„Stuhlprobe“ in der Stadthalle: Die Bürger konnten im Januar auf unterschiedlichen Sesseln Platz nehmen und ihre Erfahrungen mitteilen. Foto: Philipp Rothe
Von Anica Edinger
Heidelberg. Die Stadthalle wird auch künftig lose bestuhlt. Das beschlossen am Donnerstagabend die Stadträte im Gemeinderat (wir berichteten) mit knapper Mehrheit. Dabei waren sich insbesondere Grüne und CDU einig, dass dies die bessere Lösung im Vergleich zu den automatisch ausklappbaren Stühlen, die mit den Hubpodien verbunden worden wären, sei.
Doch als beide Fraktionen diese Position in der Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschuss kundtaten, versuchte Oberbürgermeister Eckart Würzner energisch, zu intervenieren. Die Mäzene, die die Sanierung dankenswerterweise finanzieren würden, hätten sich für die ausklappbare Variante ausgesprochen, ebenso die Bürger, die probesitzen durften. "Wieso beteiligen wir die Bürger, wenn wir ihre Meinung dann doch nicht miteinbeziehen?", fragte Würzner die Stadträte.
Grünen-Stadtrat Felix Grädler wies darauf hin, dass es den Besuchern der Stadthalle doch letztlich völlig egal sei, ob sie nun bei Konzerten auf automatisch ausgeklappten oder eben auf zuvor von Mitarbeitern aufgestellten Stühlen säßen. Zumal es ja aktuell nun nur um die Systematik, nicht etwa um die wirkliche Beschaffenheit der Stühle – also Stoff oder Polsterung – ginge. Dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden Derek Cofie-Nunoo ging es in der Diskussion aber um noch mehr – nämlich den Stil des Oberbürgermeisters. "Das ist eine Systematik, die nun schon wieder auftritt: Sie versuchen am Ende einer Diskussion, diese in Ihrem Sinne zu drehen", meinte Cofie-Nunoo in Richtung des Oberbürgermeisters, "und zwar, indem Sie emotionalen Druck aufbauen."
Dabei sei man sich schon nach der kurzen Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss am 5. Februar quasi einig gewesen, dass eine lose Bestuhlung die bessere, weil auch flexiblere und günstigere Lösung sei. Die Entscheidung wurde wegen des überraschenden Todes des SPD-Stadtrates Andreas Grasser vertagt. Dass nun in einer Sondersitzung wieder so lange diskutiert werde, "weil Sie versuchen, uns umzustimmen", ärgerte Cofie-Nunoo besonders. Zumal das Stadtoberhaupt keine neuen Sachargumente vorbringen würde. "Sie versuchen, es zu kippen – auf einer emotionalen Ebene", so Cofie-Nunoo.
Tatsächlich räumte der OB ein, keine neuen Argumente zu haben. Er verstehe dennoch nicht, weshalb die Stadträte gegen den Willen der künftigen Betreiber – etwa des Musikfestivals "Heidelberger Frühling" – handeln wollten. Denn auch dort präferiere man die ausklappbare Variante. Tatsächlich erklärte auch "Frühling"-Intendant Thorsten Schmidt gegenüber der RNZ: "Dass jetzt ausgerechnet die Bestuhlung, die von den Konzertnutzern und dem Publikum bevorzugt wird, abgelehnt wurde, verstehe ich nicht." Da die künftigen Stühle nun stapelbar sein müssten, sei man in der Auswahl sehr eingeschränkt. Schmidt: "Schade, ich hätte mir für Heidelberg eine mutige Entscheidung gewünscht, die der Stadthalle würdig ist."