Ta-cheru, die Leihgabe der University of Aberdeen in Schottland: Eine virtuell bis zum Skelett entblätterte Mumie und ihr Sargdeckel. Foto/Animation: DRZ, Volume Graphics
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Es ist eine Weltpremiere und ein riesiger Erfolg in Hildesheim: Im Römer- und Pelizaeus-Museum wird bis zum 30. September das animierte Hologramm einer weiblichen ägyptischen Mumie gezeigt, dreidimensional, frei schwebend im Raum, entblättert bis zum Skelett. Selbst das Gesicht der Toten ließ sich rekonstruieren. Dabei wurde "Ta-cheru" niemals aus ihren Binden gewickelt.
Die futuristische Darstellung - eine virtuelle Sektion - hatte ihre Anfänge im Februar in Heidelberg, wo die 2700 Jahre alte Mumie im supermodernen Computertomographen (CT) zerlegt wurde. Am Donnerstag, 13. September, 19 Uhr, kehren die Experten zurück und geben interessierten Besuchern Einblicke in die moderne Mumienforschung.
Was es braucht, um solche sensationellen Bilder zu erzeugen, sagt Dr. Roman Sokiranski, der wissenschaftliche Leiter und Gesellschafter des Radiologischen Zentrums Heidelberg im Bethanien: "Ein Gerät, das extrem schnell und extrem differenzierte Bilder macht; es gibt zur Zeit nichts Genaueres auf der Welt als unser CT."
Und dann braucht es noch das Auge des Wissenschaftlers, um die einzelnen Materialien auf jedem Bild, seien es Knochen oder Tücher, tatsächlich zu selektieren. Doch erst das Programm des Heidelberger Unternehmens "Volume Graphics" verbindet die detaillierten CT-Daten mit Bildern, die ein optischer 3D-Scanner liefert. "Die Rekonstruktion", sagt Sokiranski, "ist besser als die echten Mumien in Hildesheim." Die Präsentation als Hologramm schließlich sei der nächste Schritt zu einer dreidimensionalen Darstellung, die durchaus emotionale Gefühle wecke.
Die Replikate von Mumien machen es möglich, wissenschaftliche Fragestellungen zu beantworten, ohne das Objekt selbst zu beschädigen. So entdeckte man in Heidelberg, dass die alten Ägypter das Gehirn der toten Ta-cheru nicht über Nase oder Augenhöhlen entfernten, sondern über den Hinterkopf der 60-Jährigen.
Doch die Möglichkeiten der Technik reichen in Zukunft noch viel weiter, wie der Radiologe Sokiranski erklärt: So kann man damit Modelle und Informationen bewahren, die sonst unwiederbringlich verloren gehen würden. Nicht den Menschen, aber sein Bild und seine Erkenntnisse.
Ta-cheru kann virtuell ewig weiterleben. Die Hildesheimer Forscher, der Heidelberger Radiologe, Volume Graphics und der Ulmer Mediziner und Mumienexperte Prof. Wolfgang Pirsig arbeiten schon an neuen Mumienprojekten.