Student möchte Stromschwankungen mit Elektroautos bekämpfen
Kann eine Region komplett auf erneuerbare Energien umsteigen? Ein Student begeistert mit einer Studie für die Region Rhein-Neckar einige Experten. Die Pläne sehen natürlich Elektroautos vor - die aber auch als Energiequelle angezapft werden sollen.

Brühl/Ludwigshafen. Christian Mildenberger hat eine Vision: Der Student aus Brühl beschäftigt sich mit der Frage, wie die Menschen und Firmen in der Region Rhein-Neckar bis zum Jahr 2030 ihren Strom komplett aus bezahlbaren regenerativen Energien beziehen können. "Die 2,36 Millionen Menschen werden nach allen Prognosen privat und inklusive der Betriebe etwa 19 Milliarden Kilowattstunden Strom verbrauchen. Das sind 19 Terrawattstunden", sagt der 27-Jährige. "Dazu kommt noch die BASF mit 5 Terrawattstunden, auch wenn ich davon ausgehe, dass der Chemiekonzern auch nach eigenen Berechnungen seine Energie in Zukunft zu 97 Prozent selbst produzieren wird."
Die erste Frage ist nun, wie ein bestimmtes Gebiet seinen Strom grundsätzlich gewinnen will - zentrale Großkraftwerke oder eine dezentrale Lösung mit einem Mix aus Erdwärme, Windenergie, Biomasse, Photovoltaik und Wasserkraft. "Dabei geht es sicherlich um eine Synthese aus beiden Produktionsprinzipien, um zum Beispiel auch an in Nordafrika produzierten Solarstrom und Wasserkraft aus Skandinavien zu kommen", sagt Mildenberger, der nach der Schule eine Lehre als Kfz-Elektriker machte und mit 23 Jahren an der Hochschule Mannheim ein Studium zum Wirtschaftsingenieur begann. Ein Solarunternehmen hat Mildenberger inzwischen fest unter Vertrag genommen.
Mit dem regional produzierten Strom, hohen Investitionen in den Netzausbau, massiven Stromeinsparungen und einer intelligenten Vernetzung sei ein technisches Problem noch nicht gelöst, sagt Mildenberger: "Wir haben eine Produktionsgrundlast, aber daneben auch große Schwankungen bei der Stromnachfrage zu bestimmten Tageszeiten. Deshalb geht es mir vor allem um die Frage, wie man Speicherkapazitäten mit der Nachfrage verbindet."
Sein Lösungsvorschlag: Im Jahr 2030 müssten in der Region auch die Batterien von Elektroautos mit angezapft werden können, wenn die Fahrzeuge mehrere Stunden stehen. "Das Prinzip ist einfach", meint der Student. "Nach meinen Berechnungen bräuchten wir nur ein Drittel der Speicherkapazität der gerade nicht gebrauchten Elektroauto-Batterien, um das Netz komplett stabil zu machen."
An großen Parkplätzen könnten die Autos an das Stromnetz angeschlossen werden und zeitweise einen Teil ihrer Energie abgeben, bevor sie später wieder aufgeladen werden. Bei den Berechnungen sei er bewusst vorsichtig vorgegangen, sagt Mildenberger, da manche Energieprognosen noch "zu unrealistisch" seien.
Professor Michael Hauth von der Hochschule Mannheim hält das Konzept durchaus für realisierbar. "Die gesamte Nutzung der Elektromobilität, auch der ruhenden Fahrzeuge, wird immer wichtiger." Die entscheidende Frage sei, ob der Strom dann noch bezahlbar ist. Denn der Netzumbau werde Milliarden an Neuinvestitionen verschlingen, die auf die Verbraucher umgelegt würden.
Dagegen ist Axel Finger vom Verband Region Rhein-Neckar eher skeptisch, ob eine "wünschenswerte Vollversorgung mit erneuerbaren Energien" in naher Zukunft überhaupt möglich sein wird. Er hält zumindest zurzeit die komplette Umstellung für kaum vorstellbar, da der Energiebedarf einfach zu groß sei.
Ende März will die Metropolregion ein regionales Energiekonzept verabschieden. Darin sei aber zumindest geplant, dass Teilbereiche der Region wie der Neckar-Odenwald-Kreis eine vollständige Versorgung oder sogar Überversorgung mit erneuerbaren Energien erreichten. (dpa)