Mit älteren Kindern ist Maketragen kein Problem. Bei den Kleinsten geht es kaum, weil für sie das Minenspiel besonders wichtig ist. Erzieherinnen und Erzieher in Kitas und Kindergärten sind deshalb täglich einem großen Risiko ausgesetzt. Foto: dpa
Von Sarah Hinney
Heidelberg. Kitas auf? Kitas doch nicht auf! Vor allem für berufstätige Eltern von Kleinkindern ist das ständige Hin und Her im Lockdown eine Belastung. Aber wie geht es den Erzieherinnen und Erziehern in der aktuellen Situation? Die RNZ hat bei mehreren Einrichtungen im Stadtgebiet nachgefragt. Dabei wurde deutlich, dass sich viele Betroffene unwohl fühlen, Angst vor Ansteckung haben und dass auch großer Frust herrscht. Frust über unklare politische Entscheidungen, aber auch Frust darüber, dass so viele Eltern die Notbetreuung in Anspruch nehmen – denn die Geräuschkulisse im Hintergrund der Telefonate machte deutlich: In den Kitas und Kindergärten ist mächtig was los. Drei Heidelberger Erzieherinnen berichten hier in Protokollform, wie sie sich fühlen – alle drei möchten anonym bleiben:
> "Ich gebe zu, dass wir alle ein wenig erleichtert darüber waren, dass die Kitas diese Woche doch nicht für alle wieder öffneten. Über 50 Prozent der Kinder sind ja ohnehin schon da. Es schlagen zwei Herzen in unserer Brust: Einerseits wissen wir, wie wichtig es für die Kinder ist, herzukommen. Andererseits sehen wir auch die Gefahr. Und wir stehen an vorderster Front. Den ganzen Tag Masken tragen mit Kleinkindern – das ist nicht zu realisieren. Die ganz Kleinen könnten damit nicht umgehen – ganz abgesehen davon ist für sie das Mienenspiel sehr wichtig. Trotzdem tragen viele bei uns Masken, wenn es möglich ist. Apropos Masken. Ich will nicht sagen, wir sind Kanonenfutter, aber als es politisch um das Thema Masken ging, wurde nur von Lehrern gesprochen.
Später hieß es, alle Kitas hätten Masken bekommen. Wir haben Masken, ja, aber die haben uns die Eltern gespendet. Dazu kommt: Eine Impfung für Erzieher ist im Moment nicht vorgesehen. Wir kommen irgendwann unter ferner liefen, und das ist eine Missachtung unserer Arbeit – ich würde mich sofort impfen lassen. Trotzdem machen wir uns natürlich auch Gedanken um die Kinder, die daheim bleiben. Viele machten Rückschritte. Vierjährige haben plötzlich wieder Windeln an, wenn sie zu uns kommen, andere wieder den Schnuller im Mund. Beides war eigentlich schon kein Thema mehr. Auch die Eingewöhnung der Kleinen ist schwierig. Wir fangen dann jedes mal wieder bei null an."
> "Ich habe ständig Angst, wenn die Politiker zusammenkommen, dass sie dann beschließen, die Kitas wieder ganz zu öffnen. Ich persönlich stehe den Impfungen skeptisch gegenüber. Man weiß nicht, was langfristig daraus entsteht, das ist mir zu wenig erforscht. Aber ich finde trotzdem, dass es uns zumindest angeboten werden muss. Im Moment sind schon über die Hälfte aller Kinder jeden Tag da. Wenn ganz geöffnet wird, ist es uns nicht mehr möglich, die Kinder in kleinen Gruppen zu betreuen. Und je mehr Kinder und Erwachsene ins Haus kommen, umso mehr sorge ich mich auch um meine Gesundheit. Es kommt mir so vor, als wäre unser Beruf überhaupt nicht richtig anerkannt. Außerdem habe ich das Gefühl, dass viele Eltern von ihren Kindern überfordert sind und sie sie deshalb so schnell wie möglich wieder in der Kita abgeben wollen.
Viele Frauen gehen auch einfach lieber arbeiten, als ihre Kinder zu betreuen. Das ist ja auch politisch so gewollt. Die Frauen sollen Geld verdienen, und wir sollen es ausbaden. Was mich aufregt, ist, dass die Eltern jetzt beim zweiten Lockdown keine Bescheinigungen vom Arbeitgeber mehr bringen müssen, dass sie die Notbetreuung wirklich brauchen. Natürlich brauchen Alleinerziehende zum Beispiel eine Betreuung. Aber ich weiß von Eltern, die sie wirklich nicht zwingend haben müssten – ein Vater beispielsweise bringt sein Kind nur, damit er in Ruhe einkaufen kann. Wenn die Regierung selber im Kindergarten arbeiten würde, würde sie so etwas nicht zulassen.
> "Die Gefahr, dass wir uns anstecken, ist natürlich viel größer, als bei Leuten, die Homeoffice machen. Ich bin deshalb sehr froh, dass die Kitas noch nicht wieder für alle offen sind. Ich hätte einfach gern mehr Sicherheit. Aber das ist ja nicht nur in unserem Beruf so. Niemand weiß, was ihn morgen erwartet. Deshalb lebe ich im Jetzt, sonst werde ich verrückt. Aber ich mache mir natürlich Gedanken, weil ich glaube, wir sind als Erzieher nicht gut geschützt. Wir haben auch in der Notbetreuung viele Kinder. Etwa die Hälfte sind da. Das heißt, wir haben täglich mit ganz vielen Haushalten zu tun. Aber was können wir schon tun? Nichts. Wir könnten nur kündigen, und das möchte ja auch niemand."