Heidelberg spielt für die Szenarien der Studie über den „Wirtschaftsfaktor Tourismus“ in der Metropolregion eine wichtige Rolle. Foto: zg
Von Harald Berlinghof
Mannheim/Rhein-Neckar.Eine auswärtige Familie besucht am Samstagvormittag das Heidelberger Schloss. Danach will sie in Mannheim auf Shoppingtour gehen, bevor der Papa sich am Nachmittag ein Heimspiel der TSG Hoffenheim anschaut. Seine Frau nimmt derweil die beiden Kinder an die Hand und zeigt ihnen die Elefanten im Heidelberger Zoo. Und am Abend wird beim Lieblings-Spanier gespeist.
Alles in allem gibt die vierköpfige Familie an diesem Tag zwischen 400 und 500 Euro in der Metropolregion aus. Das ist ein Durchschnittsbetrag angesichts der weiten Spanne an Aktivitäten, die die Region den Touristen bietet. Gerade während des Urlaubs oder bei Freizeitaktivitäten wird selten gespart. Dabei sind die Reiseanlässe vielfältig. Bei den Tagesausflüglern reicht die Bandbreite von Einkaufen und Restaurants über Museen, Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungen bis hin zu den Besuchen von Verwandten und Freunden. Nicht zu unterschätzen sind auch Geschäftsreisende. Wenn zu einem Tagesausflug dann noch eine Übernachtung dazu kommt, erhöht sich der ausgegebene Betrag beträchtlich. Aber auch hier gibt es große Schwankungen, je nachdem, ob jemand in einem großen Hotel unterkommt oder vielleicht mit dem Wohnmobil auf dem Campingplatz vorlieb nimmt.
All diese Überlegungen fließen in die Studie "Wirtschaftsfaktor Tourismus" des Verbands Region Rhein-Neckar (VRRN) ein, die zum dritten mal nach 2007 und 2013 erstellt wurde. Das Gutachten und damit auch die beispielhaft skizzierten Aktivitäten einer fiktiven Familie gehen allerdings auf das vergangene Jahr zurück, also auf die Zeit vor Corona. Es ist zu erwarten, dass die Zahlen für 2020 wesentlich schlechter sind.
Die Studie wurde jetzt im Ausschuss für Regionalentwicklung und Regionalmanagement des VRRN vorgestellt. Eine zusätzliche Erhebung bis zum März dieses Jahres ergab, dass während des ersten Lockdowns der Umsatz in der Tourismusbranche der Metropolregion Rhein-Neckar um rund 750 Millionen Euro einbrach. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sich der Tourismus in der Region unter pandemiefreien Bedingungen bis ins Jahr 2019 positiv entwickelt hat. Wichtige Kennziffern legten dabei deutlich zu.
Die Zahl der Übernachtungen stieg um 6,3 Prozent, die Bruttoumsätze legten um 18,4 Prozent zu, die Zahl der Tagesgäste sogar um 24,1 Prozent. Die Studie stellt auch die Bedeutung des Tagestourismus unter Beweis. Rund 82 Prozent der rund 132 Millionen touristischer Aufenthaltstage in der Metropolregion Rhein-Neckar werden durch Tagesgäste generiert. Das zeigt, wie stark die Angebote von diesem Touristentyp abhängen. Finanziell betrachtet, stellt sich das Verhältnis allerdings etwas ausgeglichener dar. Hier sind immerhin rund 37 Prozent der Umsätze den Übernachtungsgästen zuzuordnen. Insgesamt gaben die Gäste in der Metropolregion Rhein-Neckar im vergangenen Jahr fast 4,7 Milliarden Euro aus. Im Durchschnitt lässt jeder Tourist 35,20 Euro hier.
Die Bandbreite der Ausgaben ist allerdings sehr groß. Sie reicht von null Euro bei manchen Tagesausflüglern, die nur einen Spaziergang oder Schaufensterbummel machen, bis hin zu weit über 200 Euro pro Kopf und Tag, wenn anspruchsvolle Beherbergungsbetriebe aufgesucht, gute Lokale frequentiert, Kultur- oder Sportveranstaltungen besucht und exklusive Einkäufe getätigt werden.
Der Übernachtungsgast investiert durchschnittlich 147 Euro pro Tag, der Tagestourist lediglich 26,80 Euro. Doch aufgrund ihrer großen Zahl sind die Tagestouristen mit ihrem Anteil am Bruttoumsatz, den sie in die Region tragen, sehr bedeutsam.
Bei den Übernachtungsgästen profitiert am stärksten das Gastgewerbe (62 Prozent des Umsatzes), die Tagesgäste lassen das meiste Geld im Einzelhandel liegen. Das hat auch steuerliche Auswirkungen. Alleine 434 Millionen Euro flossen 2019 über die Mehrwertsteuer Land und Bund zu. Über die zusätzlichen Beschäftigungseffekte in Gastgewerbe und Einzelhandel erhielt der Staat mehr Einkommensteuer.
Was davon wieder zurückkommt in die Region, konnte die Studie nicht exakt benennen. Die Bedeutung des Tourismus für den Arbeitsmarkt hat die Expertise jedoch ermittelt. Danach könnten rein statistisch rund 71.200 Personen ihren Lebensunterhalt durch den Tourismus in der Metropolregion bestreiten.