Sie sind die ältesten Zoobewohner – die beiden Seychellen-Riesenschildkröten Emil und Iulius. Über 100 Jahre haben sie schon auf dem Buckel und können noch viel älter werden. Im Zoo Heidelberg leben die beiden seit den 1960er Jahren. Foto: Philipp Rothe
Von Sarah Hinney
Heidelberg. Stille Mäuschen, schräge Vögel, Rampensäue – Tiere haben ihren ganz eigenen Charakter. Und wo lässt sich das besser beobachten als im Zoo? Leider ist der Heidelberger Zoo geschlossen. Damit die Tiere nicht in Vergessenheit geraten, stellt die RNZ einige Zoobewohner und ihre Charaktereigenschaften vor. Die mit Abstand ältesten Zoobewohner sind die Seychellen-Riesenschildkröten. Im Winter sind sie normalerweise nur durch die Scheibe ihrer sandigen Behausung zu beobachten. Die RNZ durfte aber zu einer Stippvisite nach drinnen ins behaglich warme Schildkrötenheim.
Wer seid ihr denn? Fünf Seychellen-Riesenschildkröten leben derzeit im Zoo Heidelberg. Die ältesten von ihnen sind Emil und Iulius – sie schlüpften vor gut 100 Jahren und befinden sich jetzt quasi in der Mitte ihres Lebens. Über 200 Kilo bringen die beiden auf die Waage – ganz normales Riesenschildkrötengewicht. Mit den beiden Großen teilen sich derzeit Einstein, Hemingway und Dame Häkkinen das Schildkrötenheim. Häkkinen wird aber langfristig wohl nicht in Heidelberg bleiben, für sie wird gerade ein Platz in einem anderen Zoo gesucht. Der Grund: Die vier Männer um sie herum sind einfach zu aufdringlich. Einstein und Hemingway sind mit ihren etwa 50 bis 60 Jahren nämlich gerade mitten im Halbstarkenalter.
Was macht euch besonders? Dass Iulius seit einer halben Ewigkeit eine Verletzung am Panzer hat, ist gut zu sehen. Dass es sich dabei um eine Verletzung von einem Bombenangriff aus dem Zweiten Weltkrieg handelt, aber lediglich ein hartnäckiges Gerücht. Auch wenn es altersmäßig hinkäme, weiß niemand, woher die Verletzung wirklich stammt. Johanna Rensch und Lena Ritzert, die sich um die Tiere kümmern, wissen nur eins: Emil und Iulius kamen erst in den 1960er Jahren in den Heidelberger Tiergarten.
Was fresst ihr gerne? Heu, Laub, Kohlrabi, Karotten und Tomaten stehen auf dem Speiseplan der fünf Panzertiere. Vielleicht ist also auch die gesunde Ernährung das Geheimnis ihres langen Lebens. Oder ihr langsamer Stoffwechsel, der im Winter noch mal weiter runterfährt – aktuell schlafen die Tiere rund 20 Stunden am Tag. Dabei sind Schildkröten nicht immer tiefenentspannt. "Ja, die streiten auch mal", bestätigt Johanna Rensch. Dabei kann es auch passieren, dass eine Schildkröte auf den Rücken kullert – und dann hat sie ein Problem, das ohne tatkräftige Unterstützung nicht zu lösen ist. Um eine 200-Kilo-Schildkröte zu wenden, die mit allen vier Beinen rudert, braucht es schon mehrere zupackende Hände.
Und was sollte man über euch noch wissen? Seychellen-Riesenschildkröten wurden schon im 18. und 19. Jahrhundert von Seeleuten fast ausgerottet. Heute stehen sie unter strengem Schutz und dürfen nicht gehandelt werden. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Tiere geschmuggelt werden. Einstein, Hemingway und Häkkinen sind allesamt beschlagnahmte Tiere. Alle fünf Heidelberger Schildkröten mögen Streicheleinheiten und spüren sie selbst an ihrem dicken Panzer. Besonders gern werden sie aber am Hals und unter dem Kinn gekrault. Wie sich das anfühlt? Etwa so, als würde man mit der Hand über ein uraltes und wahnsinnig gemütliches Ledersofa streicheln – und eigentlich möchte man nie wieder damit aufhören.
Info: Wer den Zoo unterstützen möchte, kann spenden an: Sparkasse Heidelberg, BIC: SOLADES1HDB, IBAN: DE 65.6725.0020.0000.0159 11.