Ziehen eine durchwachsene Bilanz: Lars Lamadé (v.l.), Uli Roth, Kai Kemper, Christian Kaltenegger und Jan Goschmann. Foto: Gerold
Von Wolf Goldschmitt
Mannheim. 25 Livekonzerte, 50 Filme, 16.000 Autos, das Carstival auf dem Mannheimer Maimarktgelände hat neun Wochen lang die Kulturszene weit über die Region hinaus bereichert. In der kommenden Woche verschwinden die magentafarbenen Wegweiser aus dem Stadtbild, und die 300 Quadratmeter große LED-Leinwand wird abgebaut. Ob die Geschäftsführer der ungewöhnlichen Open-Air-Serie, Kai Kemper und Uli Roth, noch einmal das wirtschaftliche Wagnis eingehen würden? Auf alle Fälle, sagen die Macher.
Fünf Männer auf kleinen Hockern vor der gigantischen Leinwand ziehen Bilanz. Und die fällt zunächst positiv aus. Während der gesamten Spielzeit habe es nur zehn Beschwerden von Anwohnern gegeben, erzählt Kai Kemper von der Agentur GO 7 und sieht zufrieden aus: "Uli Roth und ich haben bei der Einweisung der Autos in ihre Parkplätze auch mitgeholfen. Wir haben dabei fast ausschließlich in glückliche Gesichter geschaut". Lars Lamadé vom Hauptsponsor SAP bestätigt: "Wir wollten in Zeiten von Corona weiterhin Kultur auch für unsere vielen Mitarbeiter bieten. Umfragen haben gezeigt: Das ist bestens gelungen."
Alles andere wäre angesichts der Galerie von Stars und der Produktionskosten in Höhe einer sechsstelligen Summe überraschend gewesen. Von den Deutschpopmusikern wie Revolverheld, Max Giesinger und Tim Bendzko über Rapper wie Sido oder Haftbefehl bis hin zu den Söhnen Mannheims und Comedian Bülent Ceylan reicht das schillernde Sortiment des Programms. Selbst das Wetter war meistens aufseiten der Unterhaltungspioniere gewesen.
Mit der Lockerung der Versammlungsverbote durch die Stadt Mannheim ist es in den vergangenen Wochen sogar erlaubt, 100 Leuten einen Freiluftplatz in Liegestühlen direkt vor der Bühne in Lounges zu bieten. Nicht zuletzt dank einer guten Zusammenarbeit mit dem Frankenthaler Kinobetreiber Christian Kaltenegger und Jan Goschmann von der Maimarktgesellschaft schreibt das Carstival eine "schwarze Null". "Wenn wir allerdings die 20.000 Stunden berechnen, die insgesamt gearbeitet wurde, dürfte es eher eine rot-schwarze Null werden", scherzt Kemper.
Die Zahlen, die er präsentiert, sprechen für sich. Gut und gern 50.000 Besucher sind angereist. Einige – wie beim Auftritt von Schiller – sogar aus den neuen Bundesländern. Zur Organisation gehört auch der kontaktlose Service mit Speisen und Getränken. Die Frauen und Männer auf den Elektrorollern bringen es am Schluss auf 350 Kilometer Fahrleistung. "Jedes zweite Auto hat etwas bestellt. So sind etwa 30.000 Fahrten zusammen gekommen", rechnet Kemper. Dass fünf E-Scooter "verschwunden" sind, wurmt ihn allerdings immer noch ein wenig.
Uli Roth von der Hirschberger Eventagentur Demi Promotion zeichnet mit seiner Mannschaft für den glatten Ablauf an allen 60 Tagen verantwortlich. Sein Fazit: "Sowohl Technik als auch Sicherheit, elektronischer Ticketverkauf und Gastronomie verdienen die Bestnote". In vier Monaten von der ersten Idee bis zum Finale sei ein Superteam zusammengewachsen. Diese Verbindungen wie zum Beispiel zum Mannheimer Nationaltheater oder zum Festival "Enjoy Jazz" blieben auch über das Ende des Carstivals hinaus bestehen. Unter dem Strich steht laut Kai Kemper eine Veranstaltungsreihe, die in Erinnerung bleibe und viele Menschen aus der Kurzarbeit geholt habe. Ob sie wiederholt werden darf (oder muss), hängt von der Entwicklung des Infektionsgeschehens ab. Kai Kemper wünscht sich zwar Normalität zurück. Aber er wäre auch bereit, seine "kulturelle Notversorgung" wieder in Gang zu setzen.