Anja und Ciara Sandrini hoffen auf den Erfolg der Operation. Foto: Lenhardt
Von Sascha Balduf
Hockenheim. Geschafft! Für die achtjährige Ciara aus Hockenheim geht ein Wunsch in Erfüllung. Im Donnerstag flog sie mit ihrer Familie in die Vereinigten Staaten, um sich einer Operation zu unterziehen, die ihr das Laufen ermöglichen soll. Doch bis dahin war es ein langer Weg voller Krafttraining, Bewegungstherapie und der nicht gerade unbedeutenden Aufgabe, 85.000 Euro zu beschaffen.
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Ciara leidet an einer sogenannten Zerebralparese, die früher auch als spastische Lähmung bezeichnet wurde. Verursacht wurde die Zerebralparese durch einen Sauerstoffmangel bei der Geburt, der Ciaras Gehirn schädigte. Vereinfacht gesagt, sorgen Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Gehirn und Muskulatur für unwillkürliche Zuckungen der Muskulatur. Für Ciara bedeutet das nicht nur Schmerzen, sondern auch ein Leben im Rollstuhl – bis jetzt.
Ein Jahr Vorbereitung
Tae Sung Park, ein US-amerikanischer Mediziner, hat eine Methode entwickelt, mit der er dem Mädchen helfen kann. Bei der "Selektiven dorsalen Rhizotomie” (SDR) werden schadhafte Nervenstränge im Rückenmark durchtrennt, um die Zuckungen zu unterbinden. Das soll Ciara die Möglichkeit geben, Laufen zu lernen. Bald geht die Reise nach Missouri los.
"Dort begann der Lockdown zu einer ähnlichen Zeit wie hier in Baden-Württemberg”, erinnert sich Ciaras Mutter, Anja Sandrini. Das Krankenhaus hatte geschlossen, und Ciara war sauer: ein Jahr hartes Training allein für die OP-Vorbereitung, ein Meilenstein nach dem anderen – und dann so was. Nach einigem Bangen und Hin und Her mit dem Auswärtigen Amt in den USA und der US-Botschaft in Berlin stand die Reise in die Staaten fast vor dem Aus.
Möglich gemacht haben die Einreise schließlich die dänische Staatsbürgerschaft von Ciaras Vater und die Botschaft des nördlichen Nachbarlands – die Familie kann trotz Pandemie und Einreisesperren die lang ersehnte Operation angehen. Danach muss die Achtjährige noch fünf Tage im Krankenhaus bleiben, ehe sie ihre dreiwöchige Reha in den USA beginnen kann.
Die Zeit nach der Operation ist nämlich kritisch. Würde Ciara sich zu lange schonen und nur im Bett liegen, hätte die Behandlung eher einen gegenteiligen Effekt. "Ursprünglich hatten wir überlegt, noch einige Wochen Physiotherapie in den USA dranzuhängen”, erinnert sich Anja Sandrini, "aber Corona hat uns diese Entscheidung abgenommen. Wir kommen so schnell wie möglich nach Hause.” Dort angekommen, wird es mit dem Training weitergehen. Ciaras Muskeln wollen gekräftigt, Bewegungen erlernt werden. "Wir sind auch bei einem Zentrum für SDR-Patienten in Schottland, zu denen wir für Behandlungen und Trainingspläne regelmäßig fliegen”, berichtet Sandrini. "Diese Übungen wird Ciara in der Anfangszeit noch nicht machen können. Aber sie wird viel Radfahren und Schwimmen.” Dazu kommen drei Mal Physiotherapie und zwei Trainingseinheiten pro Woche im Petö-Zentrum der Dietmar-Hopp-Stiftung in St. Leon-Rot.
Der letzte große Schwung an Spendengeldern kam von der Organisation "It’s for Kids”. Dirk Müller aus Reilingen, in der Öffentlichkeit bekannt als "Mister Dax”, ist Botschafter der Organisation und hatte die Aktion eingefädelt. "’It’s for Kids’ betreut keine eigenen Projekte, sondern sammelt Geld für andere auf kreative Weise”, erklärt er.
Auch "Mister Dax" half
Dabei werden auch nicht die Spendengelder direkt eingesammelt, sondern generiert: Zahnärzte, die Altgold spenden, Friseure, die Haare erübrigen, aus denen Perücken gemacht werden, oder, wie in diesem Fall, Urlaubsdevisen. "Jeder kennt es eigentlich”, erklärt Dirk Müller. "Man kommt aus dem Urlaub und hat noch etwas von der fremden Währung übrig. Münzgeld wieder zurücktauschen ist sowieso nicht möglich, bei den Scheinen kommt es auf die Währung an, und allzu groß sind die Beträge in der Regel sowieso nicht – jedenfalls für den Einzelnen.”
Beim Reilinger Weihnachtsmarkt hatte Müller eine Sammelbox am Stand der Burg Wersau, deren Freundeskreis er vorsteht, aufgestellt und die Besucher gebeten, ihre Urlaubsdevisen zu spenden. "60 Kilogramm Geld sind dabei zusammengekommen, und die Volksbank war so freundlich, uns einen Großteil davon sogar gebührenfrei umzutauschen”, erinnert sich Müller, der auf diese Art 10.000 Euro für Ciara zusammengetragen hat. Damit hat Familie Sandrini sogar rund 5000 Euro mehr als erhofft. Geld, das die Familie nun in Reha-Maßnahmen investieren, denn vor der zielstrebigen Ciara liegt noch ein langer Weg.