Von Holger Buchwald
Heidelberg. Im Desaster um den vom Petitionsausschuss des Landtages gerügten Neubau des Königstuhlhotels hat jetzt die Stadtverwaltung die Offensive ergriffen. Im Stadtentwicklungs- und Bauausschuss zeigten Bürgermeister Jürgen Odszuck und Baurechtsamtsleiter Jörg Hornung noch einmal auf, warum mitten im Landschaftsschutzgebiet ein Bau hochgezogen wurde, der in diesen Ausmaßen – nach der Einschätzung des Landtagsausschusses – so nie hätte genehmigt werden dürfen. Die Stadt Heidelberg muss deshalb alle Bauvorhaben im Außenbereich mit dem Regierungspräsidium abstimmen.
Die Weiche sei gleich zu Beginn der Planungen – also noch im Jahr 2008 – falsch gestellt worden, betont Hornung, der seit 2016 im Amt ist. Sein und Odszucks Vorgänger sowie der damalige Besitzer des Königstuhlhotels stuften das Vorhaben nämlich damals als Erweiterungsbau für ein Bestandsgebäude ein. In der entsprechenden Regelung des Baugesetzbuches heißt es dazu: Die bauliche Erweiterung sei zulässig, "wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist."
Das Problem: Schon beim ersten Bauvorbescheid nahmen die Verantwortlichen eine Erhöhung des Bauvolumens um mehr als 40 Prozent in Kauf. Bei den späteren Änderungen und Baugenehmigungen sei man davon ausgegangen, dass man sich damit in einem Grenzbereich befinde, aber noch im Rahmen des Erlaubten, gibt Hornung zu: "Jetzt wissen wir, wir waren jenseits der roten Linie."
Die erste Baugenehmigung erfolgte 2014. Nachdem aber der Bauherr aus wirtschaftlichen Gründen die Bettenzahl des geplanten Hotels erhöhen wollte, und nachdem wegen der schlechten Bausubstanz immer größere Teile des Bestandsgebäudes abgerissen werden mussten, wurden mehrere Änderungen erforderlich. Die letzte Baugenehmigung vom Juli 2018 beinhaltete auch den Abriss des Mittelbaus.
Und damit war dem gesamten Bauvorhaben die rechtliche Grundlage entzogen – von einer Erweiterung konnte keine Rede mehr sein. Aus den ursprünglichen Plänen waren ein Komplettabriss und ein Neubau geworden. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, hätte man für diese große Lösung ein Bebauungsplanverfahren anstrengen müssen.
Hornung und Odszuck betonten aber auch, dass die Grundzüge der ersten Baugenehmigung, zum Beispiel die Firsthöhe und der Grundriss des Gebäudes, weitgehend eingehalten worden seien. Nur der Anbau im Norden sei im Ergebnis deutlich höher als ursprünglich geplant: Diese Änderung ist aber auf eine Einigung von Bauherr Wolfgang Scheidtweiler mit dem Eigentümer der benachbarten Falknerei zurückzuführen. Das Gesamtgebäude, so der Grund für die Änderung, sehe somit harmonischer aus.
"Schon der Bauvorbescheid von 2008 war rechtlich bindend", wirbt Odszuck um Verständnis: "Wir hätten das ohne Vertrauensschaden nicht mehr zurücknehmen können." Hätte die Stadt einen Rückbau gefordert, wären hohe Schadensersatzforderungen im Raum gestanden.
Die meisten Stadträte reagierten milde auf die Rechtfertigung von Odszuck und Hornung. "Fehler passieren. Und gerade bei solch einem langen Verfahren kann das schon einmal vorkommen", sagte Judith Marggraf (GAL). Trotzdem regte sie an, dass das Baurechtsamt seine Entscheidungen transparenter machen müsse. Odszuck hingegen nahm Hornung in Schutz: "Er macht seit fünf Jahren einen guten Job." Die Bauvorbescheide, die sein Amt ausstelle, würden nur im Promillebereich vom Regierungspräsidium kassiert.
Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) hingegen fand deutliche Worte: Besonders ärgerte sich der Stadtrat, dass immer wieder alte Gebäude abgerissen und dann durch überdimensionierte Neubauten ersetzt würden. "Die Hauptsache, die mich irritiert ist aber, dass es sich nicht um irgendein Gebäude, sondern eines im Landschaftsschutzgebiet handelt", so Weiler-Lorentz. Dafür hätte dringend ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden müssen. Denn dann hätten sich unter anderem auch die Naturschutzverbände dazu äußern dürfen. Manuel Steinbrenner (Grüne) meinte hingegen: "Wir sollten nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft schauen. Und uns fragen: Wie gehen wir damit jetzt um?"