Wenn Löwen und Tiger wie zahme Kätzchen erscheinen
Spitzenstimmung bei der Premiere - Tiernummern und Artisten beeindruckten Publikum - Aktionsbündnis verteilte Infoblätter

Von Karin Katzenberger-Ruf
Heidelberg. Kamele drehen zusammen mit beeindruckend gehörnten Rindern ein paar Runden, dann sind die Lamas an der Reihe, machen in der Manege ihre Sprünge. Die Premiere bei Zirkus Charles Knie am Mittwochnachmittag hat gerade erst begonnen - und schon ist das Publikum im 1440-Personen-Zelt ganz aus dem Häuschen.
Tierrechtler protestieren immer wieder gegen den Zirkus. Doch als Tierlehrer Alexander Lacey seine Löwen und Tiger zum Teil wie zahme Kätzchen erscheinen lässt, die friedlich nebeneinanderliegen, sieht das für den Laien nicht aus, als sei es gegen die Natur.
Der Zirkus ist jedenfalls stolz, mit Lacey einen Weltstar im Programm zu haben. Der Tierlehrer aus Großbritannien, der beruflich in die Fußstapfen seiner Eltern trat, arbeitet mit der international größten gemischten Raubtiergruppe.
Den Umgang mit den Tieren lernte er schon als kleiner Junge. Mit 17 Jahren war er dann reif für den ersten Auftritt - und legte eine steile Zirkuskarriere hin.
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Im Eingangsbereich verteilen vor der Premiere zwei Männer vom Aktionsbündnis "Tiere gehören zum Circus" Infoblätter an die Gäste. Ihre Botschaft lautet: Die Dressur beruhe auf einem engen Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Tier, die Tiere würden bei guter Haltung keine Verhaltensstörungen zeigen, der Transport stresse sie nicht - auch das sei "wissenschaftlich erwiesen". Nicht zuletzt heißt es, die Begegnung mit den Tieren sensibilisiere für deren Schönheit und Würde.
Doch natürlich hat der Zirkus nicht ausschließlich Tiere zu bieten: Schon die Livemusik des Acht-Mann-Orchesters bringt die Zuschauer auf Betriebstemperatur - und die vier Balletttänzerinnen heizen die Stimmung weiter an.
Hintergrund
Was Zirkusgäste zu sagen haben
Wo immer der Zirkus Charles Knie gastiert, ist die weltgrößte Tierrechtsorganisation Peta schon da. Die Tierrechtler treten für ein absolutes Verbot von Tieren im Zirkus ein - und werfen Charles Knie vor, seine Tiere
Was Zirkusgäste zu sagen haben
Wo immer der Zirkus Charles Knie gastiert, ist die weltgrößte Tierrechtsorganisation Peta schon da. Die Tierrechtler treten für ein absolutes Verbot von Tieren im Zirkus ein - und werfen Charles Knie vor, seine Tiere einer Tortur auszusetzen. Das Zirkusunternehmen weist alle Vorwürfe zurück: Den Tieren gehe es hervorragend. Die RNZ hat sich vor der gestrigen Premiere rund um die Gehege der Zirkustiere auf dem Messplatz bei Besuchern umgehört, was sie über Tiere im Zirkus denken.
Amelie und Angelina (beide 11) aus Heidelberg: "Die Pferde sind toll, aber wir finden: Tiger gehören nicht unbedingt in einen Zirkus."
Kerstin Vierling (32) aus Mannheim: "Eigentlich sieht es so aus, als würden die Tiere sich wohlfühlen, auch wenn sie sozusagen in Gefangenschaft sind. Aber sie kennen es ja nicht anders und sind sicher gut versorgt."
Maren Hartenstein (36) aus Lingenfeld: "Die Gehege machen auf mich einen ordentlichen Eindruck. Ich hab’s mir schlimmer vorgestellt. Das scheint so in Ordnung zu sein."
Tanja Reiser (43) aus Weinheim: "Raubtiere im Zirkus müssten nicht unbedingt sein. Aber wenn es schon einen Familientag mit Sonderpreisen gibt, geht man mit den Kindern gerne hin."
Sabine Ellering (45) aus Gaiberg: "Ich habe an der Tierhaltung hier überhaupt nichts auszusetzen. Es gibt keinerlei Anzeichen von Hospitalismus. Ich bin selbst Pferdetrainerin. Wenn es in einem Zirkus keine Pferde mehr gäbe, müsste man auch das Dressurreiten abschaffen." (kaz)
Der Zirkus Charles Knie ist sehr international: Clown Henry kommt aus Venezuela. Und aus Australien stammen ein Vater und seine drei Söhne, die bei der Vorstellung durch geradezu übermenschliche Kräfte beeindrucken - die braucht man auch für diese Art Handstand-Akrobatik.
Der dreifache "Salto Mortale" mit zweifacher Pirouette oder der Spagat auf dem Schlappseil gehören zu den artistischen Beigaben. Artistin Tatiana gelingt es sogar, sich auf dem Seil auf einem Stuhl gemütlich zu machen.
Info: Der Zirkus Charles Knie gastiert bis 23. September auf dem Messplatz. Vorstellungen täglich um 16 und 19.30 Uhr, sonntags um 11 und 15 Uhr statt. Karten kosten zwischen 15 und 34 Euro, ermäßigt zwischen 10 und 30 Euro.