Heidelberger Neckarwiese

Wie man den Gänsen an den Kragen will

Stadt hat ein Konzept gegen den Gänsekot - Jagd auf die eine, Eingriff ins Gelege bei der anderen Art - Höhere Bußgelder fürs Füttern

13.11.2019 UPDATE: 14.11.2019 14:00 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden
Eine stolze Schar von Schwanengänsen auf der Neckarwiese. Noch gibt es dort mehr Nilgänse, doch die Schwanengänse – in den 1920er Jahren aus Sibirien und der Mongolei nach Europa gebracht – holen wieder auf. Foto: Rothe

Von Birgit Sommer

Heidelberg. Die Handlungsmöglichkeiten auf der Neckarwiese sind begrenzt, doch die Stadt versucht jetzt, mit mehreren kleinen Aktionen der Gänseplage Herr zu werden. Deren Kot verschmutzt Wiese und Wege. Diese Plage betrifft aber auch andere Kommunen an Neckar und Rhein, so dass Verdrängen allein keine Lösung wäre, wie man bei verschiedenen "Runden Tischen" zusammen mit Jagdbehörde, Landwirten und der Wildforschungsstelle in Aulendorf feststellte.

Ernst Baader, der Chef des Landschafts- und Forstamtes der Stadt, erläuterte jetzt das neue, von der CDU-Fraktion des Gemeinderates erbetene Konzept im Bezirksbeirat Neuenheim. Noch in diesem Jahr wird es auch dem Bau-und Umweltausschuss und dem Gemeinderat vorliegen.

> Nil- und Kanadagänse, die häufigsten Arten, dürfen nach dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz in der Zeit zwischen 1. September und 15. Januar – unter bestimmten Voraussetzungen auch bis 1. März – gejagt werden. Auf der Neckarwiese wäre das aber zu gefährlich für die Menschen. Deshalb wurden die Jagdpächter der angrenzenden Bezirke gebeten, verstärkt Gänse zu jagen. Spaß macht denen das sicher nicht, denn manchmal werden sie dabei von Bürgern angegangen. Immerhin, so Bürgermeister Wolfgang Erichson, wurden im letzten Jahr 60 bis 70 Gänse erlegt.

> Die Schwanengänse, bis vor 15 Jahren die häufigste Art auf der Neckarwiese, gelten zwar als invasiv, dürfen aber dennoch nicht gejagt werden. Bis zum Auftauchen der Vogelgrippe hat man sie in Heidelberg gefangen und an interessierte Tierparks weitergegeben. Doch jetzt will die Gänse keiner mehr. Ihre Zahl, so Baader, sei schon auf 30 reduziert gewesen, inzwischen aber entwickle sich der Bestand sogar am dynamischsten. Weil diese Gänse nur auf der "Liebesinsel" im Neckar brüten, kann man in die Gelege eingreifen. Das bedarf dann sorgfältiger Planung, denn wenn ihnen der Nachwuchs abhandenkommt, legen die Vögel bis zu sechs Mal nach. Eine vierte Art, die Kurzschnabelgans, ist auf der Neckarwiese noch selten.

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> Die "Pille für die Gans", um den Nachwuchs zu reduzieren, gibt es laut Baader nicht. Wie man eine solche Anti-Gansbaby-Pille verfüttern müsste, um durchschlagenden Erfolg zu erzielen, weiß auch niemand.

> Eine Infektionsgefahr durch den Gänsekot, der Wiese und Anlegestege am Wasser verschmutzt, besteht nicht. Das ist nach vielen Untersuchungen jetzt klar. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt in Karlsruhe konnte keine Krankheitserreger in den Proben nachweisen.

> Der hohe Wohlfühlfaktor für die Gänse auf der Neckarwiese hat nach Angaben von Ernst Baader gleich mehrere Gründe: Das kurzgemähte Gras – denn Gänse sichern ihre Umgebung optisch –, der Zugang zum Wasser und "ein unendliches Futterangebot", wie er es nennt. "Wenn ich Gans wäre, würde ich auch auf dem Neckarvorland wohnen." Die Vögel ästen nicht nur das Gras ab, sie würden von den Spaziergängern auch noch gefüttert. Auch da will man ansetzen.

> Das Fütterungsverbot soll strenger überwacht werden. Die Schilder zum Fütterungsverbot für Wassertiere und Tauben werden offensichtlich nicht beachtet. Das Bußgeld wurde bereits auf 55 Euro erhöht, und der kommunale Ordnungsdienst wird im nächsten Jahr verstärkt kontrollieren. 50 bis 70 Mal sei bereits ein Bußgeld verhängt worden, antwortete Bürgermeister Erichson auf die Frage von Bezirksbeirat Philipp Kober. "Das waren alles Heidelberger", stellte Erichson klar – weil die Frage aufkam, ob etwa Touristen schlicht die auf Deutsch geschriebenen Fütterungsverbots-Schilder nicht verstehen könnten. Ob man nicht in Kindergärten und Schulen aufklären könnte, fragte Martina Diefenbacher. "Es sind die Eltern", meinte Erichson. Und man dürfe die Kindergärten nicht mit zu vielen Aktionen überfordern.

> Eine Rasenkehrmaschine betreibt Schadensbegrenzung: Mit rotierender Bürste und starker Saugwirkung holt sie Glassplitter, Kronkorken und Gänsekot von der Wiese. Doch dafür müsse es trocken sein, und ein Durchgang dauere drei Tage, erklärte Ernst Baader. Mehr als fünf Durchgänge im Jahr seien also kaum möglich. Es gibt auch einen Nachteil: Saugeinrichtungen gelten aus ökologischer Sicht als kritisch.

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