Hockenheimer sehen mittlerweile die Vorteile
Im Herbst 2019 soll es fertig sein - Naherholung mitten in der Stadt

Von Harald Berlinghof
Hockenheim. Die Sonne brennt bereits am Samstagvormittag vom wolkenlosen Himmel, als in Hockenheim entlang des Hochwasserschutz- und Ökologieprojekts (HÖP) der Tag der offenen Baustelle beginnt. Und trotz Baggerseewetter ist das Interesse der Hockenheimer enorm.
Zur ersten Baustellenbegehung um 10 Uhr haben sich bereits 40 bis 50 Personen eingefunden. Im stündlichen Rhythmus sollen Führungen stattfinden.
Aber es ist ja auch keine ganz normale Baustelle, denn sie ist 800 Meter lang und wird 14 Millionen Euro kosten, wovon die Stadt 3,3 Millionen Euro übernehmen muss. Den Löwenanteil der Kosten trägt das Land. Das Projekt wurde mehr als zehn Jahre lang geplant, die Fertigstellung wird für den Spätsommer/Frühherbst 2019 anvisiert. Gegenwärtig liegt man im Zeitplan.
Oberbürgermeister Dieter Gummer erinnert sich noch gut daran, welche Emotionen ihm bei seinem Dienstantritt 2004 entgegenschlugen, als er das HÖP zu seinem persönlichen Projekt machte. Der Plan: Die umgebende Bebauung des alten Kraichbachs und des Mühlkanals soll vor einem 100-jährlichen Hochwasser schützen.
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Aus den beiden ökologisch niedrig zu bewertenden Betonkanälen wird ein ökologisch aufgewertetes Fließgewässer, in dem sich eine attraktive Aquafauna ansiedeln soll. Und die Hockenheimer bekommen eine neue grüne Stadtlunge und ein attraktives Erholungsgebiet mitten in ihrer Stadt.
Man erwartet auch eine deutliche Belebung der Innenstadt durch das HÖP. Hoffentlich wird es nicht zu belebt, äußern manche Anwohner Bedenken, die schon jetzt unter Staub und Lärm der Baustelle zu leiden haben.
"Aber es ist nicht so schlimm", sagt der Architekt und Anwohner Volker Grein, dem man mit der Baustelle das Wasser abgegraben hat, denn der alte Kraichbach war über sein Grundstück geflossen. "Im Sommer haben wir da oft im 30 Zentimeter tiefen Wasser unsere Stühle reingestellt und die Füße gekühlt", erzählt er.
Das ist vorbei. Aber er glaubt, dass das Projekt richtig ist. Inzwischen ziehen alle Hockenheimer an einem Strang, nachdem es zu Beginn doch einigen Unmut gegeben hatte, insbesondere von Kleingärtnern, deren Grundstücke benötigt wurden: "Da war die Situation alles andere als entspannt", so OB Dieter Gummer in seiner Eröffnungsrede.
Alle sind sie gekommen. Der Gelbrandkäfer und die Grasfrosch-Kaulquappen schwimmen in einem Einmachglas auf dem Info-Tisch der Agenda-Gruppe und des Hockenheimer Marketingvereins. Das Ökomobil des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe ist da, um den Hockenheimer Bürgern Lust an der Lebenswelt unter Wasser zu machen, und das Hockenheimer Spielmobil ist für die Kinder da.

Die Liedertafel Hockenheim tischt auf, und sogar die Jazz-Combo des benachbarten Gauß-Gymnasiums sorgt beim Tag der offenen Baustelle auf dem Messplatz für gute Stimmung. Und das nach Abifeier und Abiball am Vorabend. Respekt. Allerdings hatte sich die Rektorin des Gymnasiums auch begeistert gezeigt von den Planungen der neuen Anlage entlang des neuen Kraichbachbettes. "Das wird ein Traum", soll sie gesagt haben.
Auch vom RP sind viele am Projekt Beteiligte nach Hockenheim gekommen, darunter die Abteilungspräsidentin Susanne Diebold, Referatsleiter Peter Schneider, die Projektleiterin Sophie Lefort sowie ihre Stellvertreterin Lysann Horakh. Die erste Führung über die Baustelle mit sieben Stationen leitet Michael Rosport vom Karlsruher Planungsbüro BIT.
In der Führung wird noch einmal die Komplexität des Vorhabens deutlich. Zum Beispiel muss das Kraichbach-Fließbett mit Blöcken und großen Steinen gestaltet werden, sodass Fische bachaufwärts wandern können. Eine Mindestwassertiefe muss an diesen Stellen gewährleistet werden, außerdem werden Ruhezonen mit geringer Strömung geschaffen.
An der Zehntscheune wird eine Kraichbach-Terrasse mit Sitzstufen entstehen. Ein Spazierweg wird entlang des Gewässers auf der Dammkrone verlaufen. Am Ende des Tages freuen sich eigentlich alle nur auf den Herbst 2019.