Unter den Schnäppchenjägern beim Flohmarkt im Nationaltheater Mannheim waren auch einige Schauspieler. Foto: Gerold
Von Volker Endres
Mannheim. Gespielte Geschichten zum Mitnehmen – das bot der erste große Requisitenflohmarkt am Mannheimer Nationaltheater. Rund 3000 Besucher machten sich am Samstag im Bunker unter dem Goetheplatz auf Entdeckungsreise nach Schätzen mit Bühnenhintergrund und staubiger Theaterluft.
"Wir sind Flohmarktfreunde und wollen mal sehen, was das Nationaltheater zu bieten hat", erklärten Friedburg Stüber und Christiane Dietz. Die beiden Mit-Siebzigerinnen hatten sich vor dem Requisitenbunker aufgestellt und warteten geduldig darauf, dass Stefanie Holz die Tür zu dem unterirdischen Reich öffnete. Dabei hatte die Leiterin der Abteilung Requisite, Pyrotechnik und Waffen am Nationaltheater einiges zu tun – auch wenn auf den Tischen nur ein Bruchteil des Fundus Platz fand und auf entdeckungs- und vor allem kauffreudige Theaterfreunde wartete.
Bunker-Flohmarkt Nationaltheater - Die Fotogalerie"Wir lagern hier Stücke aus mehr als 60 Jahren Theatergeschichte", erklärte Holz, die ihre Stelle am Nationaltheater vor 30 Jahren antrat. Im Zuge der Generalsanierung müsse auch der Bunker mit einer Lagerfläche von rund 400 Quadratmetern geräumt werden. Der wurde bei der letzten Sanierung in den 1990er-Jahren zum Lager umgebaut. "Alles, was wir verkaufen, müssen wir nicht zwischenlagern", erklärte sie.
Genau genommen war es sogar der zweite Flohmarkt im Nationaltheater. "Beim Theaterfest zur Spielzeiteröffnung hatten wir schon einen kleinen Verkauf", berichtete Holz. "Aber in dieser Größenordnung machen wir die Aktion zum ersten Mal."
Gemeinsam mit neun Mitarbeitern hatte sie den Verkauf vorbereitet und aus mehr als einer Million Requisitenstücke etwa 0,1 Prozent für den Verkauf ausgewählt. "Alle Requisiteure sind auch erfahrene Flohmarktbesucher", erklärte Stefanie Holz lachend. Immerhin werden für die Ausstattung der Theaterstücke die Vorstellungen des Regisseurs möglichst detailgetreu erfüllt. "Die Regieassistenten kommen vor Beginn der Proben mit einer Liste der geforderten Gegenstände zu uns, und wir suchen dann aus", erklärte sie.
Im Zuge der sechswöchigen Proben gewinnt auch das Bühnenbild immer mehr an Format. "Wir kaufen Gegenstände dazu, bauen sie teilweise selbst und erhalten immer wieder Spenden von Theaterfreunden", berichtete Holz. So wuchs der Requisiten-Fundus mit den Jahren immer weiter an.
Die Besucher standen vor einem unüberschaubaren Berg aus alten Theaterplakaten, Koffern, Handtaschen, Gläsern und jeder Menge üblichem Krimskrams. Auf den hatten sich ganz offensichtlich viele gefreut. Auch Schauspielerinnen und Schauspieler waren ins Bunkergewölbe gekommen, um in Erinnerungen zu schwelgen: "Da hinten, mit dieser Handtasche habe ich eine Prostituierte gespielt", erzählte eine Frau lachend, während ein Mann beim Anblick der Plakate über Regisseure und Inszenierungen sinnierte. Der Vorteil der Theaterangehörigen: Sie kannten den Hintereingang.
Die allermeisten Besucher mussten jedoch durch die Pforte auf dem Goetheplatz. Und dort war kein leichtes Durchkommen. "Ich stehe jetzt schon seit einer guten Stunde an", verriet Student Jürgen Kammel. Der Theaterfreund hat zum Wintersemester sein Studium in Mannheim begonnen und sucht noch nach Einrichtungsgegenständen. "Vielleicht werde ich ja auf dem Flohmarkt fündig", meinte er. Und wenn nicht? "Dann habe ich zumindest ein bisschen Theaterluft geschnuppert und eine neue Seite meiner neuen Heimatstadt entdeckt", erklärte der gebürtige Nürnberger.
Nach sechs Stunden Flohmarkt waren Stefanie Holz und ihre Mitarbeiter restlos erledigt, aber auch überwältigt vom enormen Zuspruch. "Die Atmosphäre war hervorragend. Wir haben viel verkauft, und es hat vor allem viel Spaß gemacht", sagte die Abteilungsleiterin.
Sie schloss eine Wiederholung der Aktion ausdrücklich nicht aus. "Wir könnten im März den nächsten Verkauf starten", so Holz. Wegen der Verwendung des "sicherlich vierstelligen" Erlöses müsse man noch die kaufmännische Geschäftsführung befragen. "Ich würde gerade jetzt zur Weihnachtszeit gerne einen Teil davon spenden", sagte sie.