Heidelberger Start-Up

Wenn der Zug mal wieder Verspätung hat ...

Kunden können per App ihre Ansprüche auf Rückerstattung geltend machen – Weitere Programme in Planung

27.04.2018 UPDATE: 28.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Stefan Nitz (links, mit der Siegerurkunde eines Start-up-Wettbewerbs) und Stephan Lochner haben die neue App "Refund Rebel" gegründet. Foto: Hentschel

Von Steffen Blatt

Heidelberg. Wer viel Bahn fährt, kennt Verspätungen - und die meisten finden sich damit ab, wenn es mal wieder "Verzögerungen im Betriebsablauf" gibt oder der Zug wegen sonstiger Störungen nicht pünktlich ist. Bei Verspätungen ab 60 Minuten haben die Reisenden aber Anspruch auf eine Entschädigung, doch die Beantragung ist mühsam. Ein Heidelberger Start-up-Unternehmen will das nun vereinfachen. Es heißt "Refund Rebel" und hat eine App entwickelt, über die Bahnkunden ihre Ansprüche online geltend machen können - in zwei Minuten.

Wer sich direkt mit der Bahn auseinandersetzt, muss ein langes Formular ausfüllen mit den Daten der Reise und den möglichen Briefwechsel mit Nachfragen oder Klarstellungen mit dem Unternehmen selbst abarbeiten. "Das macht nur jeder Sechste in Deutschland, die anderen lassen ihre Ansprüche verfallen. Bei uns müssen die Nutzer nur ihr Ticket und einige wenige Informationen hochladen, den Rest machen wir", sagt Stefan Nitz, einer der beiden Geschäftsführer von "Refund Rebel".

Das Geschäftsmodell ist einfach: Das Unternehmen macht die Ansprüche für den Nutzer bei der Bahn geltend und übernimmt die gesamte Korrespondenz. Im Erfolgsfall kassiert es 25 Prozent Provision vom Rückerstattungsbetrag. Gibt es kein Geld zurück, entstehen dem Nutzer keine Kosten, "Refund Rebel" geht leer aus. Mit der Anmeldung bei dem Portal autorisieren die Nutzer das Unternehmen, für sie tätig zu werden.

Damit sich das rechnet, werden die Ansprüche der Bahnfahrer weitgehend automatisch überprüft. "Wir haben Datenbanken mit Soll- und Ist-Fahrplänen. Die sind nicht gänzlich frei verfügbar, man muss sie aus verschiedenen Quellen zusammensuchen", erklärt Nitz. Die künstliche Intelligenz hinter der App erkennt verschiedene Ticketarten und findet so heraus, ob eine Verspätung von mindestens 60 Minuten vorlag. Dann hat ein Kunde Anspruch auf die Rückerstattung von 25 Prozent des Fahrpreises. Ab zwei Stunden sind es 50 Prozent, wird die Reise abgebrochen oder gar nicht angetreten, können sogar 100 Prozent fällig werden. Auch ein Rechtsanwalt gehört zum Team der Firma.

Was allerdings noch ganz analog abläuft, ist die Korrespondenz mit der Bahn, Anträge können dort nicht online eingereicht werden. Doch auch das soll im "Endausbau" alles digital ablaufen, ein Dienstleister soll dann den Briefwechsel scannen, die Kunden können alles über ihr Konto bei dem Start-up einsehen. Derzeit warten Nitz und sein Co-Geschäftsführer Stephan Lochner noch auf die gerichtliche Eintragung als Inkasso-Dienstleister. Bis das passiert ist, dürfen sie keine Provision einbehalten - und darum läuft noch bis zum 30. Juni eine Aktion, bei der die Kunden die gesamte Rückerstattung behalten dürfen, die das Unternehmen für sie eintreibt.

Auf die Idee zu der App kam Nitz, weil er selbst betroffen war. Als der Informatiker noch im Raum Hannover arbeitete, verbrachte er pro Woche 15 bis 20 Stunden im Zug - Verspätungen inklusive. In seiner Freizeit programmierte er einen Prototypen und verteilte die Anwendung an etwa 40 Bahnkunden, denen es so ging wie ihm - "und die waren begeistert". Als Nitz wegen Freundin und seinem Hauptjob bei einer IT-Beratungsfirma nach Heidelberg zog, tat er sich mit Lochner zusammen, um das Ganze professionell anzugehen. Derzeit hat "Refund Rebel" rund 40 Nutzer, im vergangenen halben Jahr wurden etwa 800 Anträge bei der Bahn und anderen Verkehrsunternehmen gestellt. Und die beiden sehen noch viel Luft nach oben. "Wir wollen auch größere Firmen als Kunden gewinnen, denn die machen Ansprüche ihrer Mitarbeiter so gut wie nie geltend", sagt Lochner - zu viel Aufwand. Jetzt planen die beiden Gründer eine Anwendung, die automatisch sämtliche Bahntickets eines Unternehmens überwacht und die kompatibel etwa mit der Reisekostensoftware von SAP ist, die viele Firmen einsetzen.

Für die Entwicklung brauchen die beiden Zeit - und Geld. Doch ihre Geschäftsidee kommt offenbar an: Bei einem "Investoren-Speeddating" in Mannheim ging "Refund Rebel" als Sieger hervor. Die Gründer sehen nun gute Chancen, Kapital einzusammeln. Bei einem fünftägigen "Firecamp" der Innovationsregion Mannheim/Heidelberg/Walldorf holten sie ebenfalls den ersten Preis und bekamen eine kostenlose Rechtsberatung.

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