Etwa 20 Menschenrechtler protestierten gestern vor dem Rathaus für Oleg Sentsov. F: Rothe
Heidelberg. (ew/dns) Eigentlich sind sich Oberbürgermeister Eckart Würzner und "Amnesty International" einig, was die den Fall des inhaftierten, ukrainischen Filmemachers Oleg Sentsov angeht: Wie die Menschenrechtsaktivisten ist auch das Stadtoberhaupt "ganz klar bestürzt" und verurteilt das Vorgehen der russischen Behörden. Und doch streiten der Oberbürgermeister und die Menschenrechts-Aktivisten am Donnerstag vor und zu Beginn der Gemeinderatssitzung über den Fall.
Die Aktivisten auf der einen Seite wollen alles tun, um das Unrecht, das dem Regisseur seit 2015 widerfährt, zu beenden. Damals wurde Sentsov in seiner Wohnung in Simferopol auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, Drahtzieher zahlreicher Anschläge zu sein. Ein Gericht verurteilte ihn zu 20 Jahren Haft im Gefangenenlager. Seit dem 15. Mai 2018 befindet Sentsov sich im Hungerstreik. In ihrem Kampf für die Freilassung des Filmemachers fordern die Menschenrechtler jetzt Unterstützung von der Stadt Heidelberg - immerhin Partnerstadt Simferopols. Etwa 20 Amnesty-Mitglieder protestieren deshalb im Vorfeld der Gemeinderatssitzung vor dem Rathaus, in einem kleinen Käfig sitzt eine Mitstreiterin mit Sentsovs Gesicht als Maske. "Ich finde es für eine Partnerstadt unmöglich, dass auf eine 20-jährige Haftstrafe keine Reaktion von öffentlicher Seite erfolgt. Die Stadt soll endlich den Mund aufmachen", erklärt die Heidelbergerin Petra Kreutz. Und auch in der Fragestunde des Gemeinderates fordert Petra Guntermann, dass die Stadt endlich Stellung beziehe.
Genau diese Forderung ist es jedoch, die Eckart Würzner ärgert - auch wenn er das Engagement der Amnesty-Gruppen mehrfach lobt: "Ich bitte Sie, nicht den Eindruck zu erwecken, die Stadtverwaltung sei völlig inaktiv." Als Oberbürgermeister habe er sich schon 2015 geäußert - und die Verhaftung verurteilt. Eine Prüfung des Regierungspräsidiums hat damals außerdem ergeben, dass der Gemeinderat keine Resolution zu dem Thema verfassen dürfe - da Außenpolitik schlicht nicht in seiner Zuständigkeit liege. Deswegen habe Würzner damals an Außenminister Steinmeier geschrieben, der sich für Sentsov eingesetzt habe. Das werde er gerne auch bei dem amtierenden Außenminister Maas tun. "Aber der Akteur ist in dem Fall die Bundesebene, nicht die Stadt."