglichen, ein Wetterszenario wie seinerzeit zu beherrschen, wie eine Unternehmenssprecherin am Dienstag gegenüber der RNZ sagt.
Ein weiterer Grund für die Beeinträchtigung der Produktion war damals der eingeschränkte Waren- und Gütertransport auf dem Wasserweg. Die BASF musste auf Straße und Schiene ausweichen. Das war teuer. Außerdem waren die Transportmengen eingeschränkt.
Um besser vorbereitet zu sein, wurde mit neuen Instrumenten auch die Pegelvorhersage verbessert. Bis zu sechs Wochen im Voraus kann man die wahrscheinliche Entwicklung jetzt errechnen.
Klimaexperten waren sich schon beim Hochwasserforum der Metropolregion im vergangenen Dezember sicher, dass Jahre mit niedrigen Wasserpegeln wie 2018, als es nur ein Fünftel des "normalen" Niederschlags gab, ab dem Jahr 2050 häufiger werden. Das hätten Hochrechnungen bis zum Jahr 2100 ergeben.