Anwesend war auch Giancarlo Nutarelli, der Bruder des italienischen Piloten, der das Unglück mitverursacht hatte. Foto: Oliver Dietze
Von Wolfgang Jung und Alexander Albrecht
Ramstein. 30 Jahre nach der Flugtag-Katastrophe auf dem pfälzischen US-Militärstützpunkt Ramstein haben Überlebende und Hinterbliebene am Dienstag der 70 Toten und etwa 350 Schwerverletzten gedacht. In dem Ort Ramstein-Miesenbach in direkter Nachbarschaft der riesigen Airbase trafen die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sowie die ehemaligen Regierungschefs Kurt Beck (beide SPD) und Bernhard Vogel (CDU) etwa 100 Angehörige und Opfer. "Wir können nichts ungeschehen machen - aber wir können gedenken, zusammenstehen und uns gegenseitig stützen", sagte Dreyer.
Anwesend war auch der Bruder des italienischen Piloten, der das Unglück mitverursacht hatte. "Wahrheit erträgt kein Vergessen", sagte Giancarlo Nutarelli bei einem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche St. Nikolaus von Ramstein-Miesenbach. "Der Schmerz hat uns alle tief getroffen, aber zugleich auch alle Betroffenen miteinander vereint."
Beck sagte, es sei wichtig, Anteilnahme zu zeigen. "Es hilft, den Schmerz zu teilen - auch nach 30 Jahren", sagte er. Die Trümmer der abgestürzten Maschinen befinden sich im Luftfahrtmuseum im italienischen Rimini. "Wie jedes Jahr werden wir in einem speziellen Bereich eine Gedenkfeier abhalten", teilte die Museumsleitung mit.
Am 28. August 1988 waren bei einer Schau auf dem US-Militärflughafen Ramstein drei Jets der italienischen Kunstflugstaffel Frecce Tricolori (Dreifarbige Pfeile) kollidiert.
Eine Maschine stürzte in die Menge und explodierte. 67 Zuschauer und drei Piloten starben. Für die 70 Toten waren in der Kirche ebenso viele Kerzen aufgestellt. Sechs Trauerkränze, unter anderem vom Bundesverteidigungsministerium, standen am Altar.
"Kaum ein anderes Unglück ist so tief im Gedächtnis unseres Landes verankert wie die Flugtagkatastrophe in Ramstein", sagte Ministerpräsidentin Dreyer. Ebenso wie das Unglück würden der Schmerz der Opfer und Hinterbliebenen niemals verjähren.
Vor dem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche St. Nikolaus von Ramstein-Miesenbach kam es am Dienstag zu zahlreichen Umarmungen. Foto: Oliver DietzeVor der Kirche gab es viele Umarmungen. "Das ist wie ein Familientreffen", sagte eine Frau, die schwer verletzt überlebt hatte. "Ich habe einen riesigen Feuerball gesehen - es war, als wenn der Himmel brennt", schilderte sie die Tragödie. "Es ist schade, dass man sich so selten trifft", sagte Marc-David Jung, der bei dem Unglück seinen Vater verlor.
Er lobte die Anwesenheit von Dreyer, Beck und Vogel: "Es ist schön, dass die Politik Anteilnahme zeigt." Hinterbliebene und Überlebende wollten im engsten Kreis an der Absturzstelle auf dem abgesperrten Gelände der Air Base zusammenkommen. Zum Abschluss sollten sich Angehörige und Opfer an einem Mahnmal außerhalb des Stützpunkts versammeln.
RNZ-Leser Karl Wolff erinnerte in einer Zuschrift an die Redaktion daran, dass es bereits in den frühen 80er-Jahren auf der Airbase immer wieder zu Protesten gegen die Flugvorführungen und ihren Gefahren für Mensch und Umwelt gekommen sei. "Im Jahr 1987 habe ich mich einer Gruppe von Demonstrierenden angeschlossen", schreibt Wolff.
Etwa 20 Teilnehmer hätten blutbefleckte Leintücher dabei gehabt. Sie seien von Besuchern der Flugschau in diesem Jahr angepöbelt und mit Fußtritten traktiert worden. Amerikanische Militärfahrzeuge seien schnell zur Stelle gewesen, um das "Ärgernis" unsanft zu beseitigen. "Ein Jahr später war aus der vorgespielten Katastrophe grausame Realität geworden", so Wolff.