Die Angeklagten betrieben schwunghaften Handel mit Kurzzeit-Kennzeichen. Foto: RNZ-Archiv
Von Alexander Albrecht
Rhein-Neckar. Ein Abschluss der schon seit Frühjahr 2014 laufenden Ermittlungsverfahren in Zusammenhang mit dem missbräuchlichen Handel von Kurzzeitkennzeichen im Rhein-Neckar-Kreis ist nicht in Sicht. Das teilte eine Sprecherin der für Wirtschaftskriminalität zuständigen Staatsanwaltschaft Mannheim jetzt auf RNZ-Anfrage mit. Der Umfang der Recherchen und die Fülle der Beweismittel seien außerordentlich, die Vorwürfe sehr komplex, sagte sie.
Im Zentrum der Ermittlungen stehen ein Heidelberger, der in Walldorf einen lukrativen Handel mit Kurzzeitkennzeichen betrieben hat sowie drei Ex-Führungskräfte im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft sollen zwei früher in der Wieslocher Zulassungsstelle tätige Frauen dem Unternehmer für das massenhafte Bestellen von HD-Schildern eine Art Mengenrabatt eingeräumt haben. Im Gegenzug überwies der Dienstleiter einen sechsstelligen Betrag auf ein Konto des Landratsamts. Bei dem Deal soll auch ein früherer Spitzenbeamter des Rhein-Neckar-Kreises mitgemischt haben. Aus Sicht der Behörden ein klassischer Fall von Korruption.
Der Walldorfer Unternehmer hat in Sachen Kurzzeitkennzeichen eng mit Dienstleistern aus ganz Deutschland zusammengearbeitet. Einige von ihnen sind wegen krummer Geschäfte ebenfalls ins Visier der Justiz geraten. Zuletzt sind Ende Dezember 2018 zwei Autohändler - Vater (63) und Sohn (27) - vom Mannheimer Amtsgericht wegen Urkundenfälschung zu Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, in beiden Fällen zur Bewährung ausgesetzt. Sie hatten nachweislich mehr als 1000 Mal die für fünf Tage lang gültigen und lediglich für Probe-, Prüfungs- und Überführungsfahrten zulässigen HD-Schilder bei der Zulassungsstelle erworben. Anschließend verkauften sie diese mit Profit für bis zu 100 Euro weiter. Der Walldorfer Dienstleister strich 50 bis 60 Euro ein.
Vater und Sohn beantragten die Kennzeichen in der Wieslocher Behörde mit den Personalien angeblicher Halter, die im Ausland wohnen - und davon gar nichts wussten. Die Schilder erwarben Menschen, denen das Auto zwar gehörte. In den Fahrzeugpapieren stand jedoch der Name des fingierten Halters. Die Zulassungsstelle gab sich damals mit Kopien oder eingescannten Dokumenten zufrieden.
Ob die Papiere auf ihre Echtheit geprüft wurden, ist unwahrscheinlich. Eine sogenannte Briefgruppe kümmerte sich bis zu ihrer Auflösung nahezu ausschließlich um die Bearbeitung des Walldorfers und seiner mit ihm kooperierenden Dienstleister.
Während das Urteil gegen die beiden Mannheimer bereits rechtskräftig ist, hat eine Frau gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts Wiesloch vom 9. Mai 2017 Revision eingelegt. Sie war zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Einen Termin für die Berufungsverhandlung gibt es noch nicht. Vor dem Heidelberger Landgericht müssen sich demnächst in einem weiteren Prozesse fünf Angeklagte verantworten.
In einem Strafverfahren ist gegen ein Unternehmen 50.000 Euro Geldbuße verhängt worden. Fünf Verfahren wurden gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt, zahlreiche andere blieben ohne Sanktionen, da die Ermittlungen keine Anhaltspunkte für Straftaten ergeben hätten, wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte.