Seit 15 Jahren gibt es das Camp "Die Waldpiraten". Leiterin Sonja Müller, Gründerin und Vorgängerin Gabriele Geib und Betreuerin Chris Maier (v.l.) freuen sich mit den Kindern und Maskottchen "Hugo" über das Jubiläum. Foto: Philipp Rothe
Von Marion Gottlob
Heidelberg. Sorgsam formt Felix (Namen der Kinder geändert, d. Red.) aus Ton eine Schale und sagt: "Ich bin glücklich." Es ist sein erster Tag bei den "Waldpiraten", der Deutschen Kinderkrebsstiftung im Stadtwald von Heidelberg. Neun Tage lang darf er mit 45 weiteren Kindern "Ferien von der Krebs-Erkrankung" machen. Das Camp feiert in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen. Mit der Deutschen Kinderkrebsstiftung und anderen gründete Gabriele Geib damals das Camp: "Es war die richtige Entscheidung. Das macht mich stolz."
In Deutschland erkranken jährlich rund 1800 Kinder unter 15 Jahren an der bösartigen Krankheit. Gabriele Geib hat selbst ein Kind durch eine Krebs-Erkrankung verloren. Der Sohn bat seine Mutter, sich nach seinem Tod für andere krebskranke Kinder zu engagieren. Den Auftrag nahm sie sich zu Herzen - und viele zollen ihr Respekt und Bewunderung dafür. Als sie das Gelände des früheren Awo-Alex-Möller-Waldheims besichtigte, war sie begeistert: "Ich erhielt mitten in der Nacht gegen 22 Uhr einen Anruf, dass der Gemeinderat einstimmig beschlossen hatte, dass dieses Gelände für krebskranke Kinder sein sollte."
Eine Modernisierung der alten Gebäude war nicht möglich, weil gesundheitsgefährdende Stoffe darin steckten. Aus Holz und Glas entstanden neue, von Licht durchflutete Gebäude. Im Haupthaus sind die Verwaltung, Seminarräume und Zimmer für Betreuer und Tagesgäste untergebracht. In einem weiteren Haus findet man Werkräume und ein Theater. Die Kinder schlafen in rustikalen Blockhütten, einige davon sind behindertengerecht ausgestattet.
Das Camp orientiert sich an Vorbildern aus den USA. Die Teilnehmer sind 9 bis 15 Jahre, 16 bis 17 Jahre oder 18 Jahre und älter. Sie haben normalerweise die Akutbehandlung einer Krebs-Erkrankung abgeschlossen. Außerdem werden gesunde Geschwister-Kinder aufgenommen, denn die ganze Familie leidet bei einer Erkrankung mit. Gemeinsam erproben sie im Camp die Rückkehr in ein "normales" Leben.
Denn wer an Krebs erkrankt, hat erst einmal wenig Grund zum Lachen. Schon gar nicht als Kind oder Jugendlicher. Zwar können heute mehr als 80 Prozent der Kinder gut behandelt werden, aber zunächst ist der Schock bei der Diagnose groß. Es folgen oft schmerzhafte Prozeduren und Therapien mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Haarausfall. Manche Kinder haben nach operativen Eingriffen wie der Amputation eines Beines oder Armes große Probleme. Sie erleben Ängste und Einsamkeit.
Leiterin Sonja Müller erklärt: "Im Camp treffen die Kinder auf andere Kinder, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben." Mit Methoden der Erlebnispädagogik erproben sie ihre Fähigkeiten nach der Krankheit mit Töpfern, Bogenschießen und vielem mehr. Dazu gibt es einen speziellen Hochseilgarten, auf dem auch Rollstuhl-Kinder ihren Mut austesten können.
Die "Waldpiraten" bieten jedes Jahr zehn Ferien-Camps für krebskranke Kinder und Geschwisterkinder an. Die Veranstaltungen sind immer voll belegt. Außerdem gibt es Seminare rund um das Thema "Krebs" für Erwachsene und Familien. Jedes Jahr sind rund 6000 Menschen bei den "Waldpiraten" zu Gast. Im Jahr 2009 wurde das Camp als einer der "365 Orte im Land der Ideen" ausgezeichnet. Schon 2008 erhielt es den Nachsorgepreis der Deutschen Kinderkrebsnachsorge. Ein Kind sagte: "Es ist für niemanden schwer, im Camp Freunde zu finden, denn alle, die sich hier befinden, mussten dasselbe oder Ähnliches durchleiden wie man selbst."
Info: Die "Waldpiraten", Promenadenweg 1, laden am 14. Oktober, 14 bis 17 Uhr, zum "Tag der offenen Tür".