Noch braucht es dazu viel Fantasie – aber vor der ehemaligen Heizzentrale der US-Armee soll einmal ein Biergarten entstehen. Foto: Buga 23
Von Alexander Albrecht
Mannheim. Falls sich Jogi Löw darüber ärgern sollte, dass sich in Deutschland fast jeder Fußball-Fan zum Bundestrainer befähigt fühlt – was sollen dann erst die Gastronomen sagen? Essen und trinken muss schließlich jeder. Gerade bei Großveranstaltungen ist mitunter der Frust über lange Wartezeiten und schlechten Service bei Speis und Trank größer als die Freude über das eigentliche Erlebnis. Bei der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim soll das nicht passieren, verspricht Ulrich Wessel. Nach der Buga 2019 in Heilbronn entwickelt der 58-jährige Experte nun auch das Gastrokonzept für das 180-tägige Event in zweieinhalb Jahren.
Insgesamt zwei Millionen Besucher erwarten die Organisatoren dann auf den beiden Ausstellungsflächen: dem ehemaligen US-Militärgelände Spinelli bei Feudenheim/Käfertal und im Luisenpark. "Das bedeutet täglich mehrere Tausend Menschen, die alle irgendwann Hunger und Durst bekommen", sagt Wessel bei einer Online-Pressekonferenz. Um lange Gästeschlangen zu vermeiden, setzt der Berater auf moderne Technik. Besucher könnten zum Beispiel ihr Essen vorab per App ordern und später elektronisch bezahlen.
Wessel ist ein "Freund der schnellen Bedienung". Doch werde es bei der Buga sämtliche Servicearten geben. Dazu gehört auch eine neue Möglichkeit. Im Biergarten vor der Heizzentrale der Amerikaner auf Spinelli können die Gäste Getränke kaufen und dabei ihr mitgebrachtes Essen verspeisen. Einwegverpackungen sollen überall verboten sein.
Wessel glaubt, dass sich die Besucher zu Spitzenzeiten auf die vielen unterschiedlichen Stände und Restaurants verteilen. In den beiden Austragungsorten werde, so der Gastro-Experte, für alle und jeden Geldbeutel etwas dabei sein. Und das ist geplant:
Spinelli:
Die frühere, riesige Lagerhalle der US-Streitkräfte (U-Halle) bildet das Zentrum der Gastronomie. Dort sollen Natur und Industriecharme miteinander verschmelzen. Es entstehen drei Angebote, die über die Buga hinaus erhalten bleiben sollen. Da ist das "Green Restaurant" mit jeweils 300 Sitzplätzen im Innern und Freien. Das Schlagwort heißt hier "Farm to table", also kurze Wege vom Anbau bis auf den Teller.
Die Gäste sollen in direkten Kontakt zu Gastronomen und Erzeugern kommen. Dank offener Küchen können die Hungrigen den Köchen bei der Zubereitung des Essens über die Schulter schauen. An drei bis vier Ständen sind leidenschaftliche Köche – von Wessel "Enthusiasten" genannt – am Werk. Das Konzept ist angelehnt an die "Markthalle Neun" in Kreuzberg mit ihren vielen kleinen internationalen Angeboten. So bunt wie im Berliner Szenekiez soll es auch im "grünen" Restaurant zugehen.
Auf den Erlebnisfaktor setzen die Macher auch bei der Grillstation mit insgesamt 130 Plätzen. Die Devise lautet: "Grillgut aussuchen – Griller machen lassen. Zuschauen gerne." Degustationsmenüs für verschiedene Ansprüche und Konstellationen (Familien, Schulklassen, private Feiern), Kochkurse oder Vitrinen mit frischen Kräutern als Zutaten: Das ist schließlich in der "Experimentalküche" angesagt. Wessel kündigt "regionales, schmackhaftes und nachhaltiges" Essen an. Mit Lebensmitteln, die direkt auf dem Buga-Gelände oder in der Nähe angebaut wurden. Exemplarisch nennt der Berater hausgemachte Limonaden mit Gartenessenzen oder Salaten mit frischen Blüten.
Wessel weiß: Das klingt alles ein wenig freudlos und nach Verzicht. "Wir werden aber kein Reformhaus sein", stellt er deshalb klar. Dort, wo man auf vegetarische und vegane Küche setze, solle es "lecker sein und Spaß machen". Und es würden auch Fleisch und sündige Nachspeisen wie Schokocreme auf den Speisekarten stehen.
Luisenpark:
Laut Wessel soll sich das Seerestaurant unter neuer Führung als "Flaggschiff" mit dem hochwertigsten, aber weiter erschwinglichen Angebot etablieren. Beibehalten will Wessel das "Café Pflanzenschauhaus", das Drehrestaurant im Fernmeldeturm, das Teehaus und das Bistro am Freizeithaus. Allerdings müsse der jetzige Grillplatz wohl zusätzlichen Sitzplätzen weichen. "An der Freizeitwiese ist ja auch die Seilbahnstation, wo wir mit viel Publikum rechnen", begründet der Experte die Maßnahme.
Neu dazu kommen wird ein Restaurant in der "Neuen Parkmitte", die bis zur Bundesgartenschau zu einem großen Teil fertiggestellt sein soll. Es werde, so Wessel, "spektakulär" über dem neuen Aquarium platziert, aber "familienfreundlich einfache Speisen" bieten. Ändern dürfte sich etwas an den Kiosken. Wessel plant unterschiedliche Speiseangebote an den verschiedenen Standorten.
Indes ist laut Buga-Geschäftsführer Michael Schnellbach offen, ob und welche Gastronomen aus der Region die Besucher verwöhnen. Es seien noch keine Gespräche geführt worden. Spätestens bis Mitte des zweiten Quartals sollen Interessenten zur Bewerbung aufgefordert werden. Danach werde man über die Ideen und Konzepte entscheiden.