Die Großbaustelle in der Karlsruher Straße schlägt auch im nächsten Jahr noch einmal ordentlich zu Buche. Drei Millionen sind im Haushalt der Stadt Schwetzingen für die Fertigstellung vorgesehen – das entspricht der Hälfte aller Ausgaben für Bauprojekte im Jahr 2021. Foto: len
Von Harald Berlinghof
Schwetzingen. Es war eine illustre Namensliste, die bei der Verabschiedung des kommunalen Haushalts für das Jahr 2021 in der jüngsten Schwetzinger Gemeinderatssitzung bemüht wurde. Zitate von Winston Churchill, dem Dalai Lama, Cicero und Voltaire wurden angeführt, um die kommunalpolitische Situation in Zeiten von Corona zu veranschaulichen. Um es vorwegzunehmen: Trotz seiner defizitären Gesamtbilanz wurde der Haushalt von dem bunten Gremium, das sich aus sieben Parteien und Gruppierungen zusammensetzt, einstimmig beschlossen.
Einhellige Kritik übten die Ratsmitglieder an der undurchsichtigen und für Laien kaum durchschaubaren doppischen Haushaltsführung. "Wir haben eine Woche Zeit für die Erfassung der Inhalte eines 800 Seiten umfassenden Haushaltsplans. Das ist für uns ehrenamtlich tätige Gemeinderäte kaum zu leisten", sagte Sabine Walter (Grüne). Zuvor hatte bereits Elfriede Fackel-Kretz-Keller (Schwetzinger Freie Wähler) ihren Unmut über die in Schwetzingen seit drei Jahren angewandte, neue Form der Haushaltsführung geäußert. "Ohne Hilfe aus dem Kämmereiamt ist das nicht mehr nachvollziehbar. Das ist höchst unerfreulich", so die Kommunalpolitikerin.
"Ob wir nun firm genug sind, dieses knapp 800-Seiten-Werk zu verstehen, lasse ich einmal dahin gestellt", erklärte auch Sarina Kolb (CDU). Und SPD-Vertreter Robin Pitsch, der seine Haushaltsrede zu einer Generalabrechnung mit Landes- und Bundespolitikern aller Couleur nutzte (siehe Hintergrund) sprach "von einer völlig unübersichtlichen Haushaltsstruktur der Doppik, die kein Mensch mehr versteht oder nachvollziehen kann, und die uns aus Schwaben vorgegeben, befohlen, aufgezwungen und aufoktroyiert wurde".
Klar ist: Der Haushaltsplan 2021 bereitet Sorge. Oberbürgermeister René Pöltl verzichtete auf ausführliche Erläuterungen, um die Sitzung im Lutherhaus unter Corona-Bedingungen so kurz wie möglich zu halten und übergab das Wort direkt an Kämmerin Susanne Nagel. Der Haushalt schließt mit einem Defizit von 6,58 Millionen Euro ab. Das mit Abstand größte Investitionsprojekt der vergangenen Jahre – der Umbau der Karlsruher Straße – schlägt auch im nächsten Jahr noch einmal mit drei Millionen Euro zu Buche. Die Ausgaben für das städtische Personal sind auf 15,4 Millionen Euro gestiegen. Die sogenannten Transferaufwendungen, die von der Stadt nicht beeinflussbar sind, an Kindergartenträger (9,2 Millionen Euro), Kreisumlage (8,6 Millionen Euro), Finanzausgleich an das Land (7,4 Millionen Euro) und Zuweisungen an Zweckverbände (3,3 Millionen Euro) betragen insgesamt 30,7 Millionen Euro.
Bereits in der Genehmigung des laufenden Haushalts 2020 hatte das Regierungspräsidium Karlsruhe wirkungsvolle Maßnahmen zur Konsolidierung angemahnt. Nagel fiel so die unangenehme Aufgabe zu, mit ihrer Einbringung des Haushalts als Erste auf eine notwendige Anpassung der "Erträge" der Stadt hinzuweisen. Sowohl die Fraktionen als auch die beiden Einzelkämpfer im Rat ("Die Linke" und "Aktive Bürger Schwetzingen") widersprachen diesem Ansinnen nicht. "Die Einnahmeseite ist zu beleuchten. Und wir müssen nächstes Jahr gemeinsam darüber nachdenken, welche Erhöhungen angemessen und vertretbar sind", sagte Sarina Kolb. "Es ist unumgänglich, die finanzielle Situation unserer Stadt zu verbessern", betonte auch Sabine Walter. Elfriede Fackel-Kretz-Keller sprach es schließlich offen aus: "Zur Verbesserung der Einnahmesituation müssen wir über eine Erhöhung von Steuern und Gebühren nachdenken."
"Wer etwas will, findet Wege, wer etwas nicht will, findet Gründe" – mit diesem Zitat des Dalai Lama begann Sabine Walter ihre Haushaltsrede. Um den richtigen Weg zu finden, sei es nötig, Prioritäten zu setzen. Ihre fast 30-minütige Stellungnahme wurde zu einer Grundsatzrede über die Positionen der Grünen. Angesichts der Zeitknappheit regte sich leichter Widerstand unter den anderen Stadträten.
Fackel-Kretz-Keller betonte, man könne nicht über die eigenen Verhältnisse leben. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand, unser Sparstrumpf ist weitgehend geleert", betonte sie. Trotzdem könne man noch auf eine Schuldenaufnahme verzichten, sodass die Schulden bei 2,6 Millionen verharrten. "Der Haushalt in Schwetzingen ist seit vielen Jahren von einer gesunden Armut geprägt. Und wir werden auch diese Krise überstehen", meinte sie weiter.
Die restlichen Tagesordnungspunkte vom Wirtschaftsplan des Freizeitbads Bellamar über die Erweiterungspläne für den Kindergarten St. Pankratius bis hin zum Neubau der Wohnanlage in der Walter-Rathenau-Straße handelten die Schwetzinger Stadträte im Schnelldurchlauf ab.