Gutes Beispiel für die Anpassung an Hochwasser: das Hockenheimer Hochwasserschutz- und Ökologieprojekt am Kraichbach. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Heidelberg. Bekämpfen wir den Klimawandel oder passen wir uns ihm an? Beides ist möglich und wird in den Kommunen der Metropolregion Rhein-Neckar bereits praktiziert. Der Klimawandel mit trockenen Sommern und regenreichen Wintern, mit Ernteausfällen und mit Überflutungen von Wohnbereichen lässt sich nicht mehr leugnen. Starkregen, Sturmböen, Hochwasser- und Dürrephasen mit Temperaturrekorden nehmen zu und sind oft genug kaum vorhersehbar.
Es gibt dabei zwei Strategien, um dem Klimawandel und den damit verbundenen Schäden zu begegnen. Offensiv mit Klimaschutzmaßnahmen, um die Klimaerwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, wie es das Pariser Klimaabkommen von 2015 fordert. Oder defensiv mit Hilfe von Klimafolgen-Anpassungsmaßnahmen, mit denen sich die Kommunen gegen die wachsende Zahl von Extremwetterereignissen wappnen wollen.
Die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft ("Fest") mit Sitz in Heidelberg hat jetzt den Abschlussbericht einer Studie (Dezember 2019 bis März 2020) vorgelegt, in der erfasst wurde, welche Maßnahmen von Städten und Gemeinden der Metropolregion Rhein-Neckar in diesem Bereich bereits getroffen wurden und welche Projekte geplant sind. Dabei zeigte es sich, dass 67 Prozent der Kommunen, die sich an der Befragung beteiligten, bereits Projekte zum Klimaschutz angestoßen haben. Auch im Bereich der Klimaanpassung haben über die Hälfte der Kommunen Maßnahmen ergriffen. Trotzdem sind die Zahlen gering, wenn man sich vor Augen hält, dass 95 Prozent der Kommunen von solchen Extremereignissen betroffen waren.
Begrenzende Faktoren sind dabei weniger der fehlende Wille etwas zu unternehmen, als finanzielle und personelle Engpässe sowie Unkenntnis über Fördermöglichkeiten. 80 Prozent der Kommunen, überwiegend kleiner und mittlerer Größe, klagen über zu geringe finanzielle Mittel.
Am häufigsten (69 Prozent) wurde die Pflanzung von klimaangepassten Pflanzen- und Baumarten als Maßnahme genannt, es folgte die Bewässerung von öffentlichem Grün (67 Prozent) im Sommer. Die Anlage von öffentlichen Wasserflächen und das Freihalten von Luftkorridoren lag bei 38 Prozent der Nennungen. Der ökologische Hochwasserschutz steht als Maßnahme gegen Hochwasser und Starkregen an erster Stelle (54 Prozent).
...zu jeder Jahreszeit. Foto: LenhardtEin herausragendes Beispiel dieser Art stellt das Hochwasserschutz- und Ökologieprojekt (Höp) in Hockenheim dar. Die Erhaltung von Biodiversität versucht man mit Blühstreifen entlang von Ackerflächen zu sichern oder mit naturnaher Umgestaltung von Grünflächen. Stadtgrün gilt als Allrounder, sowohl beim Klimaschutz als auch bei Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung. Es erhöht die Aufenthaltsqualität, seine Verdunstungskühlung senkt die Temperatur, es verbessert die Versickerung bei Starkregen, und großkronige Bäume spenden Schatten. "Mannheim macht Platz für Grünes" lautet der Slogan eines Begrünungsprogramms für die Quadratestadt. Das Team der Klimaschutzagentur Mannheim berät Bürger bei Begrünungsmaßnahmen auf dem Dach, an der Fassade oder darüber hinaus.
Mit einem Online-Portal haben Heidelberger Bürger die Möglichkeit, sich aktiv am Starkregenrisikomanagement der Stadt Heidelberg zu beteiligen (www.starkregengefahr.de) und können sich dort einen Überblick über geplante und umgesetzte Maßnahmen der Stadt verschaffen. Dort können direkt in den Starkregengefahrenkarten Maßnahmenvorschläge, bereits umgesetzte Maßnahmen oder Fotos von Starkregenereignissen eingetragen werden. Mit den Starkregengefahrenkarten kann man sein individuelles Risiko abschätzen.
Gegenwärtig, so rechnet die "Fest"-Studie vor, befinden wir uns global gesehen bei einer Klimaerwärmung um ein Grad Celsius seit Beginn der Industrialisierung. In Deutschland liegt die Zunahme der mittleren Jahrestemperatur bereits bei 1,3 bis 1,6 Grad. Stets zu bedenken gilt es allerdings bei solchen Zahlen, dass Temperaturmessungen aus historischer Zeit, vor allem in Entwicklungsländern, auch eine gewisse Ungenauigkeit in sich bergen.
Trotzdem: Ohne weitere und größere Anstrengungen, den Klimawandel zu stoppen, befinden wir uns auf einem Pfad in Richtung drei Grad plus bis zum Ende des Jahrhunderts. Das Pariser Klimaabkommen der Vereinten Nationen spricht von einer notwendigen Begrenzung der weltweiten Temperaturerhöhung auf "deutlich unter zwei Grad".