Wirbelten den Sand beim symbolischen Spatenstich auf: Achim Judt (von links), Martin Schenk, Peter Kurz sowie die beiden Fortoon-Geschäftsführer Frank H. Körmann und Peter Zillmann. Foto: Gerold
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Es war das Aufreger-Thema 2019 in Mannheim: Im März kam heraus, dass die Tom-Bock-Gruppe zwei Grundstücke auf der Konversionsfläche Turley in der Neckarstadt-Ost verkauft hat – wie bekannt wurde zum sechsfachen Preis an die vier Gründer des Sportwettenanbieters Tipico. Einer von ihnen, der Karlsruher Anwalt Dieter Pawlik, erklärte damals im Gespräch mit der RNZ, dass man beabsichtige, noch in diesem Jahr mit dem Bau von über 300 Wohnungen zu beginnen. Er hat Wort gehalten. Die Bagger rollen zwar noch nicht, aber am Freitag fand der offizielle Spatenstich auf Baufeld 5 statt.
Modern, gradlinig aber trotzdem passend zu den historischen Sandsteingebäuden auf dem ehemaligen Kasernengelände sehen die Neubauten aus. Eine Ansicht ist auf dem großen Standbild zu sehen. Passend zum Bestand zu bauen, sei ihm wichtig gewesen, betont der verantwortliche Architekt Martin Schenk. "Das gilt für Material- und Farbauswahl sowie die Details." Auf dem Baufeld 5 sollen 71 Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, acht Büros und eine Tiefgarage mit 75 Kfz- und 142 Fahrradstellplätzen entstehen. Die Gewerbeflächen befinden sich an der Seite des Grundstücks, das an die viel befahrene Friedrich-Ebert-Straße grenzt. Auch Platz für Ladenflächen ist vorgesehen, denn eine Nahversorgung für das neue Quartier ist dringend nötig.
700 Menschen wohnen bis jetzt auf dem Gelände der ehemaligen US-Kaserne Turley, etwa 200 haben dort ihren Arbeitsplatz. Deshalb wären eine Bäckerei, ein Kiosk, ein Café und andere Läden für den täglichen Bedarf durchaus wünschenswert. "Die Nahversorgung auf Turley ist suboptimal", gibt Achim Judt zu. Er ist Geschäftsführer der von Seiten der Stadt für die Konversion verantwortliche Tochtergesellschaft MWSP.
Doch vor Baubeginn stehen erst einmal die letzten Bodenuntersuchungen an. "Das Turley-Gelände ist eine Kampfmittelverdachtsfläche", erklärt Peter Zillmann, Geschäftsführer der Fortoon Development GmbH aus Hamburg, die als Projektentwickler und Teilinvestor fungiert. Die Untersuchungen des Erdreichs sind auf dem ganzen Areal obligatorisch. Zillmann schätzt, dass der Baubeginn ins erste Quartal 2020 fällt – je nach Witterung. Wenn alles nach Plan läuft, sind die Gebäude bis Frühjahr 2022 bezugsfertig. Dass die neuen Investoren so schnell handeln können, liegt daran, dass es für das Baufeld 5 bereits einen genehmigten Bebauungsplan gab.
"Die frohe Botschaft ist: Jetzt geht es los", sagte Oberbürgermeister Peter Kurz. "Darauf wartet das ganze Quartier, darauf warten wir." Damit dürfte er recht haben, denn vor dem Verkauf waren die Arbeiten von Tom Bock auf Turley ins Stocken geraten. Bock wurde 2012 Ankerinvestor und erwarb die denkmalgeschützten Kasernengebäude sowie das Baufeld 4, drei Jahre später kaufte er auch das Baufeld 5. Zunächst lief alles nach Plan, die Kasernengebäude wurden saniert, die ersten Bewohner zogen in das neue Quartier. Doch dann begann der Leerlauf. Vertraglich festgelegte Leistungen, beispielsweise der Bau einer Tiefgarage unter dem Turleyplatz, wurden nicht realisiert. Im Dezember 2018 verkaufte Tom Bock dann die beiden Grundstücke.
Der Deal schlug in der Stadtgesellschaft aber nicht nur wegen der horrenden Verkaufssumme von 36 Millionen Euro hohe Wellen, sondern auch, weil es in den Verträgen zwischen Stadt und Tom Bock keine Wertschöpfungsklausel gab. Diese hätte die Stadt beim Weiterverkauf am Gewinn beteiligt. Viele Bürger befürchteten nun, dass Turley zum Spekulationsopfer geworden sei. Die neuen Investoren beeilten sich, die Wogen zu glätten und stellten eine Planung vor, die statt der geplanten Luxuslofts für Baufeld 4 auf Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen für Familien, Senioren, Singles und Studenten setzte.
Daran erinnert Peter Kurz, für den der Spatenstich auch den Startschuss für das Gesamtprojekt darstellt. "Wohnraum ist das Thema Nummer Eins", betont der Oberbürgermeister. Deshalb freue es ihn, dass auf dem Baufeld 4 statt der zuvor geplanten 150 jetzt 250 Wohnungen entstehen, von denen ein Teil für eine Maximalmiete von 7,50 Euro pro Quadratmeter vermietet wird. Auch die Anordnung der Wege durch das Quartier und die Begrünung seien jetzt optimaler geplant. Man wolle die neuen Gebäude nicht abschotten, sondern in das entstehende Quartier integrieren, sagt Architekt Schenk dazu.
Die Planungen für das Baufeld 4 wurden am Dienstag im Ausschuss für Umwelt und Technik vorgestellt und erhielten eine Mehrheit. "Wir wollen im März den Bauantrag einreichen", berichtet Peter Zillmann.