Jagoda Marinic´. Foto: Archiv
Heidelberg. (RNZ) Die Autorin und Leiterin des Interkulturellen Zentrums (IZ), Jagoda Marinic´, hat sich mit einer Stellungnahme an die RNZ gewandt. Darin äußert sie sich zu dem Interview, das sie elf Tage vor der Bundestagswahl dem Onlinemedium "Kontext" gab - und dessen Folgen. Marinic´ hatte unter anderem gesagt, die SPD hätte eine klarere Kampagne für Menschen mit Migrationshintergrund fahren müssen, um dieses Wählerpotenzial zu erreichen. Die Heidelberger SPD-Fraktion meinte, Marinic´ habe mit dieser Aussage die Neutralitätspflicht städtischer Angestellter verletzt - und beschwerte sich bei der Stadt. Diese sprach eine Ermahnung gegen Marinic´ aus und teilte dies der SPD-Fraktion sowie auf RNZ-Anfrage auch öffentlich mit.
Wir veröffentlichen Marinic´s Stellungnahme im Wortlaut: "Das Interview kam zustande, weil ,Kontext’ mich als Autorin anfragte. Ich habe seit der Aufdeckung der NSU-Morde zum Thema Integration Reden gehalten und das Buch ,Made in Germany - Was ist deutsch in Deutschland?’ publiziert. In dem Interview nehme ich - als Autorin, die das Thema seit zwanzig Jahren behandelt, und deutsche Staatsbürgerin - etwa Stellung zu der Frage, wie es bislang den im Landesparlament vertretenen Parteien gelungen ist, Wähler mit Migrationshintergrund zu erreichen. Die SPD hob ich dabei auch positiv hervor.
Als eingebürgerte Deutsche ist es mir ein demokratisches Anliegen, dass auch Deutsche mit Migrationshintergrund als Wähler wahrgenommen werden, zumal wir von zehn Millionen Bürgern sprechen. Die anderen Parteien haben sich über die in dem Interview gemachten Einordnungen nicht beschwert. Lediglich die SPD-Fraktion hat sich - ohne vorher ein Gespräch mit mir zu suchen - an den Gesamtpersonalrat gewandt und bei der Stadtverwaltung eine schriftliche Beschwerde, unterzeichnet vom Fraktionsgeschäftsführer, über eine (mutmaßliche) Verletzung der Neutralitätspflicht eingereicht. Zudem hat sie von mir eine öffentliche Entschuldigung verlangt. Ich wäre jederzeit dazu bereit, eine sachliche Auseinandersetzung zu führen.
Da das Onlinemedium im Vor- und Nachspann auch meine Tätigkeit als IZ-Leiterin nannte, berief sich die SPD-Fraktion bei ihrem Vorwurf der Neutralitätsverletzung auf die städtische Funktion als Leiterin einer interkulturellen Einrichtung. Das Interview selbst hat jedoch an keiner Stelle einen Heidelberg- oder Amtsbezug, was für die Verletzung der Neutralitätspflicht entscheidend wäre. Ich werde in Zukunft Redaktionen bitten, bei Interviews, in denen es nicht um meine Tätigkeit im IZ geht, keine Verweise zu meiner Arbeit in Heidelberg zu machen. Rückblickend bedaure ich die Turbulenzen, die sich daraus ergeben haben. Allerdings sehe ich die Aussagen weiterhin als sachliche Beiträge zum Thema an - aus persönlicher Sicht.
Da der SPD-Fraktion, die dem Kulturdezernat verbunden ist, und der Stadtverwaltung aufgrund meiner jahrelangen ehrenamtlichen Tätigkeit im Rahmen der Unesco City of Literature bekannt ist, dass ich seit zwanzig Jahren als Autorin öffentlich arbeite, hätte ich mir hier als Autorin eine inhaltliche Aussprache als Mittel der Wahl gewünscht. Gleichzeitig scheint mir in Anbetracht des Diskussionsverlaufs der Hinweis wichtig, dass auch Angestellte im öffentlichen Dienst in Wahlkampfzeiten ein Recht auf freie Meinungsäußerung haben, solange sie dafür nicht die Autorität ihres Amtes oder öffentliche Mittel missbrauchen. Auch städtische Angestellte haben ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch Staatsdiener sind Bürger."