Blauer Turm in Bad Wimpfen - 18 Tonnen Stahl und Holz sorgen für Halt
Der Turm muss stabilisiert werden - Der schwere Turmhelm verursacht sonst Risse im Mauerwerk

Der Turm aus dem Jahr 1217 existiert nicht mehr in seiner Originalzustand, sagt der Experte. Im Lauf der Zeit seien immer mal wieder Veränderungen vorgenommen worden. Seine neugotische Form hat der Blaue Turm 1852 bekommen.
Aber: Wo einst leichteres Fachwerk war, wurde ein schwerer Turmhelm aufgesetzt. Dadurch sind Risse entstanden. Schon 1907 musste eine "Umgurtung" mit Metallbändern den notwendigen Halt sichern. Hohlräume zwischen zwei Steinschalen sind in den 1970-er Jahren mit Geröll und Zement ausgefüllt worden. Das hat zu einer erneuten Gewichtszunahme des Turms geführt. Bereits 2011 musste ein Erker oberhalb des Eingangs mit Stahlträgern gesichert werden, weil er instabil geworden war und abzubrechen drohte.
Doch die Risse nahmen solchen Dimensionen an, dass jetzt gehandelt werden musste. Rund 250.000 Euro kostet das Provisorium. Es soll dem Turm so lange die Standsicherheit garantieren, bis eine richtige Sanierung gestartet werden kann. Nach ersten Schätzungen könnten dafür bis zu vier Millionen Euro notwendig werden, "wir hoffen auf Landesmittel", sagt der Bauamtsleiter. Aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes werden Untersuchung und Sanierung des Bad Wimpfener Wahrzeichens mit 400.000 Euro gefördert.
Der Blaue Turm ist Teil der kaiserlichen Stauferpfalz von Bad Wimpfen. Zu den Aufgaben des Türmers gehörte damals die Warnung vor Feuer. Das bewahrte das Wahrzeichen selbst allerdings nicht vor Brandschaden. 1674, 1848 und 1984 musste die Feuerwehr unter äußerst erschwerten Bedingungen löschen: Der Blitz hatte in das historische Bauwerk eingeschlagen.
Eine weitere Besonderheit zeichnet den Blauen Turm aus: Hier gibt es eine 650 Jahre ununterbrochene Türmertradition. Seit 18 Jahren residiert Blanca Knodel (63) in luftiger Höhe über der Stadt, sie ist Deutschlands einzige Türmerin. Wer ihr hoch über der malerischen Altstadt einen Besuch abstatten und die weite Aussicht über Neckartal und Kraichgau genießen möchte, muss 134 Stufen hochsteigen. Diese besondere Dienstwohnung misst zwar nur 53 Quadratmeter, ein Whirlpool hatte dennoch Platz im Badezimmer. Die 3,30 Meter hohe Einraum-Wohnung hat die Amtsinhaberin anfangs sogar noch mit ihren drei Kindern geteilt, die sind aber mittlerweile aus dem Haus.
Trotz Korsett aus Stahl- und Holz kann man den Turm derzeit noch immer besteigen. Nach den 134 Stufen zur Türmerwohnung sind es noch 33 Tritte zur Aussichtsplattform hinauf. Auch sie ist ein Erlebnis, mit dem Blick auf die malerische Altstadt und die stattlichen Reste der besterhaltenen Kaiserpfalz nördlich der Alpen.
Bad Wimpfen und die Staufer, das ist eine bewegte Geschichte: Der Blaue Turm war die westliche Begrenzung der Kaiserpfalz, die von Friedrich Barbarossa Anfang des 13. Jahrhunderts begründet wurde. Knapp 70 Jahre lang hielten die Staufer dort Hof, bis ihr Geschlecht 1268 ausstarb. Danach wurde Bad Wimpfen freie Reichsstadt und von 1803 bis 1952 eine hessische Exklave.
Erst nach einer Volksabstimmung kam die Stadt dann nach Baden-Württemberg.