Es war lange Jahre das absolute Lieblings-Auto der Deutschen – und lange Zeit das mit Abstand am meisten gekaufte. Bereits 1938 wurden erstmals einige Exemplare davon als Vorführwagen gebaut, aber nicht ausgeliefert. Nach dem Krieg dann allerdings um so mehr: Zwischen 1945 und 1950 war es das einzige Auto, das im Volkswagenwerk vom Band lief.
Von Anfang an wurde der "VW Typ 1" von jedermann nur "Käfer" genannt – und wurde schließlich zum meist gefahrenen Fahrzeug auf Deutschlands Straßen. Und dann bis zum Jahr 2002 mit über 21,5 Millionen Exemplaren sogar das meistverkaufte Auto der Welt, bevor es als solches vom VW Golf übertroffen wurde. Unzählige Geschichten und Erinnerungen ranken sich um den Käfer, der für viele Menschen weit mehr war als nur ein Auto und dies auch oft bis heute noch ist. Denn fast jeder, der einmal einen Käfer besaß oder regelmäßig fuhr, verbindet mit ihm ganz eigene und meist sehr persönliche Erinnerungen.
So auch RNZ-Mitarbeiter Peter Wiest, der heute auf seine "Käfer-Jahre" zurückblickt, die auf ihre Art fast die gesamte erste Hälfte seines Lebens mit prägten. Was muss das für ein Gefühl gewesen sein für meinen Vater, als er tatsächlich nach der Gründung einer Familie und dem Bau eines Eigenheims in Eppelheim Anfang der 60er Jahre auch noch stolzer Auto-Besitzer wurde! Selbstverständlich war es ein VW-Käfer, der für meine Geschwister und mich zur ersten "Familienkutsche" wurde. Ein anderes Modell, von denen es um diese Zeit eh nicht so viele gab, wäre gar nicht ernsthaft ins Kalkül gezogen worden. Und es verstand sich von selbst, dass das Kennzeichen nach dem HD für Heidelberg die Buchstaben "AW" für Albert Wiest haben musste ...
Sie sind sichtbar stolz auf ihren Käfer: Marlies (l.), Gaby und Mutter Elfriede. Foto: WiestMeine Geschwister und ich waren natürlich zunächst begeistert davon, dass die üblichen Sonntags-Ausflüge jetzt tatsächlich mit dem Auto angegangen werden konnten. Dementsprechend hatten wir auch kein Problem damit, dass es dann doch ziemlich eng zuging auf der Rückbank des Käfers und dem dahinter befindlichen klitzekleinen Gepäckraum, den wir, warum auch immer, nur "das Gas" nannten – vielleicht, weil es da drin dann doch nicht immer so gut roch. Der Jüngste von uns musste halt immer im "Gas" sitzen, wenn es ab ging Richtung Grenzhof zum Waldspaziergang: Eine praktisch an jedem Sonntag stattfindende Fahrt von maximal 15 Minuten, die wir bis heute in einer Mischung aus anfänglicher Begeisterung und irgendwann dann aber auch manchmal ziemlich lästig werdender Routine in Erinnerung haben.
Der "Käfer" seinerseits war der zuverlässigste "Transporteur", den wir uns hätten wünschen können. Es war genau so, wie damals dieser bis heute unvergessene Werbespruch in Aussicht stellte, der schnell Eingang fand in den allgemeinen Sprachgebrauch: "Er läuft und läuft und läuft und läuft."
Ja, er lief – permanent und ohne jegliche Probleme. Natürlich auch unter der Woche, wenn unser Vater die älteren Kinder morgens nach Heidelberg mitnahm und dort an ihren Schulen aussteigen ließ, bevor er sich dann selbst auf den Weg zur Arbeit machte – damals keine Selbstverständlichkeit. Wahrscheinlich würde er heute noch laufen, dieser Ur-Käfer, wenn er nicht doch dann irgendwann mal gegen ein größeres Familienauto eingetauscht worden wäre. Für mich selbst war es dann der bis dahin glücklichste Moment meines Lebens, als ich mit nicht ganz 19 Jahren mein erstes eigenes Auto bekam – als Geschenk meiner Eltern und meiner Oma zum bestandenen Abitur. Unfassbar! Das war an Großzügigkeit kaum zu überbieten – immerhin kostete dieser nagelneue grüne Käfer, dessen Farbe ich mir aussuchen durfte, tatsächlich die für damalige Zeiten erhebliche Summe von 4200 D-Mark! Für mich war es der Aufbruch in eine neue Freiheit: Mit dem Auto wurde ich sozusagen erwachsen und konnte durch die dazu gewonnene Mobilität weitgehend mein eigenes Leben leben – auch wenn ich den Neuwagen vor lauter Aufregung erstmals rückwärts gegen das Hoftor setzte. Er überstand das problemlos – und lief und lief ...
Wahrlich nicht zu übersehen: Diesen rosaroten Käfer entdeckte Peter Wiest in Weinheim und war sofort hin und weg. Dass er dieses Modell dann für gerade einmal 400 Mark kaufen konnte, freut den RNZ-Mitarbeiter noch heute. Foto: zgMit dem Käfer ging es dann tagsüber zum Studium in die Heidelberger Altstadt, wo in der damaligen Zeit noch nicht allzu schwer Parkplätze zu finden waren; dann wieder heim und abends natürlich nochmals ab zu den Kumpels zurück in die Altstadt. Endlich war es auch kein Problem mehr, wenn spät am Abend oder auch mal gegen Morgen kein Bus oder keine Bahn mehr fuhr. Wobei ich immer wieder gerne mal auch den einen oder anderen Freund nach Hause fuhr – und die eine oder andere Freundin natürlich noch viel lieber. Und wenn es mal gar nicht mehr möglich war zu fahren, was ab und an auch mal vorkam, dann stand auch einem Schläfchen auf der Käfer-Rückbank nichts im Wege. Mensch, waren das Zeiten!
Genau so schöne Erinnerungen verbinde ich mit dem rosaroten Nachfolger des grünen Käfers, den ich einige Jahre später nach meinem Umzug nach Weinheim erwarb. Kurz nachdem ich dort meine journalistische Ausbildung begonnen hatte, sah ich dieses ins Auge springende Gefährt vor einer Tanzschule stehen: Jawohl, ein VW-Käfer, der tatsächlich komplett in sattem Pink erstrahlte. Und nicht nur das: Quer über die Fahrertür war auch noch ein Tänzer in voller Aktion gemalt, neben dem dann der Schriftzug "Studio für Tanz" zu lesen war. Obwohl ich selbst eigentlich ganz und gar nicht der Tanz-Typ bin, war ich von diesem Modell so angetan, dass ich die Tanzstudio- und Käfer-Besitzerin Irene Kemen spontan fragte, ob der Wagen zu verkaufen sei – was sie tatsächlich mit "Ja" beantwortete. Gerade mal 400 Mark wollte sie dafür haben, da es ja schon damals ein älteres Modell war. Da musste ich einfach zuschlagen! Drei oder vier Jahre lang war der rosarote Käfer auf seine Art dann für mich das Ein und Alles, das es mir ermöglichte, von Termin zu Termin zu fahren und danach öfter auch mal aufzubrechen zu einem spätabendlichen Trip in mein nach wie vor geliebtes Heidelberg.
Dass mir dann am nächsten Tag permanent Leute sagten, wo ich gestern gewesen war, da sie den unübersehbaren rosaroten Käfer bemerkt hatten, und mich fragten, was ich da eigentlich gemacht habe, störte mich nicht. Im Gegenteil: Sollten die doch alle wissen, dass ich ein eifriger junger Journalist war, immer und überall unterwegs und auf Recherche ...
Der Clou dann ganz am Ende: Den für 400 Mark gekauften VW konnte ich tatsächlich sogar noch für 600 Mark weiter verkaufen. Wow! Ein aus meiner Sicht absolutes Happy End für die vielen wunderbaren Käfer-Jahre, denen dann eine VW-Passat-Zeit folgen sollte – was aber eine andere Geschichte ist.
Info: Die Rhein-Neckar-Zeitung freut sich unter stefan.hagen@rnz.de oder rhein-neckar@rnz.de auf Käfer-Geschichten ihrer Leser. Ob Urlaubsreisen in südliche Gefilde, in den Winterurlaub oder witzige und skurrile Erlebnisse – wir sind gespannt auf Ihre Geschichten. Ein paar Zeilen mit Foto genügen, es dürfen aber auch gerne längere Beiträge sein. Die Geschichten werden bis Ende der Sommerferien in loser Folge veröffentlicht.