Die Justizvollzugsanstalt Heilbronn. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
Von Hans Georg Frank
Heilbronn. Die Konsequenzen seiner Verfehlungen sind Siegbert H. (37) aus Mosbach klar: "Die gesamte Justiz wurde mit meinem Verhalten in den Dreck gezogen." Der inhaftierte Vollzugsbeamte ist vor dem Landgericht Heilbronn angeklagt wegen Bestechlichkeit und Drogenhandel. Einen illegalen Lieferservice in das Heilbronner Gefängnis (JVA) über zwei Jahre hinweg hat er zum Auftakt des Prozesses gegen ihn in vollem Umfang gestanden.
Er habe nicht nur der JVA "erheblichen Schaden" zugefügt. Er habe auch sein Haus und seinen Freundeskreis verloren. Was er gemacht habe, sei "grundsätzlich komplett falsch" gewesen. Weil er alles gestand und in weiteren Prozessen als Belastungszeuge auftreten will, werde ihm dies bei einer Verurteilung angerechnet, kündigte der Vorsitzende Richter, Frank Haberzettl, an. Der Prozess wird am 22. Februar fortgesetzt. Vorher beginnt die Verhandlung gegen fünf Angeklagte, die H. bestochen haben sollen. Der Beamte war seit 1. April 2010 im Dienst der JVA. Er ist wegen Einschmuggelns vor allem von Handys und Drogen in 23 Fällen angeklagt. Als Gegenleistung habe er 3150 Euro erhalten, fasste die Staatsanwältin zusammen. Ausgemacht war eine weit höhere Entlohnung, aber offenbar haben nicht alle Auftraggeber gezahlt.
Es habe ihm an der Distanz zu den Insassen gefehlt, gab H. zu. Er sei erpressbar geworden. "Er konnte nicht mehr aufhören, ohne sich selber zu belasten", erklärte die Verteidigerin. Seine Alarmglocken hätten schon 2017 schrillen müssen, als er vier Wochen vom Dienst suspendiert wurde. "Aber da ging es erst richtig los", wunderte sich die Staatsanwältin.
Begonnen hatte die Belieferung von Häftlingen mit Käse, Wurst und Wodka. Waffen und Heroin im Kilobereich hätte er abgelehnt. Allerdings wurden 379 Tabletten des Drogenersatzstoffs Subutex und weitere Betäubungsmittel bei seiner Festnahme am 12. Juli 2018 beschlagnahmt.
Der Fall des Siegbert H. ist nur einer von vielen. Bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn gibt es einen Ermittlungskomplex mit dem Titel "Einschmuggeln unerlaubter Gegenstände". Davon betroffen sind acht JVA-Mitarbeiter, einer davon wurde allerdings nur belastet, weil es eine Verwechslung geben hat. Als wäre die Anstalt dadurch nicht schon genug in Verruf geraten, wurde auch noch bekannt, dass sich sechs Beamte an Fotos von Adolf Hitler und Nazi-Symbolen ergötzten. Auch sie sind vom Dienst suspendiert.
Nachdem die Anstaltsleitung die illegalen Umtriebe nicht unterbinden konnte, löste das Justizministerium den Direktor ab. Er wurde ins Vollzugskrankenhaus Hohenasperg versetzt. Seinen Job hat der Chef der JVA in Schwäbisch Hall, Mathias Rössle, kommissarisch übernommen. Die Stelle ist ausgeschrieben.