Getippt statt gesprochen: Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck antwortete den Ludwigshafenern über WhatsApp auf ihrem Dienst-iPad. Foto: Stadt Ludwigshafen
Von Alexander Albrecht
Ludwigshafen/Heidelberg. Bing, bing, bing: Als Jutta Steinruck am Mittwochnachmittag ihr dienstliches iPad aufklappte, waren schon einige Nachrichten auf WhatsApp eingegangen. "Da spürte ich plötzlich Druck, schließlich wollte ich ja alle Fragen beantworten", erzählt die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin am Donnerstag der RNZ. 16 Menschen wandten sich bei der Premiere der einstündigen WhatsApp-Sprechstunde im Rathaus mit Fragen an die SPD-Politikerin.
"Ich habe einfach mal drauf los geschrieben", sagt Steinruck und schmunzelt. Glücklicherweise sei sie in allen Themen "drin" gewesen. Ein Bürger beklagte sich über Falschparker auf Radwegen, eine verzweifelte Mutter erkundigte sich nach einem Betreuungsplatz für ihr Kind, ein Mann regte einen Wochenmarkt in Ludwigshafen-Süd an.
Überraschende oder kuriose Anfragen waren nicht dabei. Bei den Falschparkern konnte Steinruck eine Standortantwort per "Copy and Paste" einfügen. Andere Sachverhalte waren komplizierter und nicht virtuell zu beantworten. So wollte ein Ludwigshafener wissen, ob seine Bewerbung bei der Stadt erfolgreich war. "In solchen Fällen ließ ich mir die E-Mail-Adresse geben und versprach, mich später zu melden, wenn ich mir die Unterlagen durchgesehen habe", so Steinruck.
Alle Nachrichten tippte die Verwaltungschefin selbst. Ihr persönlicher Referent griff nur ein, wenn sich Steinruck verschrieben hatte oder bei der Wahl eines Verbs. Mit einigen Nutzern sei durch Rückfragen eine echte Kommunikation zustande gekommen. Wobei manche Bürger auch nicht nur Textnachrichten, sondern auch Bilder und Sprachmitteilungen versandten. Einige Male sei sie auch angerufen worden, berichtet Streinruck. Allerdings hatte die Verwaltung im Vorfeld mitgeteilt, dass bei diesem Format keine Telefonate geführt werden.
Neu ist die WhatsApp-Sprechstunde nicht, sie wird unter anderem auch in Baden-Baden angeboten. Von dort hatte eine Rathausmitarbeiterin die Idee mitgebracht. Steinruck war sofort Feuer und Flamme, bezeichnet sie sich doch selbst als "online-affin". Schon als Abgeordnete des Europäischen Parlaments (2009 bis 2017) habe sie sämtliche digitalen Kanäle genutzt.
"Da war ich eine der ersten Politikerinnen überhaupt", sagt Steinruck stolz. Egal ob virtuell oder real: Ihr sei wichtig, und das habe sie bei ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin auch versprochen, mit den Menschen direkt in Kontakt zu treten. Deshalb gibt es auch schon einen neuen Termin für die besondere Sprechstunde am 12. Juni.
Steinruck weiß um die Schattenseiten der Sozialen Medien. Auf ihrem Facebook-Profil hätten manche Nutzer schon "unterirdische Kommentare" hinterlassen. "Die hätte ich alle verklagen können und mit Sicherheit immer gewonnen", sagt die Sozialdemokratin.
Stattdessen habe sich sie in Diskussionen eingemischt. Nörgler und Kritiker seien dann in der Regel ziemlich verdutzt, wenn sich herausstelle, dass sich keine virtuelle, sondern "echte" Persönlichkeit melde mit der Bitte, ihre Wortwahl zu überdenken.
Auch Steinrucks Mannheimer Amtskollege Peter Kurz plant eine digitale Sprechstunde, wie eine Stadtsprecherin gestern auf RNZ sagte. Ein konkreter Starttermin stehe zwar noch fest. Sie solle aber zwischen den regelmäßigen Sprechstunden des Oberbürgermeisters in den Stadtteilen abgehalten werden. Wie Steinruck antwortet auch Kurz auf seinem Facebook-Profil direkt auf Kommentare und Anliegen der 9000 "Abonennenten".
Eine WhatsApp-Stunde mit dem Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner sei derzeit nicht geplant, teilte ein Stadtsprecher der RNZ mit. Er verwies auf Stadtteiltermine und das digitale Beteiligungsportal HolDenOberbürgermeister, das inzwischen auch Steinruck nutzt. Seit Januar 2015 können die Heidelberger digital Vorschläge einreichen und darüber abstimmen, welche Initiative von Würzner besucht werden soll. Bislang, so der Sprecher, seien 103 Vorschläge eingereicht. Der OB habe 28 Projekte besucht.