Der Bismarckplatz in Heidelberg. Archiv-Foto: Rothe
Heidelberg. (rie) Rund 70 Menschen kamen am Mittwochabend spontan auf dem Bismarckplatz zusammen, um gegen die Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen zu protestieren. Die kurzfristig anberaumte Demonstration startete um 18 Uhr – nur wenige Stunden, nachdem FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen seiner Partei, der CDU und der AfD im Landtag in Erfurt ins Amt gehievt worden war.
Die Demo-Teilnehmer, unter denen viele junge Menschen waren, zeigten sich geschockt und wütend, dass FDP und CDU bei der Ministerpräsidentenwahl offenbar gemeinsame Sache mit der AfD gemacht hatten – oder die Unterstützung der in Thüringen besonders radikalen rechten Partei zumindest in Kauf genommen hatten. "Bürgerliche Parteien und Faschisten paktieren wieder", stand auf dem Schild einer jungen Frau. "Kemmerich muss schleunigst zurücktreten und dann muss es Neuwahlen geben", sagte sie gegenüber der RNZ.
Auch einige Vertreter von "Die Linke" und den Grünen sowie deren Jugendorganisationen demonstrierten mit. So manche Teilnehmer zogen Parallelen zur politischen Lage gegen Ende der Weimarer Republik vor rund 90 Jahren. "Am heutigen Tage ist – wie schon zu Zeiten der NSDAP – die bürgerliche Mitte nach rechts gerutscht", sagte die 19-jährige Psychologie-Studentin Elisabeth Pielhoff. FDP und CDU könnten nun wahrlich nicht mehr behaupten, in der bürgerlichen Mitte zu stehen. "Was da heute passiert ist, ist ein Bruch des demokratischen Grundkonsenses", so die Psychologie-Studentin, die im baden-württembergischen Landesvorstand der Grünen Jugend sitzt.
Auch der Heidelberger Grünen-Kreisvorsitzende Florian Kollmann war unter den Demonstranten. Er sagte: "Es ist schwer zu ertragen, dass diese große bürgerliche Volkspartei der Mitte, die CDU, vor unseren Augen zerbröckelt, weil sie es einfach nicht schafft, sich von Nazis abzugrenzen." Bei der FDP hingegen wundere er sich nicht mehr, "die ist bankrott".
Luisa Jung war eigentlich nur zufällig am Bismarckplatz, aber als sie sah, um was es bei der Demo ging, reihte sich die 46-jährige Heidelbergerin ein: "Ich kann es immer noch nicht fassen, was heute in Thüringen passiert ist." Sie habe beide Parteien – CDU und FDP – in der Vergangenheit schon einmal gewählt, aber das könne sie in Zukunft nicht mehr tun. "Wenn diese altehrwürdigen Parteien schon gemeinsame Sache mit Leuten wie Björn Höcke machen, dann kann man es in Deutschland echt mit der Angst zu tun bekommen."